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Wasser zu Wein

Wasser zu Wein

Titel: Wasser zu Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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und vor allem nicht mitten im Leben.
    »Vielleicht hast du recht.« Panitz sah nicht aus, als ob er glaubte, was er sagte. »Aber für einen Moment dachte ich …«
    Er grüßte in die vorbeidefilierende Menge. Nicht alle waren ihm wohlgesonnen. »Also ich finde, unser Moderator hätte wenigstens ein paar Worte über diesen bedauerlichen Vorfall verlieren sollen«, nörgelte ein Gast. »Das war doch schließlich ein Kollege.«
    Panitz hob mit einem tiefen Seufzer die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Soll ich denen auch noch die Messe lesen?«
    »Was dachtest du?« fragte Paul.
    August sah ihn nicht an, sondern studierte die Fingernägel der linken Hand. »Irgend jemand hat mich im letzten November in den Gärkeller von Müller-Dernau eingeschlossen und die Ventilatoren ausgestellt. Und das mitten im Gärprozeß.«
    »Ein Versehen.« Wirklich? Paul wußte, wie leicht man in einem Gärkeller ersticken konnte.
    »Das dachte ich auch. Aber niemand stellt eine komplette Belüftungsanlage aus Versehen ab.«
    »Und was hat das mit dem Tod von Alain zu tun?«
    »Vor einer Woche hat man mir Spritzbrühe ins Auto geschüttet.«
    »Ein Streich!«
    »Die Suppe ist giftig, Paul. Das weißt du ganz genau.« Panitz guckte ihn immer noch nicht an. »Und Corves hat mir vorhin zugeflüstert: ›Du gehörst im Faß ersäuft‹.«
    Paul hätte fast gelacht. »Und deshalb glaubst du, dich hätte jemand umbringen wollen?«
    »Ja.«
    »Und wer …?« Er folgte Panitz’ Blickrichtung.
    Eine Gruppe von Winzern kam auf sie zu, die schon vorhin im Saal die Köpfe zusammengesteckt hatten. Corves ging vorneweg, Prior hatte die Hände in die Hosentasche gesteckt, Janz ging wie immer leicht gebeugt, wie es viele Männer tun, die ihre Körpergröße am liebsten verstecken würden. Alle, auch die fünf anderen Winzer, wirkten abweisend und verschlossen, wie Bullen, dachte Paul, die mit gesenktem Kopf auf ein Hindernis losgehen. Überhaupt fühlte er sich plötzlich an Klein-Roda erinnert: So sahen seine Nachbarn aus, genauso verstockt, wenn sie sich auf der Ortsbeiratssitzung über die Kosten für den Kanalanschluß gestritten hatten. Oder wenn sie ein schlechtes Gewissen plagte.
    Janz grüßte zu Paul hinüber und wäre sicher stehengeblieben, wenn er nicht mitten im Pulk gesteckt hätte. Alle anderen würdigten ihn und Panitz keines Blickes.
    »Du bist nicht sehr beliebt, August«, sagte Paul.
    »Nein.« Panitz straffte sich plötzlich – als ob er stolz darauf wäre.
    »Aber daß sie dich dafür gleich aus dem Wege räumen wollen …«
    »Glaub, was du willst.« Panitz sackte wieder zusammen. »Und jetzt leg die Ohren an – hier kommt Sebastian.« Paul sah ihn überrascht an. August klang, als ob er ihren alten Schulfreund für eine der biblischen Plagen hielt.
    Klars Haare standen zu Berge, und sein Schlips war verrutscht. »Das ist mein Ruin«, sagte er atemlos, als er bei ihnen angekommen war. »Ein bekannter Weinkritiker fällt tot um mitten in einer Riesling-Gala – ich kann mir die Schlagzeilen schon vorstellen.«
    »Beruhige dich, Sebastian«, sagte Paul und fügte mit Blick auf Panitz hinzu: »Für den Herzinfarkt von Chevaillier kannst du nichts.«
    »Natürlich nicht!« Klar hatte seine Hände vor der Brust zusammengelegt und schüttelte sie verzweifelt. »Aber das Medienecho! Die Journaille schreibt doch, was ihr einfällt! Und du« – der sonst so verbindliche Wirt hielt Panitz einen anklagenden Zeigefinger vor die Nase – »du lieferst ihnen den Klatsch und Tratsch auch noch frei Haus!«
    »Quatsch.« Panitz klang entnervt.
    »Ich kann es nicht mehr hören, dieses Gerede von all den alten Skandalen und Skandälchen! Den einen willst du den Deal mit der neuen Hotelanlage vermasseln! Und den anderen erzählst du, sie seien alle Panscher und Verbrecher! Du ruinierst den Ruf von Wingarten! Du ruinierst den Ruf der ›Traube‹! Du ruinierst mich !« Klars Stimme war immer höher geworden. Gleich bricht er in Tränen aus, dachte Paul.
    »Dir geht es doch gar nicht um den Wein, das hohe Kulturgut. Dir geht es doch nur um deinen privaten Rachefeldzug.«
    »Ach ja?« fragte Panitz gedehnt. Die beiden Männer sahen sich in die Augen. Klar war der erste, der die Augen senkte.
    Bremer verstand gar nichts mehr. Erst später fragte er sich, warum er für einen Moment geglaubt hatte, im Gesicht von Sebastian Schuldgefühle zu erkennen. Und im Gesicht von Panitz hilflose Trauer.
    »Da kommt Maximilian von der Lotte«, sagte er. Der

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