Wasser-Speier
verbliebenen re i nen Menschen zusammenzuführen und sich in eine völlig g e schützte Region zu begeben, damit die Art sich nicht länger au f spaltete. Dennoch blieb die Sorge über die andere Bedrohung, nämlich die Invasion aus Mundania; denn die Leute stellten fest, daß das Wasser im Norden sich langsam zurückzog. Mit der Zeit würde es wieder eine Landverbindung geben, und dann würden die brutalen Mundanier erneut ihre grausamen Überfälle beginnen, Xanth überrennen und die dort bereits ansässigen magischen Me n schen unterjochen. Andererseits wollten sie aber auch nicht jegliche Einwanderung verhindern, weil sie verzweifelt frisches, reines Blut brauchten, um damit zu ersetzen, was durch Kreuzungen verl o rengegangen war. Doch wie sollten sie dieses Problem des Zuviel und Zuwenig in den Griff bekommen?
Die Lösung sollte den Lauf der Geschichte Xanths nachhaltig beeinflussen. Sie entschieden, ein gemischtes Bollwerk aus Illusion und Verwirrung zu errichten, das Xanth von Mundania abschnitt, ausgehend von einer ganz besonderen Stadt in dem einzigen Lan d strich, in dem sich so etwas verwirklichen ließ: im Gebiet des Wahnsinns. Denn nur hier war die Magie intensiv genug, um di e ses geplante Bollwerk mit der erforderlichen Kraft zu versorgen. In dieser Gegend dürfte es nur wenige andere Arten geben, und überdies würden die Menschen dafür sorgen, daß ein Wasserspeier ihren Wasserzustrom reinigte. Sie würden die Stadt mit einer Ma u er umgeben, damit die törichten Jugendlichen nicht ohne weiteres hinauskamen, um Unheil zu stiften, und um gefährliche Lebew e sen von außen abzuhalten. Denn Gefahren gab es hier sehr wohl – schlimmere sogar als nur die tödlichen. Es war also eine äußerst mutige Entscheidung, die von der Menschengemeinde gefällt wu r de, die sich hier niederließ.
Und so entstand die größte und außergewöhnlichste Stadt in der ganzen Geschichte Xanths: Scharnier.
Das Bild verblaßte. »Aber wie wir sehen, seid ihr inzwischen müde und schläfrig«, meinte Hanna. »So ist es unsere Pflicht, dafür zu sorgen, daß ihr euch zurückziehen könnt. Wir werden diese Geschichte ein anderes Mal fortsetzen.«
Gary war es zufrieden. Zwar fand er die Geschichte durchaus faszinierend – vor allem jene Teile, wo es um Wasserspeier ging; andererseits brauchte er tatsächlich etwas Menschenschlaf und Zeit, um alles zu überdenken, bevor er bereit war, zu neuen Taten zu schreiten. Er bemerkte, daß es den anderen ähnlich zu ergehen schien.
Und so verließen sie in gemeinsamer Übereinstimmung den Speisesaal und begaben sich nach oben in ihre Gemächer. Überr a schung war bereits eingeschlafen; Mentia mußte sie hinauftragen.
Gary betrat seine Gemächer, und bevor er wußte, wie ihm g e schah, lag er auch schon eingeschlafen auf dem Bett. Er hatte es kaum bemerkt, wie Hanna ihm dorthin geholfen hatte. Sein menschlicher Körper hatte ein Verlangen nach Ruhe, wie sein wirklicher Körper es gar nicht kannte.
10
Schlüsselstein
Erfrischt wachte Gary am Morgen auf. Allerdings lag neben ihm jemand im Bett. Verwundert hob er die Bettdecke und stellte fest, daß es Hanna, die Handmagd war. Nicht nur, daß sie fest schlief, sie hatte wohl auch ihre Nachtkleider verloren. Gary war gar nicht auf den Gedanken gekommen, daß Hanna keinen Platz zum Schl a fen haben könnte; sonst hätte er ihr doch gern sein Bett überla s sen, wenn sie ihn nur darum gefragt hätte. Er war es gewöhnt, auf dem Boden zu schlafen – wenngleich der menschliche Körper etwas Polsterung brauchte, nach der sein natürlicher Körper e i gentlich nicht verlangte.
Vorsichtig stand Gary auf, um Hanna nicht zu wecken, und kümmerte sich um die verschiedenen Unbequemlichkeiten der Grundverfassung menschlichen Fleisches. Doch fragte er sich be i läufig, wie es überhaupt sein konnte, daß eine Illusion schlief. E i gentlich hätte sie sich doch in Nichts auflösen müssen, wenn sie nicht bei Bewußtsein war sofern sie überhaupt über irgendein ec h tes Bewußtsein verfügte. Und selbst wenn dem so wäre, weshalb schlief sie dann ausgerechnet in seinem Bett? Wenn sie Schlaf brauchte, mußte sie doch bestimmt ihre eigene Schlafstätte haben.
Plötzlich wurde ihm mit einem Anflug von Schuldgefühl klar, daß sie ihm wahrscheinlich ihr eigenes Zimmer zur Verfügung gestellt hatte. Deshalb hatte sie jetzt keinen Platz mehr für sich allein. Das erklärte übrigens auch, weshalb es hier drinnen so hübsch war. Er würde sie um
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