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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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selbst werden so gut wie nie nach ihrem Einverständnis gefragt, bevor sie mit Psychostimulantien behandelt werden — und schon gar nicht über die Problematik informiert.
    Eltern sollten sich unbedingt eingehend selbst informieren und auch Meinungen nachlesen, die dem vorherrschenden Trend widersprechen und wissenschaftlich andere Ursachen für die Verhaltensauffälligkeiten von Kindern belegen. Es gibt unzählige Veröffentlichungen über die Thematik, von denen die meisten selbstverständlich und kommentarlos voraussetzen, dass ADHS eine hirnorganische Krankheit ist. Von diesem Ansatz ausgehend beschreibt man in
den Veröffentlichungen dann verschiedene Behandlungsmethoden. Forschen Sie als Eltern genau nach, um reflektierte und fundierte Aussagen zu finden.
    Wie unser Schulsystem individuelles und nachhaltiges Lernen behindert
    Der Zwang zur ständigen Beurteilung und Bewertung verändert auch den Unterricht in vielerlei Hinsicht: Anstatt mit der Zeit zu lernen, wird gegen die Zeit gelernt — und auch unterrichtet. Der Schwerpunkt der Unterrichtsinhalte verlagert sich auf abfragbares Wissen, und der Lehrer wird zum Richter. Immer öfter treten Verhaltensauffälligkeiten und Disziplinprobleme auf. Die vertrauensvolle und wichtige Zusammenarbeit mit den Eltern wird untergraben. Der Zwang, sich gegen die Einwände der Eltern abzusichern, nötigt die Lehrer zur Gleichmacherei. Lernen findet im Gleichschritt statt.
    Die Vorgaben der Vorgesetzten, eine bestimmte Anzahl von Proben in jedem Fach zu schreiben, erfordert eine gute Planung. Auch der Lehrplan muss eingehalten werden, viel abzufragender Stoff in zu wenig Zeit. In der Praxis werden daher oft die Probentermine festgelegt und danach, welche Inhalte bis zur Probe vermittelt werden müssen, denn diese Inhalte gibt der Lehrplan verbindlich vor. Die Probe bestimmt damit nicht selten den Unterricht, statt einfach sinnvoll am Ende einer Lerneinheit zu stehen. Wichtig ist oft auch, genügend Stoff zu vermitteln, der gut abgefragt werden kann. Die Vorgaben fordern auch, dass jede Probe etwa das gleiche Anforderungsniveau hat. Denn wenn bis zur Probe nicht genügend abzufragender Stoff zusammenkommt, ist die eine Probe einfacher als die andere und die Beschwerden der Kinder und Eltern bezüglich einer unfairen Gewichtung sind vorprogrammiert.
    Theorie und Praxis — meilenweit voneinander entfernt
    Ich kann mich gut daran erinnern, wie ich in einer sechsten Klasse eine Doppelstunde PCB — Physik, Chemie, Biologie — unterrichten sollte. Es war eine sehr anstrengende und laute Klasse, wie es sie heute sehr häufig gibt, mit sechs verhaltensauffälligen Kindern. PCB war angesetzt in der fünften und sechsten Stunde nach der Pause, und bis die Kinder wieder auf ihren Plätzen saßen, waren bereits fünfzehn Minuten verstrichen.
Zudem sind Kinder nach vier Unterrichtseinheiten einfach schon recht erschöpft und nicht mehr sehr aufnahmebereit. Ich war froh, wenn ich neben dem ganzen Organisatorischen, wie dem Austeilen von Heften und Arbeitsblättern, sowie all den erforderlichen disziplinarischen Maßnahmen, eine halbe oder dreiviertel Stunde wirklich unterrichten konnte. Um noch genauer zu sein: Ich war froh, wenn es mir überhaupt gelang, eine solche Ruhe herzustellen, dass ich wenigstens den Stoff vorbringen konnte. Eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der die Kinder wirklich neugierig auf die Thematik sind, ich sie mit meiner Freude an der Sache anstecken, sie für die Inhalte begeistern konnte, gelang mir vielleicht ein oder zwei Mal. Zu wenig Zeit, um wirklich eine Beziehung aufzubauen, zu wenig Zeit, um Zusammenhänge deutlich zu machen.
    Ein Halbjahr hat etwa achtzehn Schulwochen, zwei bis drei Wochen vor dem Ende des Halbjahres ist Notenschluss, drei Mal fiel die PCB-Stunde wegen innerschulischer Angelegenheiten, Theateraufführungen oder Projekten aus — so blieben zwölf Unterrichtseinheiten. Drei Noten musste ich in diesem Zeitraum, nach strikter Anweisung der Rektorin, pro Kind vorweisen, also schrieb ich drei Proben, denn jedes Kind mündlich abzufragen oder gar für jeden eine praktische Prüfung durchzuführen, war zeitlich undenkbar, zudem für neunundzwanzig Kinder kaum zu organisieren. Blieben neun tatsächliche Unterrichtseinheiten, in denen der ganze Stoff für die Prüfungen durchgenommen werden musste. Nach drei Unterrichtseinheiten folgte also

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