Was - Waere - Wenn
gegenseitig in die Pfanne zu hauen. Die Geschichte mit David ist schlimmer
als alles, was Julie je angezettelt hat.
Es passierte an einem dieser Abende, an denen ich zu Hause saß und
mich ziemlich einsam und schlecht fühlte. Nutzlos. Ungeliebt. Ungebraucht.
David war damals erst vier Monate mit Julie zusammen. Große Liebe, sagte sie – und ließ ihn direkt bei sich einziehen. Klar war ich eifersüchtig, wie das eben
so ist, wenn man auf einmal allein zurückbleibt. Bis dahin waren wir
Verschworene gewesen, zwischen die kein Blatt Papier paßte. Und dann hieß es
plötzlich nur noch »David hier« und »David da«. Dabei war David auch noch ein
echter Schmarotzer, tat wochenlang so, als würde er einen Job suchen und ließ
es sich bei Julie ansonsten gut gehen. Wozu auch arbeiten, Julie verdiente als
Journalistin so viel, daß es bequem für zwei reichte.
Und dann stand David-hier-und-David-da eines Abends bei mir auf der
Matte. Er hatte geklingelt und nach einem Korkenzieher gefragt, und als er sah,
daß ich allein war, bot er an, die Flasche mit mir zusammen zu trinken. Julie
war gerade auf Recherchereise und würde erst am nächsten Tag zurückkommen, also
haben wir zusammen erst eine, dann noch eine zweite Flasche Wein miteinander
getrunken. Nein, ich will nicht den Alkohol dafür verantwortlich machen, obwohl
ich schon glaube, daß bei einem Mezzo-Mix-Gelage alles anders verlaufen wäre.
Irgendwie ist es mit David und mir dann passiert. Hinterher ging es mir
hundsmiserabel. Julie war schließlich meine Freundin, und ich wollte ihr nicht
weh tun. Obwohl ich an dieser Stelle für die Nachwelt schon noch gern erwähnen
würde: Er hat angefangen. Das macht es nicht viel besser – aber möglicherweise
ein bißchen.
Als David ein halbes Jahr später im Streit Julie davon erzählte,
warf sie ihn sofort aus ihrer Wohnung. Ich frohlockte. Noch. Aber natürlich
blieb es nicht dabei. Am nächsten Tag fand ich vor meiner Wohnungstür eine Kiste,
in die Julie fein säuberlich alles gepackt hatte, was mit mir und unserer
Freundschaft zu tun hatte. Deutlicher mußte sie nicht werden. Seit diesem Tag
hat sie kein Wort mehr mit mir gesprochen.
Der absolute Hammer war allerdings, daß David nach seinem Rauswurf
bei Julie allen Ernstes bei mir ankam und mich fragte, ob wir es nicht mal
miteinander versuchen sollten. Hat sich wohl gedacht, neue Frau suchen geht
schneller und ist weniger anstrengend als Wohnung und Job finden. Der Typ war
eben ein echtes Arschloch, und vier Wochen später erfuhr ich zufällig, daß ich
nicht die einzige war, die er außerbeziehungslich gevögelt hatte. Also war es
genaugenommen gar nicht meine Schuld, daß es zwischen ihm und Julie in die
Brüche gegangen war. Jedenfalls nicht nur.
Ich habe Julie damals noch zwei Briefe unter der Tür durchgeschoben,
in denen stand, daß David es doch nicht wert sei, unsere Freundschaft zu
begraben, und daß mir die Nacht mit ihm nicht das Geringste bedeutet habe – aber für Julie war ich für alle Zeiten gestorben. Seitdem vermisse ich sie ganz
furchtbar, aber ich weiß auch nicht, was ich tun könnte, um unsere Freundschaft
zu kitten. Und ihr Vertrauen wiederzugewinnen. Hätte ich ihr das verzeihen
können? Meine ehrliche Antwort darauf lautet eher nein als ja. Und das nur
wegen eines Abenteuers mit einem Kerl, der auch noch eine Null im Bett war!
Während ich darüber nachdenke, finde ich, daß die Nacht mit David in der Tat
ein Ereignis wäre, das ich gern ungeschehen machen würde.
Was wäre, wenn? Auf einmal ist dieser Gedanke wieder da. Natürlich
glaube ich nicht an Zauberei, Magie und Hokuspokus. Ich lese nicht mal mein
Horoskop, so wenig interessiert mich der ganze Eso-Krempel. Aber nur mal
angenommen, es ginge tatsächlich . Ich schiebe die
Überlegung beiseite, allein die Vorstellung ist absurd! Wieder lächelt mich das
kleine Mädchen von der Schaukel aus an. Mit fünf war ich bestimmt auch so süß.
Was wäre, wenn? Wenn ich eine Chance sausen lasse, nur, weil ich nicht an sie
glaube. Wenn ich …
I don’t care if it hurts
I want to have control
I want a perfect body
I want a perfect soul
Ich will kein »Creep« mehr sein! Ich springe auf und renne los,
laufe die ganze Strecke zurück zur Personalberatung in wenigen Minuten. Zwar
bekomme ich tierische Seitenstiche, aber das ist mir in diesem Moment egal. Ich
muß es einfach wissen, muß mich davon überzeugen, daß das alles totaler Unsinn
ist, bevor ich mir die nächsten Jahre
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