Was Top-Unternehmen anders machen
dabei wesentlich mehr als Kundenorientierung. Es genügt ihnen nicht, die bestehenden Erwartungen der Kunden zu identifizieren und zu erfüllen. Aus ihrer Sicht hängt der strategische Erfolg vielmehr davon ab, inwieweit es ihnen gelingt, neue Kundenerwartungen und neue Märkte zu schaffen. Eine zentrale Voraussetzung dafür ist das kontinuierliche Sourcing von Marktwissen (Kunden, Konkurrenten, Märkte, Technologien). Dabei geht es um wesentlich mehr als um bestehende Kundenwünsche. Es geht um die Antizipation der Kundenprobleme von morgen. Gleichzeitig wissen sie, dass sie die Marktsysteme, Spielregeln und die Technologien der Zukunft in ihrer Gesamtheit antizipieren müssen. Es nützt nämlich wenig, Produkte für die Kundenprobleme von morgen zu entwickeln, wenn man nicht weiÃ, wie man diese in den âneuenâ Markt mit welcher Technologie hineinbringt.Dabei koppeln sie das generierte Marktwissen an die Frage, welche Kompetenzen sie im Unternehmen und im gesamten Marktsystem aufbauen müssen, damit es ihnen tatsächlich gelingt, längerfristig wirkende Wettbewerbsvorteile aufzubauen.
Swarovski hat beispielsweise durch die Schleiftechnologie, die von Daniel Swarovski bereits Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt und dann ständig verbessert wurde, ein Fähigkeitsbündel im Unternehmen geschafften, das es dem Unternehmen auf eine einzigartige Weise erlaubt, Kristalle herzustellen und zu schleifen. Kein Konkurrent war bis heute in der Lage, dieses Fähigkeitsbündel, das vom Materialsourcing über die Produktion bis hin zum Schleifen reicht, zu imitieren. Der Kernoutput sind Kristalle, die den Kunden durch ihre Vielfalt, ihre Formen, ihre Farben und das Spiel mit dem Licht begeistern.
Das Tiroler Familienunternehmen, das heute inklusive Tochterunternehmen mit mehr als 30.000 Mitarbeitern fast drei Milliarden Euro umsetzt, war bis Mitte der 1970er-Jahre im Wesentlichen ein anonymer Zulieferer für einige Modemacher und Lichtdesigner. Seither ist Swarovski nicht nur das Kunststück gelungen, das âBilligproduktâ Modeschmuck zu einem Luxusgut zu adeln, sondern auch sich selbst in eine globale Luxusmarke zu verwandeln.
In der vielleicht schwierigsten Phase der Unternehmensgeschichte â Mitte der 1970er-Jahre, als der Ãlpreisschock den Markt für Kristallleuchter und Haute Couture in die Tiefe riss â, entschied man sich bei Swarovski, Lusterbehangteile nicht mehr nur an die Industrie zu liefern, sondern Figuren â zunächst waren es primär Tierfiguren â aus Kristallteilen zusammenzukleben und unter eigenem Namen anzubieten. Diese Figuren wurden weltweit zu echten Sammlerstücken. Swarovski erkannte die Bedürfnisse der Kunden und gründete dafür einen eigenen Club. Heute werden rund 450.000 Clubmitglieder jährlich mit den neuesten Figuren beliefert.
Mitten in diesem Erfolg begann man sich bei Swarovski den Kopf darüber zu zerbrechen, für welche anderen Märkte die Kristallkompetenz aus Wattens noch interessant sein könnte. Man erkannte das ungeheure Potenzial des âneuenâ Modemarkts. Zu dieser Zeit waren Kristallapplikationen nicht en vogue. Man stellte sich die Frage, welche Kompetenzen das Unternehmen zusätzlich bräuchte, um dieses Potenzial für sich nutzen zu können. Man begann verstärkt mit Modedesignern in Kontakt zu treten und setzte die Produktentwickler verstärkt darauf an, sich mit modischen Kristallanwendungen zu beschäftigen. Bald erkannte man, dass eine eigene Trendkompetenz notwendig sei, um diesen Markt wirklich erfolgreich bearbeiten zu können. Man begann eine eigene Trendabteilung aufzubauen, die sich seither mit nichts anderem beschäftigt, als die übernächsten Modetrends zu orten und rechtzeitig die entsprechenden Steine und Kristallanwendungen zu entwickeln. Gemeinsam mit den international anerkanntesten Trendforschern, Designern und Künstlern bringt diese Gruppe heute laufend Designmagazine heraus, in denen alle denkbaren Kreationen vorgestellt werden. Der daraus entstandene Erfolg ist beeindruckend. Heute greifen bereits so viele der bekanntesten Modemacher auf die Produkte und das Know-how von Swarovski zurück, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung bereits von einer âSwarovskisierungâ der Mode schreibt. 68
Die Gruppe der weniger erfolgreichen Unternehmen setzt tendenziell auf einen deutlich anderen Zugang der
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