Was will man mehr (German Edition)
schieben kann», kürze ich Schamskis Erläuterungen ab und schnappe mir noch ein Pumpernickel mit Krabben.
«Genau das ist auch meine Befürchtung», sagt Schamski zerknirscht.
«Ich habe eben nochmal mit Lisa gesprochen», fahre ich fort. «Der Verlag ist nicht insolvent, er soll liquidiert werden. Das ist ein feiner Unterschied. Es hat also nicht ein vom Gericht bestellter Insolvenzverwalter das Sagen in der Firma, sondern ein von den Eigentümern bestimmter Liquidator. Und das ist Timothy.»
«Moment, Moment», geht Günther dazwischen und sichert sich das vorletzte Häppchen mit Wildpastete. «Was hat das jetzt mit Schamski zu tun?»
«Bei der Liquidation stellt das Unternehmen seinen Geschäftsbetrieb freiwillig ein», erkläre ich. «Im Idealfall werden alle, die noch Geld zu kriegen haben, bezahlt. Was übrig bleibt, teilen sich die Eigentümer. Bleibt nichts übrig, ist das Pech. Fehlt Geld, dann kommt es nach einem Jahr doch noch zur Insolvenz der Firma.»
Ich sehe förmlich, wie Schamski ein Licht aufgeht. «Und in diesem Fall braucht der Liquidator einen Geschäftsführer, dem er die Insolvenz in die Schuhe schieben kann.»
«In etwa», antworte ich. «Wichtig ist, dass der Geschäftsführer sich strafbar macht, falls das Unternehmen während der Liquidation schon längere Zeit zahlungsunfähig war.»
«Und du befürchtest, das ist der Fall?», fragt Schamski.
Ich zucke mit den Schultern. «Kann schon sein.»
«Wenn Schamski stellvertretender Geschäftsführer ist, dann ist Timothy doch genauso verantwortlich», folgert Bronko. «Das verstehe ich nicht.»
Schamski sieht mich erwartungsvoll an.
«Timothy ist nur leider überhaupt nicht Geschäftsführer», sage ich und sehe, wie Schamski die Gesichtszüge entgleisen. «Der einzige im Handelsregister eingetragene Geschäftsführer ist Guido Schamski. Und diese Eintragung ist juristisch bindend.»
«Aber er ist dann ja quasi nur ein Strohmann. Das kann man einem Gericht doch erklären», wendet Günther ein.
«Lisa hat mir erklärt, dass auch ein Strohmann verantwortlich ist. Man darf sich eben nicht leichtfertig zum Boss einer GmbH machen lassen.»
Schamski streicht sich ratlos über seinen kahlen Schädel.
«Warum hast du bis jetzt gewartet?», fragt Bronko. «Du hättest die relevanten Informationen einfach anfordern können. Als Geschäftsführer kannst du das doch alles verlangen.»
«Na ja», druckst Schamski herum. «Ich bin in diesen Sachen kein Fachmann. Eigentlich habe ich nur unterschrieben, weil ich dachte, ich würde Timothy und der Familie damit helfen. Ich wusste ja nicht …»
«Du kannst keine Bilanzen lesen», stellt Günther sachlich fest und hält nach einem Pastetenhäppchen Ausschau. Ich stutze. Meines Wissens ist Günther ebenfalls kein Wirtschaftsfachmann.
«Das sowieso nicht», winkt Schamski locker ab. «Deshalb hab ich ja Paul um Hilfe gebeten.»
«Der allerdings auch kein Diplom in Ökonomie hat», füge ich hinzu.
«Der aber immerhin ein Trickser ist», ergänzt Schamski.
«Danke für die Blumen, Guido.»
Bronko lässt die Weinflasche herumgehen und entkorkt nebenbei eine neue. «Man müsste also wissen, wie Timothy Geld vom Verlag abgezwackt hat», überlegt er laut. «Vorausgesetzt, er hat überhaupt Geld abgezwackt.»
«Davon kann man aber wohl ausgehen», wirft Schamski ein.
Ich nicke. «Und da kommst du ins Spiel», sage ich zu Günther. «Kannst du den Server im Verlag hacken? Wir brauchen sämtliche Rechnungen der vergangenen Monate. Und wenn es geht, auch alle Verträge, die im Zusammenhang mit der Liquidation gemacht worden sind.»
Günther verschränkt die Arme. «Prinzipiell schon. Ist nur die Frage, ob es nicht einfacher wäre, sich die Daten vor Ort zu besorgen.»
Ich sehe ihn an und weiß nicht, worauf er hinauswill. Schamski und Bronko scheint es ähnlich zu gehen.
«Da der Verlag dichtgemacht wird, gibt es da schon jetzt eine Menge Rechner, die ausgeschaltet und damit physisch vom Netz genommen worden sind», erklärt Günther. «An die komme ich nur ran, wenn ich vor Ort bin. Und wer weiß, ob nicht auf genau einem dieser Rechner die Informationen liegen, die wir brauchen.»
Das leuchtet ein. Unser aller Augen richten sich auf Schamski. Der überlegt und schüttelt dann langsam den Kopf. «Ich wüsste nicht, wie das gehen soll. Timothy ist krankhaft misstrauisch. Und im Moment sorgen Fremde im Verlag grundsätzlich für Aufregung. Jeder denkt dann, das Finanzamt oder irgendwelche
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