Was Top-Unternehmen anders machen
aber in Wirklichkeit nie mit Herz, Verstand und Einsatz daran, diesen Weg tatsächlich umzusetzen. Erst als mir das in vollem Umfang bewusst wurde und wir wichtige Teile der Führungscrew auswechselten, kam der Erfolg. Die neue Führungscrew war auf der einen Seite wesentlich kritischer in den Diskussionen als die Manager, die ich ausgewechselt hatte. Sie stellte vieles infrage und es waren lange Diskussionen notwendig, damit sich zunehmend ein gemeinsames Verständnis über die Chancen, auf die wir uns konzentrieren sollten, entwickelte. Ich muss zugeben, dass es dabei auch Zeitpunkte gab, in denen das Team meine Ãberzeugungen nicht teilte und ich trotzdem daran festhielt. Das Bemerkenswerte war, dass mich das Team nach solchen âradikalenâ Entscheidungen nicht hängen lieÃ. Vielmehr machten sie sich mit allen ihren Möglichkeiten und mit 100-prozentigem Einsatz daran, auch diese Dinge tatsächlich in Bewegung zu bringen. Die Erfolge, die sich danach einstellten, waren nur durch die Qualität und den Einsatz dieser Mitarbeiter möglich. Heute sind wir mit unseren Ansätzen noch viel radikaler als damals und es funktioniert unglaublich gut.â
Obwohl diese Führungskräfte wissen, dass für die Umsetzung die Qualität ihrer Führungsmannschaft entscheidend ist, versuchen sie den Kontakt zu möglichst vielen Mitarbeitern aus den verschiedensten Hierarchieebenen des Unternehmens zu pflegen. Sie engagieren sich selbst in unterschiedlichen Trainingsprogrammen, Fragerunden oder suchen bei ihren Rundreisen das direkte Gespräch mit Mitarbeitern.
So erzählte uns ein ehemaliger Mitarbeiter von GE über seine Erfahrungen mit Jack Welch: âIch bin 1990 ins Europa Headquarter von GE Plastics nach Holland gewechselt und war dort für die Logistik zuständig. Nach kurzer Zeit wurde ich in eine Gruppe mit 13 anderen Mitarbeitern aufgenommen, die im Jahr zweimal die Gelegenheit bekam, mit Jack Welch face to face zu diskutieren, seinen Ansichten zu lauschen, aber auch von ihm nach der persönlichen Meinung gefragt zu werden. In der Gruppe waren Personen aus unterschiedlichen Hierarchieebenen und Verantwortungsbereichen. Diese Runden waren inhaltlich, aber insbesondere emotional das GröÃte, was ich in meiner bisherigen Karriere erleben durfte. Man kann es nicht in Worte fassen, was diese Gespräche bei uns allen auslösten. Mit uns diskutierte die groÃe Lichtgestalt genauso über die groÃen strategischen Kernthemen, auf die man sich aus seiner Sicht bei GE konzentrieren sollte, wie auch über Dinge, die wir nur teilweise verstanden, nicht einordnen konnten oder mit denen wir nur peripher im Tagesgeschäft konfrontiert wurden. Er erzählte, fragte und hörte uns wirklich zu. Besonders in Erinnerung ist mir geblieben, dass er am Beginn dieser Sessions immer wieder über die strategischen Kernthemen referierte. Diese âPredigtenâ waren immer ungemein elektrisierend, weil man dabei einfach die Authentizität und den Willen dieser Persönlichkeit erfahren durfte.â Dieser Mitarbeiter verlieà GE vor zehn Jahren. Wenn man aber heute mit ihm darüber spricht, stellt man fest, dass er im Herzen immer noch ein GEâler ist. Jack Welch praktizierte diesen Austausch im gesamten Konzern mit vielen Gruppen von Mitarbeitern.
Es sind aber nicht nur ihre visionären Zugänge und ihr Wille, die besten Mitarbeiter für ihr Unternehmen zu begeistern, alle diese Persönlichkeiten beeindrucken auch dadurch, dass sie auf ihre spezielle Art und Weise sehr stolz auf die Produkte und Leistungen des Unternehmens sind. Hat man die Zeit, mit ihnen darüber zu sprechen, spürt man, dass sie genau wissen, was ihre Produkte können und wo der Nutzen für die Kunden liegt.Beispielhaft hierfür steht die beeindruckende Erfahrung, die wir mit Herrn Brabeck-Letmathe, CEO von Nestlé, machen durften. Beim Besuch in der Konzernzentrale in Vevey erhielten wir nicht nur ungemein wertvolle Hinweise und Erläuterungen zu unserem Modell. Wir bekamen vom CEO eines Unternehmens, das eine Milliarde Produkte pro Tag weltweit verkauft, eine persönliche Produktvorstellung. Während unseres Gesprächs wies Peter Brabeck-Letmathe darauf hin, dass es für ihn ungemein wichtig ist, dass die Menschen in der Zentrale nie vergessen, dass der Erfolg von Nestlé primär auf den Produkten beruht. Die Systeme sind lediglich Instrumente,
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