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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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bevor ich ihn
mit dem Gürtel meines Mantels strangulieren kann.
    »Das gelingt dir perfekt«, stelle ich fest und schließe hinter ihm
die Tür. »Wieso bist du nicht im Laden?«
    »Den hab ich für heute zugemacht«, erklärt er lapidar. »Ich dachte,
du könntest für deinen großen Abend etwas modische Beratung gebrauchen.« Er
läßt sich auf meinem Sofa nieder und beginnt ungefragt, die Toblerone
aufzuessen, die auf dem Couchtisch liegt. Ich betrachte andächtig den alten
grauen Armeemantel, im dem er heute steckt. Wo hat er dieses scheußliche Teil
nur wieder aufgetan?
    »Modisch beraten. Du? Mich?«
    »Guck nicht so.« Tim fährt mit seiner rechten Hand liebevoll über
den linken Ärmel. »Den hab ich von Georg. Ist ein Original!«
    »Original bescheuert. Und zu warm für die Zeit ist er auch«, stelle
ich fest.
    »Nicht für so einen coolen Typen wie mich.« Ich habe weder Zeit noch
Lust, mit Tim über seine Garderobe zu diskutieren. In eineinhalb Stunden soll
ich in der Mood Lounge sein, und ich bin noch nicht einmal geschminkt. Und das
kann dauern, beim Anmalen bin ich in etwa so geschickt wie beim
Fingernägel-Lackieren und beim Strumpfhose-Anziehen.
    »Ich muß mich jetzt fertig machen«, sage ich deshalb zu Tim und
tappe mit einem Fuß ungeduldig auf dem Boden herum. Tim macht allerdings keine
Anstalten, sich zu erheben. Im Gegenteil.
    »Du hattest doch neulich noch Toffifee«, stellt er fest und kramt
unter dem Couchtisch herum. »Iiiiih!« Tim zieht seine Hand hervor und blickt
angewidert auf den alten Joghurtbecher, in dem sie steckt. Geschieht ihm recht!
Obwohl es mir ein bißchen peinlich ist, Tim muß mich für eine totale Schlampe
halten. Und das bin ich in ordnungstechnischer Hinsicht wirklich nicht. Kommt
zumindest darauf an, mit wem man sich vergleicht.
    »Du kannst hier gern alles in Ruhe durchsuchen«, sage ich und
befreie ihn von dem Joghurtbecher. »Ich gehe jetzt zurück ins Bad.« Einfach
nicht beachten, das wird das beste sein. Im Bad krame ich meine paar
kosmetischen Utensilien hervor. Das Make-up ist alt und ausgetrocknet,
Lidschatten gibt’s nur in Rosa und Hellblau (was wollte ich denn damit?) und
die Wimperntusche sieht auch nicht mehr ganz taufrisch aus. Also werde ich mich
auf Rouge und Eyeliner beschränken, und mit etwas Glück reicht das Mascara doch
noch für die eine oder andere Wimper.
    »Sag mal, Charly, stehst du eigentlich wirklich auf diesen Moritz?«
Tim lehnt auf einmal hinter mir im Rahmen der Badezimmertür und beobachtet mich
beim Schminken. So was hab ich am liebsten! Ich drehe mich um und knalle Tim
die Tür wortlos vor der Nase zu. Von draußen erklingt ein lautes Hundejaulen,
so, als hätte ich Tim was eingeklemmt. Hab ich aber nicht, höchstens sein Ego.
    Als ich eine knappe Stunde später gefönt und gescheitelt wieder ins
Wohnzimmer komme, schlummert Tim selig auf dem Sofa. Die leere
Toffifee-Schachtel liegt auf seinem Bauch, und auf dem Tisch deutet ein Haufen
Daim-Papiere darauf hin, daß er nun alle meine Schokoladenbestände vernichtet
hat. Ich zünde mir eine Zigarette an und lasse die Kappe meines Sturmfeuerzeugs
geräuschvoll zuschnappen. Das stört Tim nicht die Bohne, so was funktioniert
auch nur in Filmen.
    »Tim!« sage ich und rüttele ihn sanft an der Schulter. Jetzt öffnet
er die Augen, zuerst ganz langsam, dann reißt er sie überrascht auf und starrt
mich an.
    »Huh«, ruft er, »wo ist denn Charly hin? Eben war sie doch noch da!«
    »Sehr witzig!« erwidere ich, muß aber lachen, weil Tim einen
regelrecht geschockten Eindruck macht.
    »Ehrlich, Charly: Du siehst klasse aus«, sagt er, als er sich wieder
gefangen hat.
    »Findest du?« Ich drehe mich unsicher einmal um mich selbst, damit
er mich von allen Seiten betrachten kann. Und das ohne Stützstrumpfhose,
gewagt, gewagt.
    »Für deine Verhältnisse schon.« Klar, Tim kann ein Kompliment nicht
einfach mal so stehen lassen. »Nein, wirklich toll«, fügt er hinzu, weil er
wohl merkt, daß es mir wirklich wichtig ist.
    »Danke.« Gerade bin ich froh, daß er hier ist. Allein hätte ich
vielleicht doch Bedenken gegen den Anzug bekommen und mich wieder für Jeans und
T-Shirt entschieden. Aber ein Blick von Tim reicht, um mir zu sagen: Moritz
wird tot umfallen, wenn ich so beim Klassentreffen auftauche.
    »Du betreibst ja einen ziemlich großen Aufwand für diesen Moritz«,
fängt Tim wieder an. Als hätte er gerade meine Gedanken gelesen.
    »Das hat doch nichts mit Moritz zu tun«, behaupte

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