Was - Waere - Wenn
sie
hohe Schuhe trägt und ihre dunklen Haare zu einem Dutt hochgesteckt hat. »Ich
habe gehört, worüber Sie sich eben mit meiner Chefin unterhalten haben«, sagt
sie und lächelt mich freundlich an.
»Wie schön!« erwidere ich sarkastisch. »Und? Haben Sie auch noch ein
paar schlaue Tips für mich? Vielleicht einen Kochkurs machen und Nähen lernen?«
Die kleine Frau kichert. »Aber nein, was für ein Unsinn. Ich habe
eine viel bessere Idee für Sie.«
Ich horche auf. Land in Sicht, eine Rettungsboje?
»Die da wäre?«
»Kommen Sie!« Verschwörerisch blickt sie drein und führt mich in das
Zimmer neben dem Büro der Ich-kann-nichts-für-Sie-tun-Tante. Es ist eine Art
Vorführraum, jedenfalls läßt die große Leinwand, die auf der anderen Seite des
Zimmers steht, darauf schließen. Außerdem stehen noch einige Geräte herum, ein
Diaprojektor und ein DVD -Player, wahrscheinlich
finden hier Schulungen oder so was statt. So verkaufen Sie sich in zehn Tagen.
Tippe ich jetzt mal. Die kleine Frau schließt die Tür hinter uns und bedeutet
mir, auf einem der zwei großen schwarzen Ledersessel Platz zu nehmen. Ich sinke
knartschend in die Kissen. Die Frau setzt sich ebenfalls hin. Jetzt bin ich
aber mal gespannt, wie sie mir helfen kann.
»Ich bin Elisa«, stellt sie sich vor und spricht den Namen dabei
»Ileisa« aus.
»Charly«, sage ich und wundere mich, daß wir auf einmal ganz locker
beim Vornamen sind.
»Geben Sie nichts auf die da.« Sie deutet mit ihrem Kopf Richtung
Tür, damit meint sie wohl ihre Chefin. Oder in welchem Verhältnis die beiden
auch immer zueinander stehen. »Sie hat keine Ahnung«, fügt Elisa dann noch
hinzu. Eine Einschätzung, die ich mit ihr teile.
»Also – wie können Sie mir helfen?« Langsam bin ich neugierig.
»Habe ich Sie vorhin richtig verstanden«, fragt sie und sieht mich
dabei durchdringend an, »daß Sie Ihr Leben von Grund auf ändern wollen?« Ich
nicke.
»Darum bin ich hier.«
»Und Sie sind auch bereit, unter Umständen alles Bisherige hinter
sich zu lassen.«
»Fremdenlegion?«
Elisa lacht auf, wobei sich eine Million kleine Fältchen um ihre
Augen bilden. »Nein, das natürlich nicht. Aber ich meine, ob Sie es wirklich so
sehr wollen, daß Sie mit einschneidenden Veränderungen einverstanden sind.« Ich
nicke heftig. Einschneidende Veränderungen sind genau das, was ich will.
»Dann gibt es vielleicht etwas, was ich für Sie tun kann. Sie müßten
sich das allerdings sehr gut überlegen.« Wenn Elisa weiter so rumorakelt,
sitzen wir Weihnachten noch hier und können uns gegenseitig Geschenke machen.
Was soll die Geheimnistuerei, hat sie nun einen anständigen Job für mich oder
nicht?
»Nicht so ungeduldig«, ermahnt sie mich, und es ist mir peinlich,
daß man mir so deutlich ansehen kann, was ich denke.
»Tut mir leid«, sage ich, »es ist nur so, daß ich mit meinem Leben
einfach nicht glücklich bin. Nicht zufrieden. Ehrlich gesagt wäre ich am
liebsten jemand anderes.« Bei diesen Worten beginnt Elisa zu strahlen, als
hätte ich gerade etwas besonders Nettes zu ihr gesagt. Ein bißchen komisch ist
sie ja schon, wie sie so klein und zierlich mit ihrem riesigen Dutt dasitzt und
mich anlächelt.
»Dann sind Sie bei mir goldrichtig«, stellt sie fest und klopft mir
freundschaftlich mit einer Hand aufs Knie. »Was ich Ihnen nun erzähle, wird für
Sie wahrscheinlich zunächst etwas, nun ja, ungewöhnlich klingen. Oder auch
verrückt. Aber ich möchte Sie bitten, sich alles in Ruhe anzuhören, darüber
nachzudenken und erst dann eine Entscheidung zu treffen.« Ich bekomme ein
mulmiges Gefühl. »Denn wenn Sie sich einmal dafür entschieden haben«, wieder
ein durchdringender Blick, »gibt es kein Zurück mehr.«
»Hören Sie«, sage ich und mache Anstalten, mich aus dem Sessel zu
erheben, »ich verkaufe keine Zeitschriftenabos, fondsgebundene
Lebensversicherungen oder Diätpräparate. Und ich möchte auch nicht Mitglied bei
den ›Friends of wem-auch-immer‹ werden. Das können Sie alles vergessen!«
»Setzen Sie sich.« Mit erstaunlicher Kraft drückt Elisa mich zurück
in meinen Sitz. »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie sich erst alles in Ruhe
anhören sollen.« Ich nicke ergeben und rechne damit, daß ich in einer halben
Stunde mit einem Koffer voll Plastikbehältern oder Unterwäsche zum
Weiterverticken hier rausgehe, nur, damit ich meine Ruhe habe. Wieso bin ich
nicht gleich abgehauen, nachdem mir ihre Chefin den wertvollen Rat gegeben hat,
es
Weitere Kostenlose Bücher