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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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bin …« Mit drei Schritten ist die Frau bei mir,
hält mich am Arm fest und führt mich zu einem Stuhl.
    »Bißchen vorsichtig«, sagt sie und deutet auf den Stacheldraht, der
um die Sitzfläche drapiert ist. »Sie sind ja total durch den Wind«, stellt sie
fest und mustert mich besorgt. Frage mich, warum die nicht hysterisch wird und
die Polizei ruft. Ich würde das tun, da könnte jemand noch so sehr mein
Vormieter sein. Aber wenn ich mich hier so umsehe, hat sie wohl öfter mit etwas
verstörten Menschen zu tun.
    Die Frau geht rüber zur Kitchenette, dreht den Hahn auf und füllt
ein Glas mit Wasser, das sie mir bringt.
    »Hier, trinken Sie erst einmal einen Schluck.« Dankbar nehme ich das
Glas, das brauche ich jetzt wirklich. Sie kniet sich vor mich hin und sieht mir
dabei zu, wie ich das Wasser in mich hineinschütte. Im Handumdrehen ist das
Glas leer, sie geht noch einmal zur Spüle und bringt mir ein zweites.
    »Dankeschön«, sage ich, nachdem ich auch das zweite Glas in einem
Rutsch ausgetrunken habe. Sie mustert mich immer noch abwartend, wahrscheinlich
sollte ich langsam mal erklären, was ich hier mache. »Also«, fange ich an, »die
Sache klingt vielleicht etwas komisch: Aber das hier ist eigentlich meine
Wohnung.« Jetzt sieht sie auch verwirrt aus.
    »Ja, das war Ihre Wohnung. Sie sind vor
drei Jahren ausgezogen, seitdem lebe ich hier.« Vor drei Jahren? In meinem Kopf
dreht sich alles.
    »Hören Sie«, meint die blonde Frau, »es scheint Ihnen wirklich nicht
gut zu gehen, aber ich kann Ihnen leider auch nicht helfen.« Sie sieht auf ihre
Uhr. »In zwanzig Minuten habe ich einen Kunden, und ich muß mich noch umziehen
und …«
    »Oh.« Schnell stehe ich auf. »Klar, verstehe ich, ich …« In diesem
Moment breche ich in Tränen aus.
    »Sch…« Sie legt beruhigend einen Arm um mich. »Sie hat’s ja wirklich
ganz schön umgehauen, was?« Sie sieht mich mitleidig an. Ich weiß genau, was
sie jetzt gerade denkt: Welche Droge ich wohl genommen habe, um mich in diesen
Zustand zu bringen. »Wissen Sie was?« meint sie. »Mit dem Kunden bin ich in
einer Stunde fertig. Wenn ich Ihnen dann weiterhelfen kann …« Sie sagt das zwar
sehr freundlich, aber ich habe trotzdem das Gefühl, daß es ihr am liebsten
wäre, wenn ich verschwinde und mich so schnell nicht wieder blicken lasse.
    »Ich muß auch los«, sage ich und mache mich auf den Weg nach
draußen. In der Tür drehe ich mich noch einmal um. »Vor drei Jahren bin ich hier
ausgezogen, sagen Sie?« Sie nickt. »Und wie heißen Sie eigentlich?« Sie
lächelt, zieht eine Visitenkarte aus ihrer Hosentasche und gibt sie mir.
»Madame Charlotte« steht darauf.
    »Mir hatte Ihr Vorname so gut gefallen«, erklärt sie.
    »Vielen Dank.« Immer noch auf die Karte starrend, verlasse ich ihre
Arbeitsstätte. Erleichterung ist gar kein Ausdruck für das Gefühl, das mich in
diesem Moment überkommt. Ich bin keine Domina! Aber immerhin Namensvetterin von
einer. Auch schön.
    Obwohl ich offensichtlich nicht mehr hier wohne, suche ich
draußen nach meinem Fahrrad. Sicher ist sicher. Nach einer Viertelstunde gebe
ich auf und mache mich zu Fuß auf den Weg. Ins Drinks & More. Tim muß mir
helfen, der weiß hoffentlich, wo ich wohne. Im Eilschritt marschiere ich Richtung
U-Bahn-Station und gebe mir Mühe, die verwunderten Blicke der vorübergehenden
Passanten zu ignorieren. Sollen sie sich ruhig fragen, wo die komische Frau in
dem komischen Overall ausgebrochen ist, ich habe jetzt ganz andere Sorgen.
    Plötzlich hält neben mir mit quietschenden Reifen ein silberner BMW  Z3. Der Zuhälter von Madame Charlotte? Ich gehe
schneller, fange an zu laufen. Der kriegt mich so schnell nicht!
    »Charlotta!« ruft tatsächlich jemand meinen vollen Namen. Ich
stutze: Die Stimme kommt mir ziemlich bekannt vor, also bleibe ich stehen und
drehe mich um.
    Es ist kein geringerer als Moritz, der da hinter mir herläuft. Mit
hängender Zunge kommt er angerannt und wedelt mit einem Zylinder. Dazu trägt er
einen silbergrauen Smoking, der hervorragend zu seinem Z3 paßt. In welchem
Paralelluniversum ich auch immer gelandet bin – hier sind sie alle verrückt!
    »Charlotta!« Er bleibt keuchend neben mir stehen, beugt sich vor und
stützt sich auf seinen Knien ab. »Ich suche dich seit Stunden«, japst er.
    »Was?« Das Klassentreffen scheine ich ja erfolgreich aus meinem
Leben entfernt zu haben. Moritz holt noch einmal tief Luft, dann richtet er
sich wieder auf.
    »Kreuz und quer

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