Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was wir Liebe nennen

Was wir Liebe nennen

Titel: Was wir Liebe nennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Lendle
Vom Netzwerk:
allmählich ans Herz, aber vielleicht war auch das nur eine Verwechslung. Die Sonne schien, es war wie in der Werbung. Wofür warben sie? Für ein Softgetränk? Fürs Leben? Noch ließ es sich nicht entscheiden, der S pot war längst nicht vorbei. Am liebsten hätte Lambert Werbung für Fe gemacht. Er war lange nicht mehr so überzeugt von etwas gewesen.
    Fe flüsterte, sie habe wieder Rückenschmerzen, und fragte, ob er etwas dagegen hätte, wenn sie sich wieder hinlegte. Was für ein Satz, eine Frage wie ein Angebot. Lambert nickte, er hatte nicht gewusst, dass sie es wegen ihres Rückens tat.
    Also legte Fe sich hin. Und wie sie sich hinlegte: Den Kopf auf dem abschüssigen Uferstück hinunter zum Wasser, den Unterleib aufwärtsgestreckt goss sie sich aus, dem Himmel entgegen oder ihm, der noch immer an dem P kauerte. Er stand auf und setzte sich neben ihren Kopf ans Wasser, um ihr nicht zu deutlich auf den Unterleib zu starren. Fe lächelte ihn an, aber weil sie falsch herum lag, sah es aus, als bögen ihre Mundwinkel sich herunter, abschätzig oder bekümmert, da konnte sie lächeln, soviel sie wollte, es wurde nur schlimmer davon. Auf einmal sah es aus, als wäre ihr Kinn eine breite, flache Nase, darunter der verzerrte Mund und darüber keine Augen. Insgesamt ein eher verstörender Eindruck. Lambert schloss die Augen und legte sich neben sie ins Gras.
    Er merkte jetzt doch, dass er nicht gefrühstückt hatte. Fe wühlte in ihrer Tasche, fand aber nur eine kleine Packung Suppennudeln. Lambert nahm sich eine Handvoll und knabberte schweigend, nach einer Weile bediente sich auch Fe. Zwischen zwei Bissen fragte sie:
    Â»Ob Gott Nudeln isst?«
    Â»Gott isst alles.«
    Â»Das passt zu ihm.«
    Fe hatte eine komische Art, die Hörnchennudeln zu essen, sie legte jede einzeln an die Schneidezähne und biss sie von der Seite auf. Dann nahm sie das übrig gebliebene Röhrchen und betrachtete es einen Moment, bevor sie auch dieses zerbiss. Neben ihrem Schlüsselbein war der hautfarbene Träger ihres BHs zu sehen. Und darunter ihre hautfarbene Haut.
    Â»Glaubst du an Gott?«, fragte Lambert, um an etwas anderes zu denken.
    Â»Eigentlich nicht.« Wieder ein Biss. »Aber er hört besser zu als Darwin.«
    Â»Das stimmt. Sind noch Nudeln da?«
    Â»Reichlich.« Fe schüttete ihm die Handfläche voll und sah ihm dabei ins Gesicht, sodass sie nicht merkte, als Lambert die Hand zurückzog. Einiges ging daneben und fiel ins Gras. Lambert bückte sich.
    Â»Heb sie nicht auf, die sind dreckig.«
    Â»Ihr mit eurer Hygiene. Na gut, wir lassen sie liegen. Holen sich die Enten.«
    Â»Enten gibt es hier nicht.«
    Â»Dann wandern sie eben allmählich in den Boden. Du wirst sehen, nächstes Jahr wächst hier ein Nudelbaum.«
    Â»Ja, wahrscheinlich.« Fe schaute hinauf in den Himmel. »Ich sehe mich schon in seinen Ästen turnen. Nächstes Jahr.«

21
    Am Ende ihrer Bucht bemerkten sie einen weißen Fleck am Wasser, und weil sie nichts anderes zu tun hatten, rieten sie, was es war.
    Â»Ein Eisbär.«
    Â»Ts.«
    Lambert sah sie an. »Schlag etwas Besseres vor.«
    Â»Ein blühender Kirschbaum.«
    Â»Ein Iglu.«
    Â»Ist dir kalt? Ich würde eher sagen: ein Sonnenschirm.«
    Â»Eine abgestürzte Wolke.«
    Â»Oder angeschwemmtes Verpackungsmaterial.«
    Â»Ein Schwan.«
    Â»Das wäre ein ziemlich großer.«
    Â»Du immer mit deiner Realität. Kannst du die Biologie nicht mal außen vor lassen? Dann ist es eben ein Urzeitmammutschwan. Nicht so lieb wie diese zahmen Anmutsdinger vom Baggersee. Der hier ist wild, fast noch ein Flugsaurier. Oder zumindest das dazugehörige Fossil. Beim Putzen seiner Schuppen friedlich versteinert.«
    Fe stand auf und zog Lambert hoch. Am Ufer liefen sie hinüber. Der Fleck erwies sich als ein an Land gezogenes Boot.
    Eigentlich wollten sie sich nur mal hineinsetzen. Im Heck fand Fe eine alte Tasse und machte sich daran, die Pfütze am Boden über Bord zu schippen. Lambert zog an der Schnur des Außenbordmotors, es rumpelte, fauchte und s pritzte tatsächlich, wie es sich für einen Flugsaurier gehörte, aber der Motor s prang nicht an. Fe blieb sitzen, als Lambert das Boot ins Wasser schob. Er wartete darauf, dass sie ihn stoppte. Er gab dem Boot einen letzten Schubs und winkte, und als Fe keine Anstalten machte,

Weitere Kostenlose Bücher