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Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition)

Titel: Was wirklich zählt, ist das gelebte Leben: Die Kraft des Lebensrückblicks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verena Kast
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bleiben wir dann aber nicht nur bei den alten Themen, sondern wir fragen uns auch, wie sie die gegenwärtige Situation beeinflussen. Beim Träumer kommt die Frage auf, wie er denn diese Beziehung beschreiben will, vor allem aber auch, und das stellte sich nach und nach heraus, wie er sie selber für sich bewerten sollte. Diese Leidenschaft, die es zwischen ihnen gab, später aber doch auch das Abflauen der Leidenschaft, die leise Wehmut, dass solche Höhepunkte des Lebens nicht zu halten sind und dass es weiser ist, zu wissen, dass emotionale Höhepunkte verebben. Dann kann man das emotional ruhigere Leben in seinem Wert auch stehen lassen.
    Träume mit Verstorbenen können aber auch viel banaler sein.
     
    Eine Frau träumt: »Ich lache mit meinem Mann – wir lachen und können uns nicht mehr einkriegen vor lauter Lachen. Ich habe bereits Bauchweh. Da wird er plötzlich ernst und sagt: Ich stelle fest, du könntest noch lachen.«
    Zum einen holte diese Frau Erfahrungen in die Erinnerung zurück, in denen die beiden wirklich so sehr gelacht hatten, dass ihnen die Bäuche schmerzten: So kam ihr ihn Erinnerung, dass sie eigentlich ein heiterer Mensch war, auch wenn sie in den letzten Monaten nach ihrem Dafürhalten wenig gelacht hatte und auch nichts zu Lachen hatte. Zum anderen fühlte sie sich aber auch etwas getadelt von ihrem verstorbenen Mann: Seinen Ausspruch »Du könntest noch lachen« empfand sie als Hinweis dafür, dass sie ihre Heiterkeit mehr zulassen könnte und dass um einen verstorbenen Menschen zu trauern nicht bedeutet, dass man nicht mehr lachen darf.
     
    Im Erinnern – im emotionalen Erinnern – verarbeiten Menschen ihre Verluste. Und in den Erinnerungen bleiben die Verstorbenen ein wichtiger Aspekt des eigenen Lebens – sie gehören unwiderruflich dazu: Aber nicht in dem Sinne, dass man an der Vergangenheit kleben bleibt und ein Mausoleum aus seinen Erinnerungen macht, sondern so, dass man mit diesen Erinnerungen weiter das eigene Leben lebt und gerade durch diese Erinnerungen emotional weiß, was für den Fortgang des Lebens bis zum Tode wichtig ist und was zu verwirklichen noch ansteht. Die emotional getönten Erinnerungen geben uns Orientierung daraufhin, was für unser Leben gültig ist, welche Werthaltungen wir haben, aber auch, welchen Lebensstil wir in Zukunft pflegen wollen.
    Erinnern, Lebensrückblick im Zusammenhang mit Trauerarbeit, erzählt oder aufgeschrieben, hat eine therapeutische Wirkung und hilft, in einen Verlust einzuwilligen und ihn so zu verarbeiten, dass man nicht bloß als beraubter Mensch dasteht, sondern auch den Reichtum des gemeinsamen Lebens im Gefühl hat. Dankbarkeit für das Verlorene kann aufkommen, vielleicht sogar eine dankbare Freude, dass man etwas sehr Wertvolles erlebt hat, auch wenn man es jetzt nicht mehr hat und mit stiller Wehmut daran zurückdenkt.

Was Erinnerungen anregt
    Erzählen andere Menschen aus ihrem Leben, so erinnert man selber auch, trägt eigene Aspekte zu den Erzählungen bei. Eigentlich gibt es genug Abrufsituationen für eigene Erinnerungen. Dennoch haben wir oft das Bedürfnis, eine Anregung zur Erinnerung zu bekommen. Wie gelingt es, immer wieder aus einer neuen Perspektive unser Leben in die Erinnerung zurückzuholen? Natürlich kann man chronologisch vorgehen.
    Bei einem chronologischen Lebensrückblick besteht jedoch die Gefahr, dass wir die Geschichten erzählen, die wir schon immer erzählt haben, und dass andere Geschichten, die es genau so verdienen würden, erzählt zu werden, im Dunkeln bleiben. Eine andere Gefahr besteht darin, dass man wichtige Lebensdaten bloß aneinanderreiht, Geschehnisse aufzählt, ohne dass sie noch einmal ins Gefühl kommen – also ohne dass wir wirklich Geschichten erzählen. Versucht man, solche Informationen mit anderen zu teilen, weckt man damit kaum Interesse, sondern stößt eher auf eine gewisse Ermüdung, wenn nicht gar auf Langeweile. Überhaupt gilt es zu bedenken, dass unser Leben für uns selbst am interessantesten ist und andere Menschen sich nicht so sehr dafür interessieren werden. Das bedeutet auch, dass dieser Lebensrückblick in erster Linie für uns selbst ist und ein Bedürfnis erfüllt, dieses eine Leben, das man gehabt hat, noch einmal in verschiedenen Aspekten zu spüren, bevor man es denn verlassen muss.
    Anregungen dazu, Aspekte aus der eigenen Lebensgeschichte zu erinnern, sollten eher etwas ungewohnt formuliert sein. Ungewohnte Fragestellungen ermöglichen ungewöhnliche

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