Was vom Tode übrig bleibt
unbedingt essen sollte, weshalb für uns stets klar sein muss, ob man sich in » sicherem« oder » gefährlichem« Areal befindet. Wenn jemand Gebäudereiniger ist, hat er deshalb womöglich eine andere Vorgehensweise entwickelt. Jedenfalls sorgt bei mir der Schwarz-Weiß-Bereich für klare Verhältnisse. Und wenn die ganze Wohnung kontaminiert ist, errichten wir ihn außen vor dem Haus oder unten im Auto.
Dort stellen wir dann unsere drei Kisten mit dem Standard-Equipment auf. Eine Kiste mit unserer Schutzkleidung, den Overalls, Handschuhen, Atemschutzmasken, eine mit den gesammelten Putzmitteln und Chemikalien, eine mit der Putzausrüstung wie Bürsten, Schrubber, Mülltüten. Und wir beginnen, uns umzuziehen, mehr oder weniger komplett. Denn unter den hermetisch abgeschlossenen Overalls überlegt man sich bei jeder Kleidungsschicht, die man darunter trägt, genau, ob sie nötig ist. Und das ist nicht übertrieben: Wenn man im Hochsommer in so einem Erwachsenenstrampelanzug arbeitet, verliert man am Tag vier bis fünf Liter an Flüssigkeit– sogar, wenn man nichts als die Unterhose drunter trägt. Und weil die Overalls dicht sein müssen und es auch sind, verdunstet nichts, der Schweiß sammelt sich in den Stiefeln, Handschuhen, und am Ende des Tages kann man ihn da bequem rausgießen. Die Finger sehen jedes Mal ganz schrumpelig aus, als käme man nach drei Stunden aus der Badewanne. Das ist so unangenehm, dass man auch in extremen Fällen zweimal darüber nachdenkt, ob der dickere druckfeste Overall wirklich unvermeidlich ist, weil man bei dem noch anderthalb Liter Flüssigkeitsverlust dazurechnen kann.
Wir tragen grundsätzlich zwei Schichten Handschuhe. Relativ enge Modelle auf der Haut, dann dichte, aber robustere Modelle darüber. Ich will dieses Gefühl der Sicherheit, dass ich schlimmstenfalls auch im größten Dreck arbeiten kann, ohne dass irgendetwas zu mir durchkommt, und ich will, dass auch meine Mitarbeiter diese Sicherheit haben. Wenn der äußere Handschuh reißt, zieht man einen neuen an, einen von den blauen, die man auf dem Umschlagfoto sehen kann. Und dann kümmert man sich um die Schwachstellen: den Übergang vom Overall zu den Handschuhen und vom Overall zu den Stiefeln. Diese Stellen kleben wir mit einem speziellen Klebeband ab. Gaffa-Tape oder Panzerband heißt es in Deutschland, Duct-Tape in den USA, diese Bänder sind absolut dicht, unglaublich stabil und– das ist mindestens genauso wichtig, wenn man die Finger in zwei Schichten Handschuhen stecken hat– man kann sie trotzdem leicht von Hand in passende Streifen reißen.
Dabei sollte man noch eins bedenken: Dass man die Klebebänder notfalls auch mit den Handschuhhänden wieder lösen können muss. Deshalb darf man das Band nicht einfach bündig rundum kleben, weil man dann mit seinen dicken Fingern die Stelle mit dem Klebeband-Ende nie wieder loskriegt. Falls man nicht daran denkt, ist man, wenn man während der Arbeit aus seiner Ein-Mann-Wandersauna rauswill, schier am Verzweifeln. Also: Einfach am Ende des Bandes zwei Zentimeter umknicken, Klebeseite auf Klebeseite kleben, damit man eine schöne Reißlasche kriegt, schon geht alles viel einfacher.
Kommen wir zur Maske. Mein derzeitiger Favorit ist eine Vollmaske mit Glasvorsatz vor dem Gesicht und zwei Filtervorrichtungen, die man mit unterschiedlichen Filtereinsätzen für unterschiedliche Anforderungen bestücken kann, in unserem Fall mit Mehrbereichskombifiltern gegen Gas und Partikel. Ich habe das Modell erst kürzlich entdeckt, es funktioniert tadellos, die beiden Filter links und rechts sind angenehmer zu tragen als der schwere einzelne bei den altmodischen Modellen, bei denen der Kopf vorne nach unten gezogen wurde, so dass man abends nach dem Nachhausekommen seinen Hals am liebsten abgeschraubt und weggeschmissen hätte. Und ein weiterer Vorteil: Die Schutzbrille beschlägt nicht dauernd. Das ist ein großes Problem. Bei manchen Brillen laufen die Gläser ständig an, oder der Schweiß kondensiert daran, das macht dann wirklich keinen Spaß mehr, unter solchen Bedingungen zu arbeiten. Aber wer ständig Räume vernebelt und mit aggressiven Reinigern arbeitet braucht einen vernünftigen Augenschutz. Und sobald wir unsere Schutzkleidung vollständig angezogen haben, kümmern wir uns um die Fliegen.
Wir versprühen dafür zunächst ein Insektizid, üblicherweise JuvenEx, ein Mittel von Frowein 808 , eines mit Knock-down-Effekt. Das heißt: Man nimmt eine Dose, stellt sie
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