Was uns glücklich macht - Roman
mich auf den ersten Blick in Samantha verliebt.
Das Einzige, was ich mir für dieses Treffen vornahm, war, dass ich rückhaltlos ehrlich sein wollte. Mir scheint, die Zeit für Spielchen ist für mich vorbei, und selbst wenn dem nicht so ist, bringt es mir nichts, wenn ich diese Spielchen mit ihr spiele. Daher wollte ich ihre Fragen alle absolut wahrheitsgemäß beantworten, was sie auch wissen wollte, statt wieder in die unaufrichtige Abwehrhaltung zu verfallen, die fast alle Beziehungen meines Erwachsenenlebens charakterisiert.
Als wir endlich aufgehört hatten, über die tragischen Gameshowkandidaten zu lachen, seufzte ich tief auf und versuchte die Unterhaltung auf das Thema zurückzulenken, über das ich wirklich mit ihr reden wollte. »Ich habe im Internet ein wenig zu der Krankheit recherchiert. Da finden sich so viele Fakten, dass es mich ein wenig überwältigt hat. Ich weiß nicht, was seriös ist und was nicht.«
»Ich habe dasselbe gemacht«, erwiderte Samantha, »und mir ist es genauso gegangen. Ich habe überall recherchiert, und um ehrlich zu sein, habe ich das meiste bei den sozialen Netzwerken gefunden, bei speziellen Foren oder bei Facebook.«
»Ich bin nicht mal bei Facebook. Ich glaube, das ist der Grund, warum ich immer so hinterher bin bei all dem Klatsch«, sagte ich. »Ich weiß nicht, warum ich mich nicht registriert habe. Vermutlich habe ich mir gedacht, wenn ich zwanzig Jahre lang nichts von jemandem gehört habe, wird das schon seinen Grund haben.«
Samantha lachte, ich aber nicht. Das war nicht die Ehrlichkeit, die ich mir vorgenommen hatte. Das war meine altbewährte Strategie, Humor zur Verteidigung einzusetzen, und was hatte ich an dieser Stelle davon?
»Eigentlich«, sagte ich und wandte den Blick ab, »ist das nicht der Grund. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich mich wohl deswegen nie dort eingeschrieben, weil ich Angst hatte, keiner würde mich als Freund listen wollen. Auch jetzt noch möchte ich mich nicht dort registrieren und über meine Diagnose reden. Vermutlich habe ich Angst, dass es niemanden interessieren könnte.«
Ich hielt den Blick weiter abgewandt, wartete auf ihre Antwort, doch sie sagte kein Wort. Das Schweigen währte so lange, dass ich schließlich zu ihr aufsehen musste. Sie ist ein sehr hübsches Mädchen. Ihre Augen sind tiefblau, und sie hat Wangenknochen, für die manche Leute einem Schönheitschirurgen eine Menge Geld zahlen würden. Doch ihr schönster Zug ist ihr Mitgefühl, ihre Menschlichkeit. Man sieht es ihr an. Sie fließt förmlich über davon.
»Mein Gott, Samantha«, sagte ich, »ich bin so allein.«
Sie legte ihre Hand wieder auf meine. »Jetzt nicht mehr.«
Ich räusperte mich ein, zwei Mal. Ich hatte Angst, ich würde anfangen zu weinen. Ich wollte weiterreden, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Brauchst du einen Augenblick?«, fragte sie.
»Nein, gar nicht«, sagte ich. »Rede einfach mit mir. Erzähl mir von dir. Alles, was ich von dir weiß, ist, dass du bei Gameshows weinst, und wenn ich mein Leben in deine Hände geben soll, dann ist mir das, ehrlich gesagt, ein bisschen zu wenig.«
Sie schien meinen Humor zu verstehen, was schön ist, weil ich meinen Humor als meine beste Seite betrachte. Nicht wenn ich ihn einsetze, um andere abzuwehren oder gegen sie anzutreten, in den Fällen schadet mein Humor wahrscheinlich mehr, als dass er nutzt, aber im richtigen Augenblick etwas Komisches zu sagen ist das Beste, was man für eine Unterhaltung tun kann. Ich konnte erkennen, dass Samantha das ganz ähnlich sah.
Zu meinem Schrecken erzählte sie mir danach die Geschichte ihrer unglückseligen Ehe. Ich hoffe, dass man mir meine ehrliche Reaktion nicht vom Gesicht ablesen konnte, will heißen, ich hoffe, dass meine Kinnlade nicht bis auf den Tisch hinuntergeklappt ist. Das alles schien so unwahrscheinlich, sah Samantha, wie ich sie bisher kennengelernt hatte, so gar nicht ähnlich. Sie scheint so stabil, so vernünftig und selbstsicher. Ich weiß nicht, wie man sich einen Menschen vorzustellen hat, der seine Ehe nach drei Tagen annullieren lässt, jedenfalls ganz anders als die Frau, die mir gegenübersitzt.
»Dazu kann ich bloß sagen«, erklärte ich, als sie fertig war, »dieser Typ muss unheilbar dumm sein, einer der dümmsten auf dem ganzen Planeten, dass er sich dich durch die Lappen gehen ließ. Auch wenn mir schon klar ist, dass ich dich kaum kenne – ich sage das aus tiefstem Herzen.«
»Das ist sehr nett von
Weitere Kostenlose Bücher