Was uns glücklich macht - Roman
gehen. Ich höre Andrew oben herumkramen. Er schläft viel länger als ich. Ich glaube, ich laufe rauf und springe zu ihm ins Bett, bevor er allzu wach wird. Dies ist seit langem unser erstes gemeinsames Wochenende, und ich habe ihn vermisst. Normalerweise kommt er zu mir zum Dinner in die City, oder ich rase nach Connecticut, um ihn zu sehen. Es ist nicht ideal, aber so ist eben das Leben. Er hat zu tun, ich habe zu tun, Sie wissen, wie es ist. Wir genießen unsere gemeinsame Zeit. Brooke trifft schier der Schlag, weil wir immer noch nicht von Hochzeit sprechen. Ehrlich gesagt finde ich ihre Missbilligung ziemlich toll, sie verleiht unserer Beziehung einen Anstrich von Gefahr und Frivolität, den sie eigentlich gar nicht verdient. Ich mag ihn sehr gern. Vielleicht könnte ich ihn auch lieben, aber im Augenblick bin ich vollkommen zufrieden damit, ihn zu mögen.
Von: Katherine Emerson
An: Dr. Gray
Datum: Dienstag, 11. April 2012
Uhrzeit: 06:02:07
Grüße von ganz oben auf der Welt!
Schauen Sie sich das Bild an, das Stephen gerade von mir gemacht hat, in der Sekunde, wo die Sonne über den Horizont steigt. So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen. Dieses Knäuel hinter mir ist Florence. Süß, nicht?
Ich musste Ihnen sofort schreiben, auch wenn ich keine Ahnung habe, wann Sie die Mail letztlich erreicht, um Ihnen zu sagen, dass ich es endlich herausbekommen habe und Sie es als Erste erfahren sollen. Sie haben mich damals mit einem Auftrag losgeschickt, bevor ich zum ersten Mal hierhergefahren bin. Ich sollte herausfinden, was das Leben lebenswert macht. Und ich dachte, ich hätte es herausgefunden. Ich dachte, das Leben werde lebenswert durch all die wunderbaren Dinge, die noch geschehen können. Ich habe schon gesehen, dass Sie nicht allzu begeistert von dieser Antwort waren, als ich heimkam, und jetzt weiß ich, warum. Mir ist klar, was falsch war. Ich habe es gerade eben erkannt, als die Sonne mir über die Wange strich.
Also, hier ist es.
Was das Leben lebenswert macht, sind nicht irgendwelche Dinge, die passieren könnten. Es ist das, was gerade jetzt geschieht. Jetzt in diesem Moment, den ich ebenso besitze wie jeder andere auch. Es spielt keine Rolle, wie viele Momente mir noch bleiben, alles, was zählt, ist, dass ich jetzt noch lebe wie eh und je und so sehr wie jeder andere, und dieser Moment gehört mir ebenso wie jedem anderen. Und darum geht es, ob man nun Krebs hat oder nicht. Was das Leben lebenswert macht, was uns glücklich macht, sind die Dinge, die jetzt in diesem Augenblick geschehen.
Nicht gestern, nicht morgen, sondern jetzt.
Ich hoffe, Sie sind stolz auf mich und kommen bald mal zu Besuch. Jetzt muss ich aber gehen. Stephen ist gerade fertig mit dem Frühstück, und wir haben einen engen Zeitplan, wenn wir es bis zu unseren Massageterminen nach unten schaffen wollen. Grüßen Sie New York von mir, und wenn irgendwer fragen sollte, wie es mir geht, dann sagen Sie, ich hätte gerade den schönsten Tag meines gesamten Lebens.
Heidi
Als wir uns kennenlernten, war Nikki 23 Monate alt, und nun ist sie zwölf, es ist also nicht allzu schwer auszurechnen. Es war der erste Tag in der Kinderkrippe. Stacy und ich waren mit Nikki dort, Heidi und Adam mit Walker. Stacy und Heidi waren beide hochschwanger, und wie es Hochschwangere in überfüllten Räumen oft tun, kamen sie ins Gespräch. Ein paar Monate später brachte Heidi Georgia und Stacy Stevie zur Welt, und wir hatten danach sehr viel Spaß miteinander.
Mit niemandem konnte man mehr Spaß haben als mit Heidi. Vor allem auf Skiern. Heidi konnte großartig Ski fahren. Und sie war wunderbar geduldig mit mir, auch wenn ich mit ihr kaum mithalten konnte. Meine liebste Erinnerung an Heidi auf Skiern war das eine Mal, als sie mich dazu bringen wollte, schneller zu fahren. Sie schlug vor, ich sollte sie den Berg hinabjagen, als wäre ich James Bond und sie eine schöne Schurkin. Ich habe sie verfolgt, so gut ich konnte, und jedes Mal, wenn ich ihr nahe kam, summte sie das James-Bond-Thema, so laut sie konnte. Es war unglaublich lustig.
Ich habe die Geschichte beim Gedenkgottesdienst erzählt.
Wenn Sie, so wie ich, an ein halbwegs gerechtes Universum glauben, hätten Sie genau wie ich gerungen mit dem, was Heidi passiert ist. Am einen Tag war sie eine wunderbar gesunde, glückliche, sexy, sportliche Mom, Ehefrau und Fußballtrainerin, am nächsten Tag hatte sie Rückenschmerzen. Bis die Ärzte herausgefunden hatten, dass es sich um Krebs
Weitere Kostenlose Bücher