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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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wir schon
zusammen.«
    »Hm«, sagt Moritz.
    »Seit der Schulzeit«, stelle ich fest. Seit ich sechzehn bin. Mir
kommt ein Gedanke, der ja noch viel ungeheuerlicher ist als alles, was bisher
passiert ist. »Bist du der einzige Mann, mit dem ich in meinem Leben geschlafen
habe?« platzt es aus mir heraus. Moritz wirft mir einen irritierten Blick zu.
    »Davon gehe ich aus!« Er mustert mich prüfend. »Oder hast du etwa …«
    »Nein«, unterbreche ich ihn, »ich wollte damit nur noch mal
unterstreichen, wie froh ich bin, daß der erste auch der letzte ist. Der
einzige quasi.« Ich ernte noch einen irritierten Seitenblick, aber dann gibt er
sich mit meiner Erklärung zufrieden. Offenbar war ich dadurch, daß ich seit der
Schule mit Moritz zusammengeblieben bin, mit keinem anderen Mann im Bett. Auch
nicht mit den beiden, die ich nicht gelöscht habe, die sind durch meine
langjährige Beziehung mit Moritz automatisch miteliminiert worden.
    Tief in meinem Herzen weiß ich ja noch, wie es war – was brauche ich
mehr als die süße Erinnerung daran? Eigentlich ganz praktisch. Offenbar bin ich
jetzt so was wie ein anständiges Mädchen – mit dem Wissen einer Schlampe. Gute
Kombination. Die eierlegende Wollmilchsau, Heilige und Hure in einer Person,
von so etwas träumt doch angeblich jeder Mann. Ich habe mich mehr als ausgetobt
und muß mir keine Sorgen machen, ich könnte etwas verpassen. Aber mein Ehemann
denkt, ich hätte eigentlich alles verpaßt. Prompt komme ich darüber ins
Grübeln. Würde es für ihn denn einen Unterschied machen, wenn es anders wäre?
    »Können wir Musik anmachen?« frage ich, bevor mein Denkapparat
wieder heißläuft.
    »Klar«, antwortet Moritz und schaltet den CD -Player
ein. »The Girl from Ipanema« erklingt. In der Easy-listening-Version. Au weia,
mein Mann hört Fahrstuhlmucke. Ich lächle ihn tapfer an. Bisher war ich immer
der Meinung, daß nur seelenlose Menschen sich solche Platten kaufen. Oder
solche, die keine Ahnung von Musik haben. Was im wesentlichen aufs gleiche
hinausläuft.
    Aber was habe ich auch erwartet, Moritz hat schließlich zu »Sing
Hallelujah« von Dr.   Alban mit mir getanzt. Allerdings hat er das nur gemacht,
um damit Isabell eifersüchtig zu machen und sie zurückzubekommen. Fällt mir
gerade wieder ein, und genaugenommen dürfte ich deshalb nie wieder auch nur ein
einziges Wort mit ihm reden. Geschweige denn ihn heiraten. Hab ich aber schon.
Und das Klassentreffen hat ja so nie stattgefunden, und …
    Herrje, das bekomme ich nie auseinanderklamüsert, in meinem Kopf
geht alles drunter und drüber. Was war denn jetzt, und was nicht, und was hätte
sein können, und was ist Wirklichkeit und überhaupt? Hilfe! In einer ruhigen
Minute werde ich mal eine Zeichnung machen und versuchen, sie zu verstehen.
    »Können wir vielleicht was anderes hören?« Das Gedudel ist zuviel
für meine Nerven, ich brauche Musik und keine Störgeräusche.
    »Du magst das Lied doch sonst so gern.« Ich mag »The Girl from Ipanema«? Ich
habe nicht nur mein bisheriges Leben ausgelöscht, sondern meinen guten
Geschmack gleich dazu? Das ist tragisch. Ich schalte die Musik aus.
    »Ab heute mag ich es nicht mehr«, stelle ich fest.
    »Wie du meinst, Schatz.«
    Ein paar Minuten später sind wir in Blankenese und fahren am
Treppenviertel vorbei bis zum Strand hinunter. Wir biegen rechts ab, nach ein
paar hundert Metern lenkt Moritz den Wagen in die Einfahrt eines großen,
herrschaftlichen Rotklinkerbaus. Vor einer Doppelgarage bringt er den Wagen zum
Stehen, und während ich mich noch frage, was wir hier wollen, erhalte ich schon
die Antwort.
    »So«, sagt Moritz, »da wären wir: zu Hause.«
    Zu Hause. Ich wohne direkt an der Elbe, nur eine kleine Straße
trennt unser Haus vom Strand. Das nenne ich mal einen sozialen Aufstieg.
Schätze, mein Mund steht für einen kurzen Augenblick offen. Na gut. In Ordnung.
Wenn ich tatsächlich in diesem Haus wohne, kann ich auch mit den »Girl from
Ipanema« leben.
    Wir steigen aus und gehen auf das Haus zu, Moritz öffnet die
Eingangstür und hält sie mir auf. Bevor ich hineingehe, lege ich ihm die Arme
um den Nacken, gebe ihm einen langen Kuß und sage dann – einfach, um mal
auszuprobieren, wie sich das anfühlt – zu ihm: »Mein Schatz.« Dann betrete ich
unser Heim direkt am Strand von Blankenese und beschließe, mich in Zukunft
sauwohl zu fühlen.
    Glücklicherweise verschwindet Moritz, sobald wir hereingekommen
sind, im Gästebad. »Machst du

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