Was sich neckt, das küsst sich (German Edition)
ignorieren. „Wo ist deine Schwester jetzt?“
„Sie ist eine sehr begabte Tänzerin. Sie ist an der Juilliard.“
Heidi wartete, doch Rafe sagte nichts mehr.
„Du hast nichts darüber erzählt, wie sie so ist.“
„Ich verbringe nicht viel Zeit mit ihr. Als sie klein war, hat sie immer nur getanzt.“
„War sie immer die Außenseiterin?“
Er stand auf. „Ist das auch so was wie dein Städter? Für jemanden, der derart auf die Gemeinschaft schwört, steckst du die Leute ziemlich gerne in Schubladen. Wir gegen sie.“
„Das ist nicht fair.“
„Vielleicht nicht, aber es stimmt. Evangeline ist meine Schwester. Ich liebe sie. Gut, ich weiß nicht jede Einzelheit aus ihrem Leben, aber wenn sie jemals Probleme hätte, wenn sie je etwas bräuchte, wäre ich für sie da. Wir alle wären das. Wir sind eine Familie.“
Steifen Schrittes verließ er den Raum. Heidi schaute ihm nach und fragte sich, ob Evangeline das wohl auch so sah. May hatte im Wohnzimmer einige Fotos ihrer Söhne aufgestellt, doch nur eines von ihrer Tochter. Heidi hatte das Gefühl, dass Rafe seit Monaten nicht mehr mit seiner Schwester gesprochen hatte. Möglicherweise sogar länger.
Vermutlich hatte jede Familie Geheimnisse - selbst voreinander. Der Trick war, seine Familie trotzdem zu lieben - oder vielleicht gerade deswegen.
May strich das Papier auf dem Küchentisch glatt. „Was meinst du?“, fragte sie angespannt.
Heidi musterte die Zeichnung. Sie sah den Umriss der Scheune in ihrem momentanen Zustand und wie sie aussähe, wenn May ihren Willen bekäme. Ein Gebäude von beinahe doppelter Größe mit unzähligen Ställen für Pferde, einer Futter- und einer Sattelkammer, breiten Türen und einem großen offenen Heuboden.
„Das sieht toll aus.“ Und teuer. Noch mehr Geld, das sie würde zurückzahlen müssen, sollte sie den Fall gewinnen.
„Gut, ich hatte gehofft, dass du das sagst.“ May wirkte zufrieden. „Ich habe mit Shane gesprochen und dabei die Ranch erwähnt. Ich hoffe, dass er uns besuchen kommt.“
„Shane?“ Heidi zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. „Hierher?“
Sie glaubte nicht, dass sie mit noch einem Stryker-Bruder zurechtkäme. Mit Rafe war es schon schwer genug.
„Du wirst Shane mögen. Er ist viel umgänglicher als Rafe. Das liegt vermutlich daran, dass er nicht der Älteste ist.“
Mit dem Finger fuhr Heidi die Linien der Zeichnung nach und wusste, dass sie May nicht verbieten konnte, Besuch von ihren Kindern zu empfangen. Das Letzte, was sie wollte, war, May gegen sich aufzubringen. Aber wenn sie nicht aufpasste, würden die Strykers sich in jedem Winkel ihres Lebens einnisten. Sollte das passieren, würde es keinen Sieg geben - für keinen von ihnen.
10. KAPITEL
Rafe sah zu, wie noch mehr Holz abgeladen wurde. Dank der großen Pläne seiner Mutter für die Scheune hatte sich das, was als leichte Renovierungsmaßnahme begonnen hatte, zu einem umfangreichen Umbau entwickelt. Am Vortag hatte sie ihm die Zeichnungen gezeigt, und er hatte nur ein paar kleine Veränderungen vorgeschlagen und ihr dann versprochen, sich darum zu kümmern. Früh am Morgen hatte sie ihn informiert, dass sie bereits mit Ethan telefoniert und seine Männer für den Rest des Sommers engagiert hatte. Um die Bestellung der nötigen Materialien beim Holzfachhandel hatte sie sich auch schon gekümmert. Langsam kamen Rafe Zweifel, ob er sein Büro in San Francisco jemals wiedersehen würde.
Eigentlich sollte er genervt sein und darauf brennen, in die Stadt zurückzukehren, aber wenn er ehrlich war, machte es ihm gar nicht so viel aus, noch länger auf der Ranch zu bleiben. Die Vormittage verbrachte er damit, Ethans Männern zu helfen. Nach dem Mittagessen kümmerte er sich um seine Firma, gab Ms Jennings alle nötigen Anweisungen und sprach mit Dante über die aktuellen Geschehnisse. Gegen drei kehrte er nach draußen zurück und arbeitete bis zum Abendessen an der Scheune. Die Abende verbrachte er meistens am Computer. Manchmal schauten er und Heidi sich auch ein Baseballspiel an oder gingen spazieren.
Nicht gerade das Leben eines begehrten Junggesellen, dachte er und zog seine Handschuhe an. Keine romantischen Abendessen, keine Theaterbesuche. Das Einzige, was er von seinem alten Leben wirklich vermisste, war, mit Dante zusammen die Spiele im Giants Stadium anzuschauen.
Er hatte erwartet, sich in Fool‘s Gold zu langweilen. Unruhig zu werden. Doch bisher fühlte er sich wohler als gedacht. Er hatte Schwielen an
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