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Wasdunkelbleibt

Wasdunkelbleibt

Titel: Wasdunkelbleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ihre Eltern nicht da waren. Sie hatten miteinander geschlafen. Seitdem träumte Bastian nachts von ihren Brüsten. Er kam nicht darüber hinweg, dass es etwas so Festes und gleichzeitig so Weiches geben konnte.
    Die Präser hatte er von Joss. Der hatte ihm eine Packung abgegeben. Eine angebrochene. Geizhals.
    Meistens aber redeten sie über Wikileaks, über Computer, die Informationskriege und das Internet. Sarah wusste eine Menge Dinge über Diktaturen. Sie hatte in einem Staat gelebt, der Freiheit schnell abstellen konnte, wenn es darauf ankam. Blogger und Homosexuelle saßen im Gefängnis. Weil sie ihre Meinung, ihre Sicht der Welt geschildert hatten. Bastian war mit solchen Dingen bisher nicht konfrontiert worden.
    Im Netz fühlte er sich auf vertrautem Terrain. Allerdings stimmte seit geraumer Zeit etwas nicht. Er hätte nicht sagen können, was genau ihm so ein dummes Gefühl bereitete. Er fühlte sich beobachtet. Das war es. Aber wenn er nachforschte, fand er keine Spuren. Als sei der andere immer dann, wenn er, Bastian, um die Ecke bog, um den nächsten Mauervorsprung geschlüpft.
     
     

13
    22.11.2010
     
    Auch ungeliebte Aufgaben musst du mit Hingabe erledigen. Dieser moralinsaure Spruch hatte Nero sein berufliches Leben lang begleitet. Zweifel schlichen sich sowieso ein. Sie infizierten Beziehungen, Jobs, Hobbys und Nachbarschaften. Man musste sich seiner anfänglichen Überzeugungen bewusst bleiben. Es war Montagmorgen. Nero lehnte am Kaffeeautomaten. Der Kaffee rann heiß und schwarz in den Becher.
    »Na? Hat nicht geklappt bei Woncka?« Ulf Kröger trat neben Nero, die 1-Euro-Münze in der Faust.
    »Nein.«
    »Scheiße.«
    »Allerdings!«
    »Wahrscheinlich steht er unter dem Pantoffel von ganz oben. Du weißt ja: Die stehen alle Kopf wegen Stuxnet.«
    Nero nahm behutsam den übervollen Becher und trank einen Schluck. Prompt verbrannte er sich die Lippen. Er war nicht besonders scharf auf eine längere Konversation mit Kröger, der neuerdings ein Goldkettchen um den Hals trug.
    »Glaubst du an den Superwurm?«, fragte Nero. Er hatte keinen Bock auf sein enges, kleines Büro. Auf Freiflug und seine Hinweise auf Krankheiten und andere Mühsale. Am Wochenende hatte er sich kaum erholt. Nachts hatte er wach gelegen, unfähig einzuschlafen, trotz der bleiernen Müdigkeit. Wenn er dann für wenige Stunden Schlaf gefunden hatte, schreckten ihn absurde Träume auf. Völlig zerschlagen war er heute Morgen aus dem Bett gekrochen.
    »Glauben?« Kröger warf seinen Euro in den Automaten und drückte auf ›Kaffee mit Kaffeeweißer‹. »Der Nachweis ist ja eindeutig erbracht. Den Wurm gibt es, und nach ihm wird es weitere geben. Die Frage ist, wie können wir Blockaden bauen, um Ungeziefer dieser Art ein für alle Mal abzuwehren?«
    »Ein für alle Mal?«, hakte Nero erstaunt nach. Sie waren immer einen Schritt hinter den Bösewichten. Selbst wenn sie noch so schnell, noch so erfolgreich arbeiteten – sie hinkten dem Cyberverbrechen hinterher.
    »Du weißt, was ich meine!« Ungeduldig trat Kröger von einem Bein aufs andere. »Wir sind fünf Leute in der Abteilung. Allein in München sitzen wahrscheinlich hundertmal so viele Hacker, die Spaß dran haben, uns einen Wurm reinzuwürgen.«
    »Ich habe mir angeschaut, wie viele Angriffe es in letzter Zeit auf unsere Webseiten gab, inklusive Intranet.«
    »Und?«
    »Nicht besonders viele. Zehn ernstzunehmende im letzten Monat. Die Kollegen aus den anderen Bundesländern verzeichnen viel häufigere Attacken.«
    Kröger zuckte die Achseln. »Ist auch eine Frage, was man als Attacke zählt. Jedes falsch eingegebene Passwort?«
    Nero leerte seinen Becher, drückte ihn zusammen und warf ihn in den Papierkorb. »Unerheblich. Warum ist Woncka gerade im Augenblick so darauf aus, unsere interne Cybersicherheit zu stärken?«
    »Er weiß einfach nicht, wo er Prioritäten setzen soll.« Kröger versuchte, tröstend zu klingen. »Außerdem hat er, glaub ich, Schiss vor einem abtrünnigen Insider.«
    »Was meinst du?«
    »Wikileaks hinterlässt Duftmarken.«
    Nero bekam Seitenstechen. Er bewegte sich nicht und bekam Seitenstechen! Panisch mahnte er sich, tief und ruhig zu atmen. Ein, aus. Ein, aus.
    »Irgendwann wird er schnallen, dass es drauf ankommt, möglichst viel über die heutige Hackerszene herauszufinden. Wenn das Innenministerium sein Plazet gibt, werden wir Ende des Jahres eine zweite Abteilung aufmachen. Halte durch. Vielleicht darfst du ab Januar schon forschen!«

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