Was sich neckt, das küsst sich (German Edition)
genutzt.
Aber Lars griff ihn nicht an. Stattdessen ließ er die Schultern sinken und schnappte sich seine Werkzeugkiste.
„Ich kümmere mich jetzt um die Ziegen.“
Heidi atmete bewusst ein. May hatte etwas im Ofen, und obwohl Heidi normalerweise den Geruch von frisch gebackenem Kuchen liebte, war sie sich an diesem Nachmittag nicht sicher, ob dieses köstliche Aroma wirklich gut für sie war.
Irgendwann kurz vor dem Morgengrauen hatte sie aufgehört, sich zu übergeben. Doch erst gegen Mittag war sie sich einigermaßen sicher gewesen, dass sie nicht würde sterben müssen. Gegen zehn hatte Rafe ihr eine Tasse schwachen Tee und ein Toast gebracht. Er hatte Tasse und Teller einfach auf dem Nachttischchen abgestellt und war ohne ein Wort wieder verschwunden. Dafür war sie ihm sehr dankbar. Der gestrige Abend war in ihrer Erinnerung sehr verschwommen, aber an eines erinnerte sie sich noch glasklar: dass sie Rafe gesagt hatte, er dürfe sie jetzt küssen.
Denn es reichte ja nicht, dass sie sich wie ein überfahrenes Eichhörnchen fühlte. Nein, sie musste sich auch noch selbst demütigen. Das war wirklich nicht fair.
Sie durchquerte die Küche und goss sich einen Becher Kaffee ein. Der erste Schluck der dunklen Flüssigkeit weckte ihre Lebensgeister und ließ sie an eine bessere Zukunft glauben, obwohl das Pochen hinter ihren Augen nicht aufhörte. Vielleicht wenn sie sich ganz, ganz langsam bewegte? Sie schwor sich, nie wieder so viel zu trinken, und wenn doch, würde sie nächstes Mal ihren Großvater aufwecken - egal wie spät es war -, damit er ihr seinen Zaubertrank mixen konnte.
„Du bist auf!“
Die fröhlichen lauten Worte ließen Heidi zusammenzucken. Ihr Kopfschmerz nahm zu, und sie unterdrückte ein Stöhnen.
Langsam drehte sie sich um und versuchte, May anzulächeln. „Ja. Ich habe beschlossen, dass ich es überleben werde.“
„Das muss ja eine ganz schöne Nacht gewesen sein.“
„Sieht so aus.“ Sie schaute aus dem Fenster. „Ich bin nicht mehr selbst gefahren, oder?“
„Nein. Eine deiner Freundinnen hat dich gebracht. Glen und Rafe sind unterwegs in die Stadt, um deinen Truck zu holen. Sie sollten bald wieder zurück sein.“ May nahm sie beim Ellbogen und führte sie zum Küchentisch. „Du solltest dich setzen. Du bist immer noch ein wenig blass um die Nase.“
„Ich fühle mich auch blass“, gab Heidi zu. Sie war dankbar, dass sie Rafe erst einmal nicht über den Weg laufen würde. „Zu viel Tequila.“
„Wenigstens hattest du Spaß.“
„Ich hoffe es. Ich erinnere mich nicht mehr an viel.“ Sie war mit ihren Freundinnen zusammen gewesen, und Rafe hatte eine Verabredung gehabt. Das hatte sie traurig gemacht - na ja, das und die Tatsache, dass er sie geküsst hatte.
Sie schaute May an. „Habe ich dich beim Heimkommen geweckt?“
May errötete und eilte dann schnell zur Vorratskammer, um einen Laib Brot herauszuholen. „Ich habe nichts gehört. Rafe meinte allerdings, dass du eine harte Nacht hinter dir hast.“
Heidi zuckte innerlich zusammen, als sie daran dachte, wie sie sich die Seele aus dem Leib gekotzt hatte, um es mal wenig ladylike auszudrücken. „Lass es mich so sagen: Wer auch immer mir mal gesagt hat, dass Alkohol Gift ist, hatte recht.“
May steckte eine Scheibe Brot in den Toaster. „Es wird im Laufe des Tages besser. Du musst nur ausreichend trinken.“
Heidi nickte, obwohl der Gedanke an ein Glas Wasser sie schon wieder würgen ließ.
„Ich finde es schön, dass du hier Freunde hast“, fuhr May fort und schenkte Heidi Kaffee nach. „Ich habe einige der Frauen wiedergetroffen, die ich noch von damals kenne, als ich hier gewohnt habe. So viele von ihnen sind hiergeblieben. Darum beneide ich sie.“
Sie stellte die Kaffeekanne in die Maschine zurück und schaute aus dem Fenster. „Ich werde nie den Ausblick vergessen, den man hier von der Spüle hat. Wie ich von hier den Wechsel der Jahreszeiten habe beobachten können.“ Sie warf Heidi einen Blick zu und lächelte. „Ich bin im Mittleren Westen aufgewachsen. Als wir hierher zogen, habe ich mich gar nicht mehr darüber eingekriegt, wie hoch die Berge sind. Und wie schön. Nachdem mein Man gestorben war, wusste ich, dass ich nirgendwo anders leben wollte. Das Geld war knapp, aber wir hatten dieses Haus und die Stadt.“
Heidis Kopf war inzwischen wieder klar genug, um der Unterhaltung folgen zu können. „Rafe hat erzählt, der Mann, dem das Grundstück gehörte, Mr Castle, hätte
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