Was Sie schon immer über 6 wissen wollten
eintritt.“
Damit gibt es auch eine gedankliche Verbindung von Christopher Alexander zur Ökonomie Ernst Friedrich Schumachers, der mit einem schmalen Bändchen im Jahre 1973 den Zeitgeist wie einen Nagel auf den Kopf traf. Der Titel wurde zum geflügelten Slogan: Small is beautiful . Ursprünglich stammen die griffigen Worte vom Schumacher-Freund Leopold Kohr, einem österreichischen Philosophen, der schon in den 1950ern alle Probleme der modernen Welt als Größenprobleme umdefiniert hatte. Im Deutschen trägt das Buch, das in jüngster Zeit, spätestens seit der Finanzkrise, wiederentdeckt wurde und wieder gelesen wird, den Untertitel Die Rückkehr zum menschlichen Maß . Darin propagiert Schumacher, der als ökonomischer Berater in Burma tätig war und dort mit dem Buddhismus in Kontakt kam, eine „buddhistische Wirtschaftslehre“ und eine alternative Ökonomie, die nicht mehr auf Wachstum angewiesen ist. Indem er die ökonomische Philosophie zu den Grenzen des Wachstums lieferte, die der Club of Rome ein Jahr zuvor ausgerufen hatte, wurde er zu einem Vordenker der Ökologie-Bewegung.
Wie schon Mahatma Gandhi sah Schumacher den Schlüssel zu einer Ökonomie mit menschlichem Maß in einer mittleren oder vermittelnden Technologie. Diese intermediate technology sollte weniger Kapital binden und wieder stärker dem Menschen dienen, statt allein der Ausbeutung von Mensch und Natur: „Ich zweifele nicht daran, dass es möglich ist, der technologischen Entwicklung eine neue Richtung zu geben, eine Richtung, die sie zurück zu den wirklichen Bedürfnissen der Menschen führen soll. Das bedeutet aber auch: zum eigentlichen Menschenmaß. Der Mensch ist klein, und daher ist klein schön.“ Auch die Großsysteme und -strukturen von Politik und Wirtschaft sollten laut E.F. Schumacher kleinen, überschaubaren Einheiten weichen, in denen der einzelne Mensch wieder stärker zur Entfaltung kommt – das alles sind Gedanken, die heute wieder sehr aktuell sind, nicht zuletzt im Kontext der neuen Ökologie-Debatte mit ihrem Fokus auf geschlossene regionale Kreisläufe und der Neo-Craft-Bewegung mit ihrer Absage an die industrielle Massenproduktion und ihrem Bekenntnis zur „Marke Eigenbau“.
Ideologisch gar nicht einmal ganz weit entfernt, dennoch mit gänzlich anderem Ansatzpunkt arbeitete der Philosoph und Ökonom OttoNeurath zunächst im „Roten Wien“ der 1920er und frühen 1930er Jahre, später in Oxford an einem menschlichen Maßstab für Wirtschaft und Gesellschaft. Am Anfang seiner Karriere wirkte er aktiv an den Wiener Wohnbaureformen und Planungen für Arbeitersiedlungen mit, wobei er mit Margarete Schütte-Lihotzky zusammenarbeitete, die durch ihre 1926 realisierte „Frankfurter Küche“ berühmt wurde, den Vorläufer aller späteren Einbauküchen.
Dann erkannte Neurath, dass die Grundvoraussetzung aller sozialistischen Reformen in der Bewusstseinsbildung liegt: in der Sensibilisierung auch der Arbeiterschicht für politisch-ökonomische Zusammenhänge. Seine um die Ecke gedachte politisch-pädagogische Agenda war es, mit der anschaulichen Vermittlung von statistischem Datenmaterial die Spielräume alternativer wirtschaftlicher Organisation aufzuzeigen, durch die sich das Glück der Massen verbessern ließe.
Inspiriert von den flächigen Hieroglyphen der alten Ägypter entwickelte er zusammen mit dem Grafiker Gerd Arnz den ISOTYPE, einen Fundus von einfachen Symbolen und Darstellungsmöglichkeiten, der komplexe soziopolitische Materie auf einen Blick erfassbar und begreifbar macht. Der Name steht für „International System of Typographic Picture Education“, und tatsächlich verbreitete sich die Piktogrammsprache des ISOTYPE bald international und wurde für Zeitungen und Lehrbücher adaptiert. Ikonografisch geworden sind seine Reihen von Männchen, die – in unterschiedlichen Farben und mit Symbolen angereichert – Ausschnitte der Bevölkerung verkörperten. Jedes Männchen stand je nach zu bebilderndem Sachverhalt für 1.000, 10.000 oder 250.000 Menschen, wodurch sich vor allem soziale Ungleichgewichte anschaulicher und eindrücklicher vermitteln ließen als durch nackte Zahlen allein.
Otto Neurath kann deshalb als Erfinder der modernen Infografik gelten, die heute zur Standardgarnitur des Magazin- und Tageszeitungsjournalismus gehört. Auch wenn Neurath selbst nie der breiten Masse bekannt wurde, ist der Einfluss seiner Piktogramme auf Grafikdesigner und Typografen doch enorm. Manchmal wird sogar
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