Was soll denn aus ihr werden?
leuchtende Ausdruck auf dem Gesichte des kranken Fräuleins und ihre Worte der frohen Zuversicht seien so lebendig in ihrer Erinnerung geblieben, daß sie für diese ganz einstehenund sie durchaus nur ganz gleich wiederholen könne. Aber etwas stieg noch in ihrer Erinnerung auf, das die Kranke noch ausgesprochen hatte, wie sie so gern zu ihrem Vater von ihrer sicheren Hoffnung gesprochen hätte, um ihn auch froh zu machen. Aber sie wußte ja, daß er den Gedanken an eine Trennung nicht ertragen konnte. Schon lange war die Nacht da, aber weder Dori noch Herr von Aschen hatten es bemerkt. Unverwandt lauschte er den Worten, die so warm von den Lippen der Erzählerin flossen; durfte diese doch nun endlich von dem Fräulein, das ihr so lieb geworden und dessen schnelles Wegsterben ihr so weh getan hatte, zu dem Vater sprechen und ihm alle Erinnerungen an sein Kind mitteilen, die siein ihrem Herzen mit solcher Liebe bewahrt hatte. Jetzt wurde so fest an die Türe geklopft, daß Dori erschrocken aufsprang. Es war Frau Anne, die hereintrat und mitten im Zimmer still stehend, vorwurfsvoll bemerkte: »Wenn der Herr einmal etwas essen wollte, so würde es ihm besser tun, als nur reden.«
Herr von Aschen erhob sich in seinem Lehnstuhl: »Ja, Sie haben recht, meine gute Frau Anne«, sagte er freundlich, »bringen Sie mir nur, was Sie wollen.«
Sie entfernte sich wieder. Dori nahm nun schnell Abschied und ging. Aber noch bevor sie die Tür geschlossen, kehrte sie wieder um, es arbeitete etwas in ihrem Herzen. Die Art der Frau Anne und einige Worte, die der Kranke ausgesprochen, ließen ihr keine Ruhe.
»O, wenn ich nur um etwas bitten dürfte, Herr von Aschen! Darf ich wohl?« fragte sie zögernd.
»Gewiß darfst du, und ich will es auch gewähren, wenn es nicht über meine Kräfte geht«, entgegnete er lächelnd.
»Herr von Aschen, Sie haben oft so lange Nächte, Sie leiden und sind ganz allein, darf ich nicht von jetzt an bei Ihnen bleiben die Nacht durch? Ich setze mich in Ihren Lehnstuhl an Ihr Bett und bin ganz still und schlafe auch, wenn Sie wollen, nur damit Sie nicht so allein sind. Erlauben Sie mir's doch.«
Dori hatte bittend seine Hand erfaßt.
»Das ist ja, was ich oft schon selbst gewünscht habe, liebes Kind. Aber deine Mutter? Nein, nein, und du könntest darunter leiden, es kann nicht sein«, wehrte Herr von Aschen, aber in einer Weise, daß Dori wohl fühlte, es war nur um ihretwillen. Sie küßte seine Hand und ging.
Ihr Herz war so voller Freude, daß ihr vorkam, als frohlocke ringsumher alles mit ihr. Vom Himmel leuchteten in heller Freude die Sterne auf sie nieder, unten zogen die Wellen des Inn mit jauchzendem Rauschen dahin, sogar über dem schwarzen Pisoc lag ein lichter Streifen, wie ein Schimmer fern winkender Freuden, und in ihrem Herzen hörte sie immer wieder die guten Worteihres väterlichen Freundes, der ja wußte, was er ihr sagte. Nein, ihr Leben konnte nie leer werden, sie war kein unnützes Geschöpf und würde nie ein solches sein. Es lag in ihrer Macht, wohlzutun, und solchen Menschen wohlzutun, wie Herr von Aschen war. Er war ja doch einer von denen, die sie hoch verehrte, von welchen sie sich in ihrem Herzen bisher hatte sagen müssen: Zu denen gehörst du nicht. Und nun wußte sie, sie war imstande ihm wohlzutun, er hatte sie lieb, so als wäre sie sein Kind, er selbst hatte es ausgesprochen. Dori hätte laut zu den leuchtenden Sternen aufjauchzen mögen.
Siebzehntes Kapitel
Dori war mit dem völligen Einverständnis ihrer Mutter ganz nach der Villa übergesiedelt, um Herrn von Aschen nach ihrem Herzen pflegen zu können. In den langen Stunden der Nacht, die er durchwachte, saß Dori mit nie ermüdender Sorge an seinem Bett. Wie wohltuend ihm ihre Nähe war, konnte sie fühlen. Immer wieder suchte er ihre Hand und hielt sie fest. Er hatte es gern, wenn sie zu ihm sprach, und was sie auch zu erzählen begann, in kurzer Zeit war sie wieder bei ihren Erinnerungen an das Fräulein, das wie ein Engel auf ihren Weg getreten war, ihr so gute Worte gesagt und ihrem Vater noch die letzte Freude bereitet hatte. Dori fühlte auch wohl, daß der Vater, nachdem er einmal sein Leid ausgesprochen hatte, am liebsten immer wieder von seinem Kinde hören wollte und gern sich nun in die Erinnerungen an die vergangenen Tage versenkte, da das geliebte Kind bei ihm und die Freude seines Lebens war.
Lang schon hatte Dori Herrn von Aschen erzählt, wie dort am sonnigen Berghang sitzend und malend ihr
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