Was - Waere - Wenn
Ohren der
Gäste ab und springt im Ping-Pong von links nach rechts, bis es mit einem
lauten »Platsch« in der Alster landet. Sofort fangen die Fische an, es
miteinander zu treiben. Schlechtes Timing, nenne ich das. Ausgerechnet in dem
Moment, als ich das böse Wort ausspreche, hört die Band auf zu spielen, und das
allgemeine Geplapper erstirbt für einen Augenblick. Moritz prustet vor Schreck
den Schluck Wein, den er gerade genommen hat, auf seinen Teller und fängt an zu
husten. Alle Gäste gucken mich an, ich höre eine Uhr ticken. Doch ich
ignoriere, daß ich feuerrot anlaufe, und lächle, als wäre rein gar nichts.
»Ja, mein Mann und ich haben manchmal Sex«, stelle ich dann mit
einer Selbstverständlichkeit fest, als würde ich die Tanzfläche für eröffnet
erklären, »wir sind ja auch verheiratet.« Mein Opa lacht als erstes los, wobei
man sich da nicht sicher sein kann, ob er überhaupt verstanden hat, was ich
gesagt habe. Dann bricht die ganze Gesellschaft in grölendes Gelächter aus. Bis
auf Herrn und Frau Lichtenberg, die so aussehen, als würden sie allein bei dem
Wort schon allergische Reaktionen bekommen.
»Du bist eine unmögliche Nudel«, raunt Moritz mir ins Ohr und
knabbert dann ein bißchen daran herum. »Ich liebe dich, und die Frage nach
unserem letzten Sex wirst du schon bald ganz eindeutig beantworten können!«
»Da bin ich aber beruhigt«, stelle ich fest und schnappe mir seinen
Teller. Ȇbrigens: Ich bin keine Vegetarierin mehr. Habe ich soeben
beschlossen.« Moritz guckt einen Moment verwundert, dann winkt er den Kellner
heran, um sich einen neuen Teller kommen zu lassen. Bitte, geht doch, und das
mit dem Trinken bringe ich ihm sicher auch noch bei.
Als es draußen dunkel und kühl wird, gehen wir ins Clubhaus, um dort
weiter zu feiern. Die lustigen Hochzeitsspiele bleiben uns nicht erspart.
Moritz und ich müssen auf einem Overheadprojektor die Montagsmaler geben,
Rücken an Rücken sitzend Fragen über unseren Partner mit »ja« oder »nein«
beantworten (seltsamerweise gewinne ich gegen Moritz mit sieben zu drei, er hat
anscheinend noch weniger Ahnung über uns als ich), Isabell und Dirk zeigen eine
Dia-Show und erzählen dabei noch einmal die Geschichte von mir und Moritz nach,
wobei ich zu meinem großen Erstaunen feststellen muß, daß ich ganz
offensichtlich noch mit zwanzig Jahren Burlington-Pullover getragen habe.
Nachdem ich mich von diesem Schock erholt habe, werfe ich um Mitternacht meinen
Brautstrauß, um den sich Heike, Julie und Babette ein heftiges Gefecht liefern.
»Ist Heike den Mormonen beigetreten?« wundere ich mich über ihren
sportlichen Einsatz.
»Wieso das?« fragt Moritz.
»Sie ist doch längst verheiratet.«
»Da weißt du mehr als ich.« Scheiße, wieder ein Fettnäpfchen, ich
muß besser aufpassen. Bis morgen mittag werde ich mich so sehr in Widersprüche
verwickelt haben, daß Moritz mich entweder einweisen läßt oder mich für meine
totgesagte Zwillingsschwester hält. Und damit habe ich dann noch Glück gehabt.
Am besten, ich tue in einem unbeobachteten Moment so, als hätte ich mir aus
Versehen eine Weinflasche auf den Kopf gehauen und dadurch Gedächtnisverlust
erlitten. Erspart mir eine Menge Arbeit und Ärger. Und das kann schließlich mal
vorkommen, daß man sich selbst eine Pulle über die Rübe zieht.
»Äh, hatte den Eindruck, daß sich zwischen ihr und Dirk vielleicht
was tut«, versuche ich mich herauszureden.
»Glaub ich nicht. Außerdem hätte Isabell sicher einiges dagegen.«
»Mag sie Dirk nicht?«
»Also wirklich«, mein Traummann seufzt genervt auf, »für dich gibt
es kein Bier mehr, du bist ja schon total blau!« Moritz nimmt mir einfach mein
Glas weg und stellt es einem vorübergehenden Kellner aufs Tablett. »Dirk und
Isabell sind seit einem Jahr miteinander verheiratet. Wir waren doch sogar ihre
Trauzeugen.«
Mein Gott, das kann man doch wohl mal vergessen, oder? Das erklärt
aber auch, warum ausgerechnet diese beiden unsere Eheschließung bezeugen
mußten. Und jetzt sind also nicht mehr Heike und Dirk verheiratet, sondern Isa
und Dirk. Da soll noch einer durchsteigen, regelrechte Inzucht herrscht in
meiner Clique. Aber so ist das eben in meiner Gesellschaftsschicht. Sieht man
ja in der Boulevardpresse. Da vögelt doch auch jeder mit jedem quer
durcheinander.
»Isa Neugebauer«, murmele ich vor mich hin. Klingt komisch.
»Nein«, werde ich von Moritz korrigiert. »Dirk von der Mark.« Mit
diesen Worten nimmt er mir
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