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Wasser zu Wein

Wasser zu Wein

Titel: Wasser zu Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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rot im Gesicht und wandte sich abrupt um. Lotte fühlte gerechte Empörung in sich aufsteigen. Das hatte man nun von seinem Zuspruch! Dabei war nicht er es, sondern Panitz, der immer wieder Salz in die alten Wunden streute. Kopfschüttelnd drehte er sich um und folgte den Gästen, die in den Saal strömten und sich ihre Plätze suchten.
    Schön, daß man ihn an Tisch Eins plaziert hatte. Noch war keiner seiner Tischgenossen da, weshalb er ungestört einen Blick auf die Platzkarten werfen konnte, die vor den anderen Tellern standen. Hannes Janz, aha. Der Kellermeister von Corves. Ehemals Kellermeister von Schepp, dem Weinpanscher. Nicht gerade die ganz feine Gesellschaft. Dana Müller-Dernau, die Winzerstochter. Tänzerin wollte sie werden, soviel er wußte. Na ja. August M. Panitz – gut, das mußte wohl sein. Aber Alain Chevaillier – bei allem Wohlwollen: War das wirklich nötig? Lottes schmale Nase zuckte.
    Und Susanne Eggers? Wer war das? Wahrscheinlich eine Blondine – schließlich war sie die Nachbarin von Panitz, und der hatte ein Faible für blonde Frauen. In diesem Punkt war er ausnahmsweise mal einer Meinung mit ihm. Dana Müller-Dernau, seine Nachbarin zur linken Hand, war schwarzhaarig und viel zu dünn, also überhaupt nicht sein Fall. Dennoch schob er ihr galant den gepolsterten Stuhl unter das schmale Gestell, als sie sich mit den anderen zu ihm gesellte. Wenigstens roch sie nicht. Dann setzte auch er sich.
    Der Platz ihm gegenüber war noch leer. Panitz würde einführende Worte sprechen zu Sinn und Zweck der Riesling-Gala und erst danach am Tisch auftauchen – um ihn immer wieder zu verlassen. Zwischen den Gängen gab er Erläuterungen ab zu den verschiedenen Weinen, die dazu serviert werden würden. Das würde Unruhe an den Tisch bringen. Und unterhaltsam war das Geschwätz des geschätzten Kollegen höchstens für Uneingeweihte. Mit solcherlei Belehrungen war zwar viel Geld zu verdienen – Weinproben und Degustationsmenüs waren beim gutverdienenden Mittelstand en vogue ; auch die Veranstaltung heute schien wieder ausverkauft zu sein. Aber sein Fall war das nicht. Höhere Prostitution hatte er das mal genannt – laut. Und in Anwesenheit von Panitz.
    »Sie – tanzen?« fragte er nach einer Weile seine Tischnachbarin, nicht ohne eine kleine Distanz zwischen die beiden Worte zu legen.
    »Erfaßt.« Dana Müller-Dernau strich sich die glatten Haare hinter die Ohren und sah ihn aus dunklen Augen an. »Und Sie – essen und trinken, nicht wahr?«
    Er legte den Kopf auf die Seite und lächelte beherrscht. »Stimmt.«
    Er wußte, was sie eigentlich sagen wollte. Er kannte die aus Ahnungslosigkeit geborene Arroganz der Laien, die glaubten, für seinen Beruf brauche man weder Entsagung noch Übung, sondern ausschließlich Genußsucht. Er nippte an dem Wasserglas, in Ermangelung der etwas besseren Gewässer, und spürte, wie ihm wieder die Wärme ins Gesicht stieg. Warum fühlte er sich in Gegenwart von Frauen wie dieser nur immer so entsetzlich hilflos? Gottlob wandte sie sich Hannes Janz zu – viel Glück damit. Der Mann war so unterhaltsam wie eine Steuererklärung.
    Die Blonde schräg gegenüber, diese Susanne Eggers, kam ihm bekannt vor. Alain Chevaillier redete mit ausladenden Gesten auf sie ein – ganz mediterraner Verführungskünstler. Lotte nahm noch einen Schluck aus dem Wasserglas. Er saß immer neben den falschen Frauen. Eifersüchtig? dachte er mit Verwunderung und zog die Nase kraus. Ach was. Alain würde keine Chance mehr haben, wenn erst Panitz aufgetaucht war mit seinem Zweizentnercharme … Er gähnte hinter vorgehaltener Hand und blickte zum elfenbeinfarbenen Flügel hinüber, dorthin, wo Panitz seine Weinkommentare abgeben würde. Elfenbeinfarben! Er hatte Sebastian Klar mehr als einmal gesagt, daß diese Farbe ein völliger Stilbruch war. Laß es uns hinter uns bringen, das salbungsvolle Geschwätz, dachte er. Dann zuckte er zusammen.
    Klar war hinter das Mikrofon getreten und hatte, um festzustellen, ob es auch eingeschaltet war, hineingepustet. Und ob es eingeschaltet war! Hatte es sich denn immer noch nicht herumgesprochen, daß dieses Manöver ungeschickt und unprofessionell war und an akustische Körperverletzung grenzte? Klar hielt das Mikrofon jetzt in der Hand und strahlte darüber hinweg ins Publikum. »Und alle freuen sich wieder einmal ganz besonders herzlich begrüßen zu dürfen«, murmelte seine Tischnachbarin Dana neben ihm. Er guckte mit hochgezogenen Augenbrauen

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