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Was - Waere - Wenn

Was - Waere - Wenn

Titel: Was - Waere - Wenn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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»Ich heiße Charly.«
    »Georg«, sagt er daraufhin. »Und ich kenne Sie wirklich nicht. Aber
Sie müssen ja wohl so was wie ein Engel sein.« Ich lächele verschämt, doch eher
das Gegenteil.
    »Ich wollte Ihnen nur helfen«, erkläre ich.
    »Das habe ich auch schon gemerkt. Aber warum?« Er sieht mich fragend
an. Was soll ich darauf antworten? Dann fängt er an zu lachen. »Wenn Sie mich
um die Ecke bringen und meine Einzelteile verschachern wollen, muß ich Sie
enttäuschen. Meine Nieren sind nicht mehr zu gebrauchen, und meine Leber …«
Wieder schüttelt ihn ein Hustenkrampf. »Na ja«, bringt er zwischen zwei
Atemzügen hervor, »sehen Sie ja selbst.«
    »Das wird schon wieder«, sage ich zuversichtlich, »Sie müssen sich
erst einmal etwas ausruhen und wieder auf den Damm kommen.«
    »Vertun Sie sich mal nicht: Ich nutze Ihre Freundlichkeit so lange
aus, wie’s geht.« Ich greife nach seiner Hand und drücke sie.
    »Machen Sie das ruhig!« Mal sehen, wie lange die goldene Amex das
hergibt, denke ich. Aber soweit ich weiß, hat die ein ziemlich hohes Limit.
»Ich wollte Sie was fragen: Kennen Sie noch das Drinks & More?« Georg denkt
einen Moment lang nach, dann nickt er ganz langsam.
    »Ja«, antwortet er, »war mal eine Kneipe, gar nicht weit von hier.
Soll ein netter Laden gewesen sein.« Meine Hoffnung sinkt, klingt nicht so, als
wäre er da ein und aus gegangen.
    »Waren Sie denn nie da?« frage ich trotzdem. Er schüttelt den Kopf.
»Und einen Tim Kramer kennen Sie auch nicht?« Wieder denkt er nach und nimmt
den restlichen Schluck aus der Flasche.
    »Nein«, sagt er dann, »kenne ich nicht.« Das wundert mich nicht.
Niemals hätte Tim zugelassen, daß es Georg einmal so schlecht gehen würde, wenn
er ihn gekannt hätte.
    »Passen Sie auf«, sage ich und stehe dabei auf. »Sie können hier so
lange bleiben, wie Sie wollen, die Hotelrechnung ist bezahlt. Inklusive
Vollpension.«
    »Aber ich …«, setzt Georg an.
    »Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, unterbreche ich ihn. »Sie
verdanken das einem guten Freund.«
    »Ach ja? Ich habe einen so guten Freund?«
    »Ja, das haben Sie.« Dann gehe ich zur Tür. »Ich komme hin und
wieder mal vorbei und sehe nach Ihnen. Und wenn etwas ist«, ich krame ein Stück
Papier aus meiner Tasche und kritzele noch schnell meine Handynummer darauf,
»können Sie mich hier jederzeit erreichen.«
    »Danke.« Mehr sagt er nicht. Er nimmt den Zettel und sinkt erschöpft
zurück aufs Bett. Bevor ich die Tür hinter mir zuziehe, ruft er mich noch
einmal: »Charly?« Ich gehe zurück. »Wer ist denn dieser gute Freund?«
    »Das muß ich Ihnen ein anderes Mal erklären. Aber glauben Sie mir,
es ist ein sehr guter Freund.« Dann gehe ich hinaus.
    Draußen auf der Straße setze ich meinen Kopfhörer auf, drehe die
Musik so laut es geht und wandere ziellos durch die Straßen. Ich muß erst
einmal einen klaren Kopf bekommen, damit ich weiß, was ich als nächstes tue.
Und da hilft nun mal nichts so gut wie Nummer vier von »Matrix«.
    Als ich um halb sieben nach Hause komme, ist Moritz schon in
heller Aufregung. In der Küche wuselt eine angeheuerte Servicekraft herum und
klappert mit allen möglichen Töpfen und Pfannen. Alles perfekt vorbereitet, wie
mir scheint. Perfekt. Bis auf mich. Bin halt nicht perfekt. Nicht so, wie
Moritz es will.
    »Da bist du ja!« Er wirkt eher erleichtert als verärgert. »Hör zu«,
redet er auf mich ein, ehe ich etwas sagen kann, »du hast recht, ich bin ein
riesiger Idiot! Aber ich wollte dich bestimmt nicht verletzen, ich dachte doch
nur …«
    »Schon gut«, würge ich seine hilflosen Erklärungsversuche ab. »Ich
versteh dich ja auch. Aber ich glaube, ich bin einfach ganz anders als du.« Er
sieht mich lange an, ehe er etwas sagt.
    »Früher warst du das nie«, stellt er dann fest. Ich muß fast lachen,
weil er keine Ahnung hat, wie sehr er damit ins Schwarze trifft.
    »Schon möglich«, sage ich und gehe zur Treppe. »Ich werd mich dann
mal umziehen.« Dann will ich hochgehen, aber Moritz hält mich an der Hand fest.
    »Danke, Schatz«, sagt er und lächelt etwas verunglückt. »Du weißt
ja, wie wichtig das für mich …« Er unterbricht sich. »… für uns ist.«
    »Ich weiß.« Ich habe dieses Leben gewollt. Jetzt ist es an mir, auch
für mich das Beste daraus zu machen. Und als ich beim Hochgehen noch einmal
einen Blick in unsere schöne Halle werfe, denke ich, es könnte einen ja nun
wirklich schlimmer treffen.
    Nachdem ich

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