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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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mich geduscht, gefönt und geschminkt habe, ziehe ich das
grüne Kleid an. Es sitzt wie angegossen. Wenn man mal von dem kleinen
Bäuchlein, das letzte Woche noch nicht da war, absieht. Ich gehe in die
Kleiderkammer und suche nach einer Bauch-Weg-Strumpfhose. Vergebens. Das hat
Frau Lichtenberg bisher anscheinend nie gebraucht. Dann müssen wir jetzt halt
alle mit meinem Bäuchlein leben. Ich und Moritz und sein Chef und dessen Frau.
Ein bißchen schlecht wird mir schon, wenn ich an den bevorstehenden Abend
denke. Endlos lange Gespräche über die Firma, belangloser Smalltalk mit der
Gattin des Chefs. Wird mein Leben nun eine endlose Aneinanderreihung solcher
Veranstaltungen sein? »Ich hasse das«, Fettes Brot. Da werde ich vorher die
Notbremse ziehen müssen!
    In meinem Schmuckkästchen finde ich ein paar Ohrringe mit Steinen
aus grüner Jade. Dazu noch eine schlichte, goldene Kette, aus dem Schrank hole
ich ein paar hohe Riemchensandaletten. Als ich mich vor dem Spiegel betrachte,
bin ich selbst ganz baff. Ich sehe schon toll aus. So gar nicht wie ich, aber
gut. Bis auf das Bäuchlein, das bin schon ich. Unten höre ich die Türklingel,
also ist unser Besuch eingetroffen.
    »Guten Abend«, höre ich Moritz unsere Gäste begrüßen. Fünf Minuten
warte ich noch, dann müßten sie im Wohnzimmer Platz genommen haben, und ich
kann – ganz elegante Gastgeberin – hereinschweben. Langsam zähle ich die
Sekunden rückwärts. Am allerliebsten würde ich einfach hier oben bleiben.
Sollen sie mich doch holen kommen. Aber irgendwie denke ich auch, daß ich es
Moritz schuldig bin. Er kann ja nichts dafür, wenn er auf einmal eine ganz
andere Frau bekommt als die, die er heiraten wollte.
    Aus dem Wohnzimmer erklingt Gelächter, als ich die große
Flügeltür öffne. Moritz und eine Frau stehen neben dem Eßtisch, beide ein
Sherryglas in der Hand. Die dritte Person wird von Moritz verdeckt.
    »Charlotta!« Moritz dreht sich lächelnd zu mir um und gibt dabei den
Blick auf unseren Ehrengast frei. »Darf ich vorstellen, das sind Herr und Frau …«
    »Tim!« Ohne weiter nachzudenken, stürze
ich auf ihn zu und falle ihm um den Hals. Es ist wirklich Tim, mein Tim, der bei uns im Wohnzimmer steht. Sein Sherryglas
geht bei meiner stürmischen Umarmung geräuschvoll zu Boden. »Du weißt nicht,
wie froh ich bin, dich zu sehen!« Ich strahle ihn an – und bemerke erst jetzt,
daß er meine Freude nicht gerade teilt. Peinlich berührt mache ich mich von ihm
los. Er lacht verlegen auf, seine Frau bückt sich nach dem heruntergefallenen
Glas, und Moritz sieht aus, als würde er mir gleich eine scheuern.
    »Ich … äh …«, bringt Tim hervor und lacht verlegen. »Die Freude ist
ganz meinerseits.«
    »Die Zahnlücke!« rufe ich als nächstes aus, als hätte ich sie nicht
mehr alle. Hab ich wohl auch nicht, aber ich habe mich gerade nicht so ganz im
Griff. »Deine Zahnlücke ist weg!« Tatsächlich entblößt er beim Lächeln eine
Reihe ebenmäßiger, gerader Zähne. Alfred E. Neumann, mit Hollywoodgebiß.
    »Könnte mir mal jemand erklären, was hier los ist?« schaltet sich
Tims Frau jetzt ein. »Kennt ihr beiden euch?« Tim guckt vollkommen perplex erst
zu ihr, dann zu mir.
    »Nicht, daß ich wüßte«, sagt er dann.
    »Es tut mir leid.« Nun löst sich auch Moritz aus seiner
Schreckstarre. »Meine Frau ist in letzter Zeit ein bißchen … ein bißchen …«
    »Ich … es tut mir leid«, stottere ich und streiche verlegen mein
Kleid glatt. »Irgendwie dachte ich, ich kenne Sie.«
    »Den Eindruck, daß Sie den Eindruck
hatten, habe ich auch«, stellt Tim fest und grinst dabei spitzbübisch. Er ist
es, daran besteht kein Zweifel, auch ohne die Zahnlücke.
    »Zumindest kennen Sie den Vornamen meines Mannes«, mischt Tims Frau
sich wieder ein.
    »Vermutlich habe ich den Namen mal erwähnt«, erklärt Moritz. Doch
die Frau seines Chefs sieht nicht so aus, als würde sie das schlucken. Tut sie
auch nicht.
    »Und seine kieferorthopädischen Befunde sind Ihnen offensichtlich
auch bekannt.«
    »Stimmt«, stellt Tim fest, »wir sind uns offensichtlich doch schon
einmal begegnet.«
    »Ja, ich …« Es ist nicht der richtige Rahmen, um Tim die ganze
Geschichte zu erzählen. Gar nicht der richtige Rahmen. »Ich glaube, ich habe
vor Jahren mal ein Foto von Ihnen gesehen.« Tim, seine Frau und Moritz blicken
mich abwartend an. »Im Manager Magazin?« Kopfschütteln. »Spiegel?« Nein.
»Forbes?«
    »Ist ja auch egal«, unterbricht Tim galant

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