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Was will man mehr (German Edition)

Was will man mehr (German Edition)

Titel: Was will man mehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Rath
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Außerdem tut er das alles, um unserer Familie zu helfen.»
    Verstehe. Der strahlende Held kehrt heim, und seine Prinzessin möchte, dass es ihm an nichts fehlt. Wen kümmern da schon die Probleme des Lakaien? Aber da ich mir heute Nachmittag vorgenommen habe, nicht mehr zu jammern, beschließe ich, die Dinge einfach so zu nehmen, wie sie sind.
    «Okay», sage ich. «Kein Problem. Ich gehe einfach zu Fuß zum Supermarkt und nehme meinen Bollerwagen mit. Sind ja nur knapp zehn Kilometer. Und so hoch liegt der Schnee nun auch wieder nicht.»
    Iris mustert mich. Sie scheint zu überlegen, ob sie da einen leicht ironischen Unterton gehört hat. «Fein. Dann haben wir ja eine Lösung.»
    Sie will sich abwenden, dreht sich aber nochmal kurz zu mir um. «Außerdem riechst du wie eine Eckkneipe. Ist teuer, wenn sie dir hier den Lappen abnehmen. Sei also froh, dass du den Bollerwagen nehmen musst.»
    «Bin ich auch», erwidere ich sonnig. «Der Spaziergang wird mir guttun.»
    Der Spaziergang kostet mich sämtliche Nerven und fast das Leben. Auf dem Hinweg werde ich von Jugendlichen als Penner beschimpft und mit steinharten Schneebällen beworfen. Im Supermarkt droht mir ein korpulenter Kerl Prügel an, weil ich ihm den letzten Truthahn vor der Nase wegschnappe. Und genau in dem Moment, als ich mit meinem vollbepackten Bollerwagen den Laden verlasse, beginnt es zu schneien. Immerhin lässt der Schneefall nach etwa zehn Minuten etwas nach. Ich schöpfe schon Hoffnung, dass ich doch noch einigermaßen trocken und warm zu Hause eintreffe, da höre ich hinter mir mehrstimmige Fanfaren.
    Hinter dem Steuer eines schweren Geländewagens erblicke ich das ebenso rote wie entschlossene Gesicht des Dicken, den ich eben um seinen Truthahn gebracht habe. Sein Gefährt rast geradewegs auf mich zu.
    Ich höre das infernalisch laute Hupen und sehe den sich in Windeseile nähernden Truck. Instinktiv überlasse ich meinen Bollerwagen seinem Schicksal und hechte in den Straßengraben. Fast im gleichen Moment dreht der Truck ab, und für den Bruchteil einer Sekunde kann ich das feiste Gesicht des dreckig grinsenden Dicken aufblitzen sehen. Mit röhrendem Motor und drei Fanfarenstößen zum Abschied verschwindet der Geländewagen im Dunkeln.
    Ich sehe, dass mein Bollerwagen umgekippt ist. Ein Teil meiner Einkäufe liegt im Schnee. Ich selbst knie in einem eiskalten Abwasserkanal. Den habe ich zuvor nicht gesehen, weil er zugefroren und mit Schnee bedeckt war. Die dünne Eisschicht, die sich bereits auf dem Wasser gebildet hatte, habe ich bei meinem Hechtsprung mühelos durchbrochen. Von den Oberschenkeln abwärts dürfte ich nun binnen der nächsten zehn Minuten ein Temperaturproblem bekommen. Also zögere ich nicht lange und raffe meine Lebensmittel zusammen. Je eher ich zu Hause bin, desto schneller werde ich mir einen Drink und eine warme Dusche gönnen können.
    Es dauert eine Weile, bis ich im Dunkeln sämtliche Einkäufe gefunden habe. Als ich mich erneut auf den Weg mache, wird zum einen der Schneefall wieder heftiger, zum anderen beginnt meine Hose zu gefrieren.
    Ich stapfe die schlechtbeleuchtete Ausfallstraße entlang und versuche abzuschätzen, ob ich eine Chance habe, an einer Erkältung vorbeizukommen. Vierzig Minuten später bin ich überzeugt davon, dass ich nicht nur eine Lungenentzündung erleiden, sondern auch für den Rest meines Lebens ein Taubheitsgefühl in den Beinen haben werde.
    Etwa zum gleichen Zeitpunkt treffe ich auf die jugendlichen Hooligans, die mir schon auf dem Hinweg übel mitgespielt haben. Erneut kassiere ich ein paar schmerzhafte Schneebälle, schaffe es aber mit Ach und Krach durch die feindlichen Linien.
    Als ich in unsere Straße einbiege, hat es aufgehört zu schneien. Das ist insofern beruhigend, als ich nun nicht erst im Frühjahr gefunden würde, wenn ich ohnmächtig zusammenbräche. Ein Dackel kommt mir entgegen. Es ist der alte Teddy, der den Learys von nebenan gehört. Vielleicht sehe ich inzwischen aus wie der kleine Bruder vom Yeti, jedenfalls erkennt der Nachbarshund mich nicht. Er kläfft und knurrt wütend. Dann greift er mich an.
    «Teddy! Lass ab!», rufe ich, doch es ist bereits zu spät.
    Teddy beißt zu, man hört ein knirschendes Geräusch und ein lautes Knacken. Meine gefrorene Hose hat keinen Millimeter nachgegeben. Teddy sieht mich irritiert an, jault dann erstaunt auf und spuckt einen blutigen Zahn in den Schnee. Wimmernd sucht der arme Hund das Weite.
    «Aber was ist denn los? Was hat

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