Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Was Sie schon immer über 6 wissen wollten

Titel: Was Sie schon immer über 6 wissen wollten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holm Friebe
Vom Netzwerk:
spielen, in Lybkes Zahlenreihe gar nicht vor.
    Jenseits der 10.000 spielt die Hunderterstelle dann sowieso eine untergeordnete Rolle, und andere Sprungstufen kommen ins Spiel: „Zwischen 12.000 und 16.000 Euro ist ein guter Preis für eine größere Leinwand eines halbwegs bekannten Künstlers. Danach kommen 22.000, 30.000, 36.000. Dann geht es bei 60.000 wieder los. Bei 120.000 ist noch einmal eine Schallmauer. Das nächste Level ist240.000 bis 280.000. Danach kommen dann 350.000, 600.000 und so weiter.“
    In diesen Regionen wird die Luft allerdings sehr dünn, und es gibt weltweit nur ein paar Dutzend Künstler, bei denen sich diese Preise überhaupt im Primärmarkt der Galerien durchsetzen lassen. Deshalb ist es schwierig, hier Regeln abzuleiten, die über einen educated guess hinausgehen. Allerdings fällt bei Lybkes Ausführungen auf, dass die genannten Zahlen häufig Vielfache aus der 6er-, beziehungsweise 12er-Reihe sind. Deshalb ist 2.400 vielleicht nicht nur ein guter Preis, weil da „Weihnachten drinsteckt“, wie Lybke vermutet, sondern womöglich auch, weil die 12 sich in ihr wiederfindet.
    Offensichtlich herrscht überall dort, wo runde 10er-Vielfache willkürlich und nicht gut genug ausgedacht wirken, eine Tendenz zum archaischen Duodezimalsystem. Es liefert gerade, glatte Beträge, die hinreichend vom Dezimalraster abweichen, aber dennoch selbstverständlich und vertraut anmuten, die irgendwie mit dem Jahreskalender, dem Kosmos und dem Universum in Einklang zu stehen scheinen.
    Diese Beobachtung lässt sich nicht nur auf dem Kunstmarkt machen, sondern überall dort, wo große Summen aufgerufen und zur freien Verhandlungsmasse werden. Schriftgestalter Erik Spiekermann bestätigt das aus Erfahrung: Glatte Tausenderbeträge „wirken verdächtig“. Dagegen tendieren Agenturtagessätze für Designer, aufgeschlüsselt nach Reinzeichnung, Konzeption und Art-Direktion, zu der Staffel 600, 1.200 und 1.800 Euro. Mehr als 2.000 Euro lassen sich im Designbereich schwer durchsetzen, bei Consultants ist diese Skala hingegen nach oben offen. Bei Roland Berger fügen sich die Berater-Tagessätze im unteren Bereich mit 1.200, 1.800 und 2.400 genau ins Raster, während sie im Segment der Senior-Berater und Partner, wo es eh nicht mehr so genau darauf ankommt, zu den glatten Tausendern tendieren. Hochschulprofessoren, die ihr schmales C4-Gehalt mit freier Beratungstätigkeit aufbessern, berechnen, wenn sie ordentlich hinlangen, gerne einen Tagessatz von 3.600 Euro.
    Auch beim Volumen von Projekten zeichnet sich ein Duodezimal-Raster ab, auch wenn es in der Praxis häufig von anderen Einflüssen wie Budget-Restriktionen überlagert wird. Das kleinste Projekt in der Agentur von Erik Spiekermann beginnt etwa bei 6.000 Euro, vorher lohnt es sich nicht, die Arbeit überhaupt aufzunehmen. 12.000 Euro sind ein eher realistischer Einstiegspreis, das eigentliche Gravitationszentrum bilden aber 60.000 Euro, ohne dass Erik Spiekermann das ursächlich erklären könnte: „Um ein Corporate Design einigermaßen vernünftig zu konzipieren, brauche ich 60.000. Um es umzusetzen, noch mal 120.000. Immer wenn ich so’n Ding sehe, sage ich aus dem Augenwinkel: 60.000. Dann kalkulieren die zwei Tage lang, und dann sind es 58.000 oder 64.000.“
    Der Blogger und Social-Media-Berater Sascha Lobo kann diese Größenordnungen aus eigener Anschauung als Projektemacher bestätigen, bringt als Begründung aber den Unschärfebereich zwischen Dezimal und Duodezimalsystem ins Spiel. Zwar würden sich die Budgets eigentlich an den Schwellen 50.000, 100.000, 250.000 und so weiter orientieren, aber „wer 50.000 zahlt, zahlt auch 60.000, wer bereit ist, 100.000 auszugeben, gibt auch 120.000 aus.“ Selbst wenn man am Ende bei den Schwellenwerten landet, sei es auf jeden Fall sinnvoll, mit den höheren Werten in die Verhandlungen einzusteigen.
    Es gibt kein Gesetz, das dieses Bauprinzip für Tagessätze und Budgets auf dem freien Markt vorschreiben würde. Aber wenn Sie schon immer einmal Ihre Honorar-Ansätze nach oben anpassen wollten oder ein größeres Projektvolumen verhandeln müssen und sich lästige Diskussionen und Nachverhandlungen ersparen wollen, sind Sie mit einem Vielfachen der 6 wahrscheinlich gut beraten. Sechs sells, probieren Sie es aus!



X.
Proportionen und Schönheit
    Manchmal wundert man sich, dass Dinge zusammengehen, in-, neben- oder aufeinander passen, die gar nichts miteinander zu tun haben. Warum passt die Scheckkarte

Weitere Kostenlose Bücher