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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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den Kindern bearbeitet, wobei ich auf der Folie direkt die vorgegebenen Lücken gefüllt hätte und die Kinder nur abgeschrieben hätten. Dagegen wehren konnte ich mich nicht, denn was ein Vorgesetzter aufschreibt, wird nicht angezweifelt, selbst wenn es, wie in diesem Fall, nicht stimmt. War mir ein Antrag auf Nebentätigkeit ein paar Jahre zuvor noch genehmigt worden, wurde er nun abgelehnt, mit dem „Argument”, ich würde meinen Dienstpflichten nicht nachkommen — ohne dass dies weiter begründet wurde. Von einigen anderen Lehrkräften kenne ich ähnliche Geschichten.
    Wie Lehrer kleingehalten werden
    Die Liste der Sanktionen gegen unbequeme Lehrer ist umfangreich : die Versetzung in andere Jahrgangsstufen oder Schulen, den gleichzeitigen Einsatz an mehreren Schulen, in schwierigen Klassen oder Klassen mit Elternproblematik, vermehrten Nachmittagsunterricht, Absagen bei Bewilligungsanfragen, eine ungünstige Dienstplanung mit viel Leerlauf zwischen den zu haltenden Unterrichtsstunden, die Einteilung in spezielle Arbeitsgruppen, „Einladungen“ zu Gesprächen mit höheren Dienstvorgesetzten, ja gar die Entsendung zur medizinischen Untersuchungsstelle, wo der Lehrer auf Diensttauglichkeit geprüft wird. All dies wird natürlich nur subjektiv als Strafe empfunden, offiziell aber rein aus organisatorischen Gründen oder gar aus der Fürsorgepflicht des Vorgesetzten heraus für den Lehrer zu seinem Wohl angeordnet. Rein rechtlich sind diese Maßnahmen alle abgedeckt, das wissen auch die Vorgesetzten.
    Darf ich Erzählungen anderer Lehrer Glauben schenken, wurde nicht nur mir von Vorgesetzten deutlich gedroht, ich hätte zu schweigen: „Sie werden sonst nur persönliche Nachteile
davon haben.“ Ich kann es nach all meinen Erfahrungen keinem Lehrer mehr verübeln, wenn er sich nicht mehr tatkräftig für das Wohl seiner Schüler einsetzt. Wissend, dass man niemals Unterstützung erhält, sind ab einem gewissen Punkt die Sanktionen einfach zu schmerzhaft. Hilfe darf man sich weder vom Schulamt noch vom Ministerium oder der Regierung erwarten. Möchte man ein Fehlverhalten anzeigen oder um Unterstützung bitten, muss der Dienstweg eingehalten werden. Das ist an sich schon absurd, weil die Remonstrationsbriefe — so heißen die Schreiben, mit denen man etwas anzeigt — dann ja eben als Erstes bei der Person vorliegen, über die man Beschwerde führen will oder bezüglich derer man die Anfrage stellt. Aber selbst wenn diese Briefe schließlich die eigentlichen Adressaten erreichen, wird man immer wieder an die unteren Stellen verwiesen und mit der Problematik alleingelassen.
    Im ganzen System gibt es keine unabhängige, aber dennoch einflussreiche Stelle, an die man sich wenden könnte. So darf es nicht verwundern, dass mir nachdrücklich abgeraten wurde, juristische Schritte einzuleiten oder mich an höhere Dienststellen zu wenden. Ich würde höchstens ein Formschreiben erhalten, aber inhaltlich nichts erreichen. Ich solle doch lieber mit den Schulräten abends mal ausgehen, dann würde ich meine Situation mit Sicherheit eher verbessern. Nein, darauf habe ich dann doch verzichtet.
    Was für Kinder wichtig ist, gerät in solchen Momenten noch weiter in den Hintergrund. Und wenn es nur ist, dass ein Kind die Brotzeit im Klassenzimmer vergessen hat oder auf die Toilette muss, aber die Schulleitung den Kindern jeden Zugang zum Schulhaus während der Pause verbietet. Lehrer befinden sich in einer ausgeprägten Machtlosigkeit. Sie haben Pflichten, aber kaum Rechte. Der Schulleiter ist laut Dienstordnung weisungsbefugt. So ist es manch einem Lehrer schlussendlich oft nur noch ein Bedürfnis, einfach in Ruhe gelassen zu werden. Der Beruf an sich ist fordernd genug, zudem braucht man pädagogischen Freiraum, um gut arbeiten zu können. Diesen Freiraum kann ein bürokratisch denkender Rektor aber blitzschnell zerstören. An einigen mir bekannten Schulen heißt es deshalb:
Einfach nur machen, was der Chef sagt, egal wie unsinnig oder kontraproduktiv die Anweisungen sind. Dabei wird in Kauf genommen, dass Kinder übergangen werden oder ihnen gar geschadet wird. Die Devise lautet leider oft: schweigen und dulden. Es übersteigt einfach die physischen und psychischen Kapazitäten eines Lehrers, sich auch damit noch auseinanderzusetzen. Zwar gibt es einen den einzelnen Schulen

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