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Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Was wir unseren Kindern in der Schule antun

Titel: Was wir unseren Kindern in der Schule antun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sanbine Czerny
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erweisen, wie der Elternwille beim Übertritt, der lediglich bei einem schlechten Abschneiden im Probeunterricht an einer einzigen Stelle greift, oder die Mittelschule, die im Prinzip nichts anderes ist als das Sicherstellen der Dreigliedrigkeit trotz des Aussterbens der Hauptschulen, aber zudem regional fatale Begleiterscheinungen hat. Was soll das ganze Lobgerede auf die individuelle Förderung von Kindern, obgleich das Schulsystem durch die für die Selektion unabdingbare Gleichzeitigkeit der Leistungsmessung und die dafür notwendige unangemessene Unterrichtsführung gerade diese verhindert?
    Will man uns Lehrer nicht wahrnehmen? Wieso wird nicht erkannt, dass die ganzen Forderungen — kleinere Klassen, weniger Unterricht, mehr Zeit und dergleichen — von Lehrern um der Kinder willen erhoben werden? Jeder Lehrer, der für sich kämpft, kämpft eigentlich um seine Kinder. Heutzutage kann man durchaus mit wenig Aufwand Lehrer sein, indem man allen vorzeigbaren Faktoren irgendwie genügt, diese Lehrer jammern nicht. Kaum ein engagierter Lehrer wird aber weniger arbeiten, nur weil die Bedingungen besser werden. Aber erst veränderte Bedingungen ermöglichen, dass die Energie, die der Lehrer in den Unterricht einbringt, nicht zu großen Teilen verpufft, sondern tatsächlich Wirkung zeigt. Zudem könnten Lehrer ihren Beruf dann wieder engagiert ausüben, ohne irgendwann gesundheitliche Probleme zu bekommen. Zumindest rein statistisch wurde dieses Problem ja bereinigt: Ging vor einigen Jahren nach Auskunft des Lehrerverbandes noch jeder Lehrer durchschnittlich elf Jahre vor Erreichen des Rentenalters gesundheitsbedingt in Frühpension, sind es jetzt nur noch knapp zwei Jahre. Hat man sich etwa um die Lehrergesundheit
bemüht und die vielfältigen, stets zunehmenden Belastungen des Lehrberufs adäquat vermindert? Nein. Man hat die finanziellen Einbußen, die ein vorzeitiger Ruhestand mit sich bringt, so drastisch erhöht, dass sich viele die Rücksicht auf ihre Erkrankung einfach nicht mehr leisten können. Die meisten retten sich nur durch die Möglichkeit der Altersteilzeit bis in den Ruhestand. Wer nun zu dem Schluss kommt, dann könne vorher ja alles nicht so schlimm gewesen sein, denkt zu kurz: Auf wessen Kosten geht es im Endeffekt, wenn ein Lehrer weiterhin in der Klasse steht, obgleich er körperlich und psychisch schon gar nicht mehr dazu in der Lage ist?
    Oder drückt sich Wertschätzung und der Wunsch, engagierte und kraftvolle Lehrer zu haben, darin aus, dass zahlreiche neu ausgebildete Lehrkräfte nur einen Angestelltenvertrag erhalten — der allerdings erst im September oder gar noch später geschlossen und im Juli über die Ferien wieder aufgekündigt wird? Werden sich diese Lehrer wirklich mit ganzem Herzen und ganzem Einsatz um ihre Kinder kümmern können? Werden sie von ihrem geringen Gehalt dann auch noch die ganzen Unterrichtsmaterialien kaufen, die zwar benötigt, aber nicht zur Verfügung gestellt werden? Und wenn ja — wie lange werden sie das tun, da sie doch sehr bald spüren, dass sie eigentlich nur ausgenutzt werden?
    Der Mangel an Hauptschullehrern veranlasste das Ministerium, die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Lehrkräften an anderen Schularten kurzerhand und unbemerkt zu ändern: Um die Lücken zu füllen, setzt man nun dort Grundschullehrkräfte ein, obgleich diesen die Ausbildung dafür fehlt. Nicht nur fachlich, sondern insbesondere auch pädagogisch, denn jede Altersstufe braucht ein anderes Lehrer-Gegenüber, eine andere Didaktik und Methodik. Diese Praxis verschleiert immerhin, dass einfach zu wenig Lehrer eingestellt werden, beziehungsweise auch, dass zu wenig getan wird, um den Lehrerberuf wieder zu einem erstrebenswerten Beruf zu machen. Üblicherweise erfährt man gerade noch rechtzeitig am letzten Ferientag vor Schuljahresbeginn von seinem Glück, teilweise völlig unbekannte Fächer in einer unbekannten Jahrgangsstufe
unterrichten zu dürfen. Weder gibt es eine spezielle Vergütung, noch Anrechnungsstunden für die besonders aufwendige Vorbereitung. Ein Kräfteverschleiß sondergleichen — aber dass die Gesundheit und Motivation der Lehrkräfte nicht wirklich im Blickfeld der Politik stehen, ist nichts Neues.
    Auch ich war mehrfach neben meiner Arbeit an der Grundschule noch in der Hauptschule eingesetzt. Obwohl ich den Unterricht in

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