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Was vom Tode übrig bleibt

Was vom Tode übrig bleibt

Titel: Was vom Tode übrig bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Anders
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des Rätsels ist, dass das gar nicht so selten ist, sondern häufig vorkommt: Wenn ältere, gebrechliche Menschen morgens auf die Toilette gehen und der Stuhlgang nicht so recht funktionieren will, wie er soll, dann wird gepresst– bis zum Schlaganfall. Wenn morgens um fünf die Feuerwehr alarmiert wird, kann man Wetten darauf abschließen, dass wieder ein toter Rentner auf der Toilette sitzt. Da helfen zwei Löffel Leinsamen am Tag mehr als der Notarzt danach. Aber wer hätte auch gedacht, wie gefährlich der tägliche Stuhlgang ist?
    Nur eines frage ich mich manchmal: Wer hat eigentlich die ganzen Tatorte gereinigt, bevor es die Tatortreiniger gab? Genau weiß ich es nicht, aber es kommen dafür nicht allzu viele in Frage. Das müssen wohl die Hausmeister gewesen sein, die Wohnungsentrümpler oder die Angehörigen. Und das ist für mich mit das Erstaunlichste an meinem Beruf: dass man den Job, den ich da mache, jahrzehntelang ganz normalen Leuten zugemutet hat. Sicher, die Feuerwehr hat manchmal mitgeholfen– ich selbst ja auch, wie bei der folgenden Geschichte mit der leer gepumpten Badewanne. Aber mit dem Gestank und der weiteren Reinigung hat man die Menschen allein gelassen, was ein Unding ist. Sicher, man kann sagen, wer seine Oma vier Wochen lang nicht vermisst, dem lag vermutlich nicht sehr viel an ihr, aber selbst wenn das stimmen sollte– wenn man unvorbereitet in so eine Hölle aus Gestank, Blut, Schmiere, Kot tappt, muss man sich eigentlich nicht wundern, wenn man hinterher reif ist für eine Therapie. Dass man 1950 oder 1960 darüber nicht nachgedacht hat, dass die Kriegsgeneration sich damit nicht auseinandergesetzt hat, kann man ja verstehen, aber dass es bis in die 1990 er Jahre, bis nach der Jahrtausendwende gedauert hat, bevor hier Handlungsbedarf entstanden ist, ist mir noch im Nachhinein absolut unverständlich.

25. Wannenbad
    Manche Fälle sind ganz einfach. » A g’mahde Wiesn«, sagt der Bayer dazu, eine gemähte Wiese, eine ganz sichere Sache, bei der man so gut wie nichts ruinieren kann, weil die Wiese bereits fertig gemäht ist. Was im normalen Sprachgebrauch natürlich nicht heißt, dass die ganze Arbeit gemacht ist, sondern dass die Aufgabe so problemlos ist, dass man sie ohne viel nachzudenken abarbeiten kann. Und wenn man wieder acht Wochen lang irgendwelchen verborgenen Geruchsnestern nachgekrochen ist, wenn man eine neue Stelle entdeckt hat, in die das Blut von Selbstmördern unbemerkt hineinsickern kann, dann wünscht man sich manchmal als Tatortreiniger eine » g’mahde Wiesn«, und gelegentlich geht dieser Wunsch sogar in Erfüllung.
    Ein älterer Herr hatte uns angerufen. Die Feuerwehr hatte seine Mutter bei einer Wohnungsöffnung tot in der Badewanne gefunden. Ob wir das Bad reinigen könnten? Ich stellte noch ein paar Fragen und sagte dann gleich zu. Ich verzichtete sogar auf die Fundortbesichtigung. Bäder sind normalerweise unproblematisch, und wenn die Leiche in der Wanne gelegen hat, kann nicht mehr viel schiefgehen. Eine Badewanne ist aus Stahl mit einer Emailleschicht, die nimmt in hundert Jahren keinen Geruch an, und wenn nicht irgendetwas ganz Unvorhersehbares, noch nie Dagewesenes passiert, dann kriegen wir die Wanne wieder so hin, dass kein Mensch Bedenken hätte, da drin wieder zu baden. Also machten Didi und ich uns auf den Weg. Didi ist mit 43 der Jüngste in unserem Team und auch als bislang Letzter zu uns gestoßen. Er hat Autoelektriker gelernt, ist Feuerwehrmann und Rettungsassistent und obendrein extrem kräftig.
    Es war eine Mietwohnung, und schon beim Eintreffen stellten wir fest, dass uns ein paar Details nicht gesagt worden waren. Es roch definitiv im Haus nach Leiche, schon lange bevor wir die Wohnung betraten. Und dieser Intensität nach zu urteilen, lag der Tod der alten Dame deutlich länger als einige Tage zurück, wie uns der Sohn erzählt hatte. Vielleicht hatte er auch Bedenken, weil er nicht dastehen wollte wie jemand, der sich nicht um seine Mutter gekümmert hatte– dem Geruch nach zu urteilen war die Dame jedenfalls mindestens 14 Tage in der Wanne gelegen, eher noch ein wenig länger. Ich sprach den Sohn nicht darauf an, es wäre ihm vielleicht unangenehm gewesen, und letzten Endes hatte ich keinen Grund, mich zu beschweren– es stimmte ja sonst im Wesentlichen alles, der einzig kontaminierte Raum war das Badezimmer, es handelte sich fast ausschließlich um die Wanne, alles war so, wie er es beschrieben hatte, mit Ausnahme des Geruchs

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