Was tun, wenn es brennt?
kurbelt das noradrenerge System an. Das logische Denken wird zugunsten der Stammhirnfunktionen heruntergefahren. Denn nun müssen wir noch aufmerksamer, schneller, flucht- bzw. kampfbereiter sein, eine andere Möglichkeit scheint es ja gerade nicht zu geben, um unser Überleben zu sichern. Dabei unterscheidet unser Gehirn nicht, ob wir einer Mathe-Prüfung oder einem großen, Zähne fletschenden Tiger gegenüberstehen. Nun befinden wir uns in einer unkontrollierten Stressreaktion: im Kampf- und Fluchtmodus.
Mit kleinem Stress dem großen Stress vorbeugen
Insgesamt gilt es möglichst viele verschiedene Erfahrungen und Wissensinhalte abzuspeichern, um gegen unkontrollierte Stressreaktionen gewappnet zu sein. Um erst gar nicht in solche Engpässe zu geraten, kommt nun schon wieder unser Stresssystem in Form von Lernen ins Spiel. Die beste Stressprävention ist Lernen durch kontrollierbaren Stress. Darum stellen wir Ihnen nun zwei Aspekte für leichtes Lernen durch die kontrollierte Stressreaktion vor. Denn Lernen in der Entspannung ist zeitintensiv und wenig Erfolg versprechend.
Durch eine Stressreaktion werden wir nicht nur wachgerüttelt, sondern können dadurch überhaupt erst Erfahrungen, Wissen etc. erwerben. Inzwischen weiß man aus der Hirnforschung, dass Lernen mit einer gleichzeitigen Aktivierung des noradrenergen Systems vonstatten geht 3) . Ohne etwas Aufregung und emotionale Beteiligung ist es uns nicht möglich, neue Erfahrungen und Wissen als Gedächtnisinhalte abzuspeichern. Zuerst brauchen wir eine gewisse Aufmerksamkeit, um in unseren Arbeitsspeicher zu gelangen. Auch die Länge der Aufmerksamkeit ist entscheidend! Erst durch unsere anhaltende Aufmerksamkeit wird eine sogenannte »Second-Messenger«-Kaskade eingeleitet, wodurch die Erregungsbereitschaft unserer Nervenzellen ansteigt und es zur Ausbildung weiterer Synapsen mit einer Bahnung von Gedächtnisinhalten 4) kommt. Dauert dies Sekunden bis Minuten, bestehen gute Chancen, z.B. die Information eines Kollegen im Gedächtnis zu behalten. Ist die Aufmerksamkeitsspanne und damit die Erregung zu kurz, schlafen unsere Neuronen einfach wieder ein und es passiert nichts. Wir können uns an nichts erinnern. Offensichtlich hemmt auch Langeweile das Abspeichern von Gedächtnisinhalten, das fand der Bildungsforscher Thomas Götz heraus. Wer sich häufig langweilt, hat im Durchschnitt auch schlechtere Noten. (In jeder Unterrichtsstunde langweilen sich im Durchschnitt mehr als die Hälfte aller Schüler.) Das Gleiche gilt wohl für eintönige Besprechungen etc. Wir schweifen ab, die Inhalte müssen im Nachhinein erfragt oder erarbeitet werden, und wir verlieren wertvolle Zeit.
Lernen durch Glückshormone
Auch eine emotionale Beteiligung an Lerninhalten, Situationen etc. erhöht unsere Aufmerksamkeit und erleichtert die Abspeicherung in unserem Gehirn. Sobald Gefühle im Spiel sind, erhöhen sich unsere Merkfähigkeit und die Aussicht auf schnelles Lernen enorm. Es muss uns etwas reizen, damit unsere Nervenbahnen bereit sind, in Aktion zu treten. Eine zentrale Rolle spielt dabei das dopaminerge System.
Haben wir ein großes Interesse daran, uns etwas zu merken, wie z.B. Straße und Hausnummer unseres heißen Flirts, steigt die Motivation, die Adresse in unserem Gedächtnis zu behalten. Im Zuge dessen wird eine große Menge an Dopamin ausgeschüttet. Es wird nun von den bereitstehenden Rezeptoren aufgenommen, die wiederum weitere Prozesse aktivieren. Dieses Hormon, oft auch als Glücks- oder Belohnungshormon bezeichnet, sorgt dafür, Gedächtnisinhalte dauerhaft und zuverlässig abzuspeichern, ohne uns dabei groß anstrengen zu müssen. Neben dem Dopamin kommt auch dem Serotonin eine wichtige Rolle für die Ausbildung neuer Gedächtnispfade zu. Der Nobelpreisträger Eric Kandel fand heraus, dass wir die Hilfe von Serotonin brauchen, um die Daten vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis zu übertragen.
Wird Serotonin ausgeschüttet, regt es das Wachstum von Axonen an. Es entstehen neue neuronale Verknüpfungen, und bereits bestehende Verknüpfungen werden durch zusätzliche Verbindungen und Kontaktstellen ausgebaut. Herr Kandel konnte beweisen, dass die Zahl der Verknüpfungen ausschlaggebend für die Abspeicherung im Langzeitgedächtnis ist.
Fazit: Ohne Stress und Glückshormone könnten wir nichts lernen. Lernen findet mit Aktivierung des noradrenergen, dopaminergen und serotonergen Systems statt. Eine häufige und vielseitige Aktivierung fördert die
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