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Was soll denn aus ihr werden?

Was soll denn aus ihr werden?

Titel: Was soll denn aus ihr werden? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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je ein unnützes Geschöpf werden!«
    Herr von Aschen hatte so warm gesprochen, und Doris Herz war von seinen Worten so bewegt, daß ihre Tränen auf seine Hände fielen, denn sie kniete immer noch an seinem Stuhl. Aber es waren keine bitteren Tränen, sie weinte in Dank und Freude. Nun erfaßte sie mit einer besondern Herzlichkeit die Hand ihres alten Freundes und sagte mit immer größerer Wärme: »O, Herr von Aschen, Sie sind so gut und lieb zu mir, wie nur ein Vater sein kann, und ich habe Sie auch so lieb wie einen Vater, und darum tut es mir immerfort so schrecklich weh, zu sehen, daß Sie noch immer den gleichen Schmerz um Ihre Tochter erleiden und daß gar kein Trost dafür in Ihr Herz kommen kann. Sie können es nicht ertragen, nur von ihr sprechen zu hören, solch ein Weh muß Sie doch ganz aufzehren. O, wenn doch ein Trost für Sie zufinden wäre! Es gibt nichts, gar nichts, das ich nicht für Sie tun könnte, um einen solchen Trost zu erringen!«
    Auf Herrn von Aschens Antlitz, das eben noch mit einem freundlichen Lächeln sich über die Knieende gebeugt hatte, kam ein Zug tiefen Schmerzes. Dann sagte er mit bewegter Stimme: »Du kannst fühlen, liebes Kind, daß du mir nahe stehst, wenn ich dir ausspreche, was ich noch nie ausgesprochen habe; zu keinem andern hätte ich es tun können. Es ist nicht nur die Trennung von meinem Kinde, die mich alle die Jahre durch gequält hat und noch quält, es ist die Grausamkeit, die ich gegen sie ausüben konnte!«
    »O, das ist unmöglich«, wollte Dori entgegen sagen, aber er fuhr gleich fort:
    »Laß mich es aussprechen, es ist so! Ich wollte nie ein Wort von ihrem Weggehen hören, ich konnte, ich wollte es nicht glauben. Sie hätte so gern dann und wann ein Wort mit mir darüber gesprochen, was sie innerlich durchmachte, vielleicht durchkämpfte, ich konnte es nicht ertragen. Sie sah es, sie versuchte es nicht mehr. Ich hoffte fort und fort, sie werde wieder kräftig und gesund werden, das Schwere gehe vorüber, wie auch alle schweren Gedanken. So ließ ich sie allein, ganz allein alle schweren Gedanken, ach Gott, wohl tiefe, schwere Kämpfe durchmachen, ganz allein. In einer Nacht rief sie mich, sie hatte einen Anfall von Bangigkeit. Sie sagte: ›Komm zu mir, Vater, ich gehe wohl bald.‹ Ich aber wollte schnell Hilfe haben, der Anfall mußte vorübergehen, nur gleich Hilfe! Ich stürzte hinunter, den Arzt zu holen, es währte zu lange, erst jemand zu wecken. Wir kamen zurück – da lag das Kind – tot. O, meine Verzweiflung! Allein, ganz allein hatte sie in ihrem letzten Kampf gelegen, allein, allein hatte ich sie gelassen, so verlassen mußte mein Kind sterben.«
    Herr von Aschen verbarg sein Gesicht in seine Hände.
    »Nein, nein, Herr von Aschen, gewiß nicht!« rief Dori mit größter Lebhaftigkeit aus, während ihr vor Teilnahmefür den leidenden Vater die Tränen über die Wangen rollten, »gewiß, sie ist nicht allein und verlassen gestorben. Sie hat nicht mit schweren Gedanken gekämpft, so allein in der Stille hatte sie ganz andere Gedanken. Ich weiß noch so gut, wie sie zu mir sprach, damals, als Sie hinausgingen, um das Bild zu suchen. Und so leuchtend waren ihre Augen, als sie zu mir sagte, sie sei so froh, daß sie so sicher wisse, der liebe Gott habe sie so lieb wie ihr eigener Vater und er wolle sie nur glücklich machen. Und leise für sich sagte sie immer die Worte aus unserm Lied:
    ›Nimm meine Hand,
Wird mich die deine leiten.
Geht's auch durch Nacht und tiefe Dunkelheiten,
An deiner Hand
Geht's in ein selig Land‹
    und davon werde ihr so wohl! O, gewiß fühlte sie diese Hand, die sie schon festhielt und hinüber führte, so daß sie gar keinen Augenblick allein und verlassen war«, setzte Dori in warmer Überzeugung hinzu.
    Herr von Aschen hatte den Kopf aus seinen Händen erhoben und schaute auf Dori mit einer Spannung und Erwartung, als ob jedes ihrer Worte ein rettendes Wunder für ihn wäre. Er atmete tief auf, als sie schwieg.
    »Dori, du weißt nicht, was du an mir tust«, sagte er und seine Stimme zitterte vor tiefer Erregung. »Besinne dich, besinne dich doch noch einmal recht auf jedes Wort, so daß du ganz sicher sein kannst, so sprach mein Kind zu dir, und dann sag mir noch einmal die Worte alle, auf daß sie in den langen Nächten voll Schmerz und Leid einen Lichtstrahl des Trostes in mein gequältes Herz werfen.«
    Dori wollte gern sich noch besinnen, aber sie konnte Herrn von Aschen fest versichern, der wunderbar

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