Was Top-Unternehmen anders machen
Strategieentwicklung. Bei näherer Betrachtung stellt sich schnell heraus, dass sich im Grunde nur wenige Manager wirklich mit den Problemen ihrer Abnehmer beschäftigen oder gar an deren Lösung arbeiten. Viel intensiver setzen sich viele Führungskräfte mit ihren Konkurrenten auseinander, versuchen, sie in der einen oder anderen Form zu überrunden, weil sie hoffen, auf diese Weise ihr Unternehmen langfristig auf Erfolgskurs halten zu können. Häufig erliegen die Verantwortlichen in den Vorstandsetagen einem fatalen Irrtum: Die Tatsache, dass ihr Unternehmen âbesserâ, âschnellerâ oder âbilligerâ als die Wettbewerber arbeitet, halten sie für einen Beweis dafür, dass ihre Produkte auch den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden besser entsprechen. Die Orientierung an den Konkurrenten rückt in den Vordergrund; man beschäftigt sich primär mit Konkurrenzanalysen und -beobachtungen. Der Input für Innovationen bleibt bei dieser Vorgehensweise marginal, weil auch die verwendeten Instrumente es nicht erlauben, die Kundenprobleme von morgen zu identifizieren. Vielfach führt das dazu, dass man hinter dem Markt herläuft und ihn niemals mitgestaltet.
Top-Performer überzeugen durch ein umfassendes Innovationsverständnis
In seinen Lebenserinnerungen schrieb Werner von Siemens: âEine wesentliche Ursache für das schnelle Aufblühen unserer Fabriken sehe ich darin, dass die Gegenstände unserer Fabrikation zum groÃen Teil auf eigenen Erfindungen beruhten. Waren diese auch in den meisten Fällen nicht durch Patente geschützt, so gaben sie uns doch immer einen Vorsprung vor unseren Konkurrenten, der dann gewöhnlich so lange anhielt, bis wir durch neue Verbesserungen abermals einen Vorsprung gewannen.â 69 Das, was Werner von Siemens vor 50 Jahren sagte, hat grundsätzlich nichts an Bedeutung verloren.
Eine Studie der IdW (Institut der Deutschen Wirtschaft, Forschung und Innovation) zeigt, dass das durchschnittliche deutsche Unternehmen 23 % seines Umsatzes mit Produkten macht, die jünger als fünf Jahre sind. Bei Simons âHidden Championsâ liegt dieser Wert deutlich höher: bei vielen Unternehmen über 80 %. 70 Siemens macht etwa 75 % seines Umsatzes mit Produkten, die jünger als fünf Jahre sind. Das heiÃt aber auch, dass dieses Unternehmen in fünf Jahren etwa 60 Milliarden Umsatz aus Produkten generieren muss, die es heute noch nicht hat. Das ist eine gewaltige Herausforderung.
Abbildung 4.2: Innovationsintensität der Top-Performer 71
Vieles deutet darauf hin, dass es der immer härter werdende internationale Preis- und Qualitätswettbewerb mit sich bringt, dass insbesondere Unternehmen aus Hochlohnländern ihre Innovationsleistung wesentlich steigern müssen, um ihre Standortnachteile kompensieren zu können. Im Unterschied zu früher ist jedoch ein umfassenderes Innovationsverständnis notwendig, das neben Produkt- auch Prozess- und Geschäftsmodellinnovationen berücksichtigt. Gleichzeitig muss bei allen Innovationsdimensionen dem Faktor Schnelligkeit besonderes Augenmerk geschenkt werden. In Ãsterreich dauerte es 27 Jahre, bis das Radio eine Million Menschen erreichte, beim Fernsehen waren es 15 Jahre, bis es eine Million Menschen nutzten. Beim Internet waren es sechs Jahre, und Facebook schaffte es innerhalb von zwei Jahren, eine Reichweite von einer Million Menschen zu erreichen. Wir leben in einer Zeit ungeheuerlicher Beschleunigung.
Für Werner Steinecker, Vorstand der oberösterreichischen Energie AG, lautet die Erfolgsformel: âFantasie x Geschwindigkeitâ. Es gilt nämlich weniger der Grundsatz âDie GroÃen fressen die Kleinenâ als der Grundsatz âDie Schnellen fressen die Langsamenâ. Gewinne aus Investitionen müssen daher möglichst rasch in neue Entwicklungen investiert werden, um Wettbewerbsvorsprünge halten zu können.
Produktinnovationen
Bei heute erfolgreichen Produkten müssen Unternehmen verstärkt darauf abzielen, in deutlich kürzeren Zeitintervallen als bisher neue Produktgenerationen mit eindeutigen Vorteilen in die Märkte einzuführen. Nur dadurch eröffnet sich die Chance, die für europäische Standorte notwendigen höheren Marktpreise zu erzielen. Gleichzeitig müssen europäische Unternehmen wesentlich stärker als in der Vergangenheit bereit sein, in radikale statt in
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