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Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten

Titel: Wasser für die Elefanten - Gruen, S: Wasser für die Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gruen
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Vorderseite seines Hufs. Er glüht vor Hitze. Ich lege Daumen und
Zeigefinger hinten an seine Fessel. In der Arterie fühlt man den Puls hämmern.
    »Verdammt«, sage ich.
    »Was ist los?«, fragt Marlena.
    Ich richte mich auf und fasse nach Silver Stars Fuß. Er hält ihn
fest am Boden.
    »Komm schon, Junge«, sage ich und ziehe an seinem Huf.
    Schließlich hebt er ihn an. Die Sohle ist geschwollen, dunkel und
rot umrandet. Ich setze den Fuß sofort wieder ab.
    »Er hat Hufrehe«, sage ich.
    »Oh mein Gott!«, sagt Marlena und schlägt sich die Hand vor den
Mund.
    »Was?«, fragt August. »Was hat er?«
    »Hufrehe«, antworte ich. »Dabei ist das Gewebe zwischen der
Hufkapsel und dem Hufbein entzündet, und das Hufbein dreht sich nach unten und
drückt auf die Sohle.«
    »Bitte so, dass man es verstehen kann. Ist es schlimm?«
    Ich blicke zu Marlena, die sich noch immer die Hand vor den Mund
hält. »Ja.«
    »Bekommst du ihn wieder hin?«
    »Wir können ihn dick einpacken und dafür sorgen, dass er nicht
aufsteht. Nur Heu, kein Getreide. Und keine Arbeit.«
    »Aber bekommst du ihn wieder hin?«
    Ich zögere und werfe Marlena einen weiteren Blick zu.
»Wahrscheinlich nicht.«
    August betrachtet Silver Star misstrauisch, bläht die Wangen auf und
schnauft.
    »Nun, nun«, ertönt hinter uns eine unverkennbare Stimme. »Wenn das
mal nicht unser ureigenster Tierarzt ist!«
    Onkel Al, angetan mit einer schwarz-weiß karierten Hose und einer
blutroten Weste, kommt auf uns zu. In der Hand hält er einen Spazierstock mit
silbernem Knauf, den er bei jedem Schritt exaltiert vor und zurück schwingt.
Eine Handvoll Leute folgt ihm.
    »Na, was sagt der Medizinmann? Hast du das Pferd wieder auf
Vordermann gebracht?«, fragt er heiter und bleibt vor mir stehen.
    »Nicht ganz«, antworte ich.
    »Warum nicht?«
    »Offenbar hat er Hufrehe«, sagt August.
    »Er hat was?«, fragt Onkel Al.
    »Es sind seine Hufe.«
    Onkel Al beugt sich hinunter und nimmt Silver Stars Hufe in
Augenschein. »Ich finde, sie sehen ganz gut aus.«
    »Aber das sind sie nicht«, sage ich.
    Er dreht sich zu mir um. »Was sollen wir deiner Meinung nach mit ihm
machen?«
    »Ihm Stallruhe verordnen und weniger Getreide füttern. Viel mehr
können wir nicht tun.«
    »Stallruhe kommt nicht in Frage. Er ist das Têtenpferd bei der
Freiheitsdressur.«
    »Wenn das Pferd weiter arbeitet, dreht sich das Hufbein so weit, bis
es durch die Sohle bricht, und dann verlieren Sie ihn«, mache ich ihm klar.
    Onkel Al blinzelt mehrmals. Dann sieht er Marlena an.
    »Wie lange fällt er aus?«
    Ich zögere und wähle meine nächsten Worte sorgfältig. »Vielleicht
für immer.«
    » Gottverdammt! «, schreit er und rammt
seinen Stock in den Boden. »Wo soll ich mitten in der Saison ein anderes
Dressurpferd herbekommen?« Er dreht sich nach seinen Gefolgsleuten um.
    Sie zucken mit den Schultern, murmeln vor sich hin und weichen
seinem Blick aus.
    »Nutzlose Mistkerle. Warum behalte ich euch eigentlich? Okay, du …«
Er zeigt mit seinem Stock auf mich. »Du bist eingestellt. Bring das Pferd in
Ordnung. Neun Dollar die Woche. Du unterstehst August. Wenn du das Pferd
verlierst, fliegst du raus. Genauer gesagt, sobald es irgendwelchen Ärger gibt,
fliegst du raus.« Er stellt sich vor Marlena, tätschelt ihr die Schulter und
sagt freundlich: »Na, na, meine Liebe. Keine Angst. Jacob wird sich gut um ihn
kümmern. August, hol unserer Kleinen Frühstück, ja? Wir müssen los.«
    August dreht sich ruckartig um. »Wie meinst du das, wir müssen los?«
    »Wir bauen ab«, antwortet Onkel Al mit einer vagen Geste. »Wir
fahren weiter.«
    »Wovon zum Teufel redest du? Wir sind gerade erst angekommen. Wir
haben noch nicht mal ganz aufgebaut!«
    »Eine Planänderung, August. Eine Planänderung.«
    Onkel Al und sein Gefolge ziehen ab. August starrt ihnen mit offenem
Mund nach.
    Das Küchenzelt brummt vor Gerüchten.
    Vor den Kartoffelpuffern:
    »Carson Brothers hat vor ein paar Wochen zu wenig Wechselgeld
rausgegeben. Hat die ganze Gegend versaut.«
    »Ha«, prustet ein anderer. »Das übernehmen doch sonst wir.«
    Vor dem Rührei:
    »Die haben gehört, dass wir Schnaps dabeihaben. Jetzt gibt’s ’ne
Razzia.«
    »Die Razzia wird’s wohl geben«, antwortet jemand. »Aber wegen dem
Muschizelt, nicht wegen dem Schnaps.«
    Vor den Haferflocken:
    »Onkel Al hat letztes Jahr den Sheriff bei der Platzgebühr geleimt.
Die Bullen sagen, wir haben zwei Stunden, bevor sie uns wegjagen.«
    Ezra hängt

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