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Wasser zu Wein

Wasser zu Wein

Titel: Wasser zu Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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»Der Wein hat alle Vorzüge, die ein Rotwein haben kann.« Er ließ Müller-Dernaus Spätburgunder »Goldkapsel S« in seinem Glas kreisen. »Rauch und Würze des Herbstes, anziehende Korpulenz« – grinste die kleine Hexe etwa wieder? – »schwerer Samt bei Kerzenlicht«, deklamierte er. Das Mädchen konnte ruhig was lernen beim Trinken.
    »Lecker!« Susanne nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas.
    »Schwarzreife Brombeeren«, sagte Panitz. »Schmecken Sie das?« Bei Susannes Anblick dachte er allerdings eher an Himbeeren, an kleine, feste, rosa Himbeeren. Unter ihrer weißen Bluse zeichnete sich alles ab, alles. Und er würde wahnsinnig gern … Lachte sie ihn etwa schon wieder aus? Als er hochsah, hatte sie keusch die Nase in ihr Glas gesteckt.
    Er riß sich von ihrem Anblick los und nickte zu Walter Prior hinüber, der so gelöst guckte wie lange nicht mehr. Auch er hatte im letzten Jahr eine grandiose Qualität geerntet. Das machte einen Winzer entspannt. Neben ihm stand Müller-Dernaus Tochter Dana, schlank und schön wie immer (zu schlank, dachte Panitz), und unterhielt sich mit Elisabeth Klar. Er reckte den Kopf und suchte im Gewimmel nach Sebastian. Natürlich tat der Kerl ihm leid. Auf die Dauer waren Tote eine negative Publicity. Für die große Pfingstgala morgen hatte es wieder Absagen gegeben, hatte er ihm vorhin geklagt – nicht ohne vorwurfsvolle Blicke und Untertöne.
    Panitz zuckte die Schulter und machte »Phht«. Er sagte nur die Wahrheit. Sonst nichts. Wenn jemand falsche Schlüsse daraus ziehen wollte – bitte schön. Aber er bestand darauf, daß alle, alle wußten, daß die Existenz vieler Wingartener (sehr vieler!) auf einer Vergangenheit baute, die vom Verbrechen gezeichnet war.
    »Sie sollen nicht vergessen!« Das mußte er laut gesagt haben, denn Susanne guckte ihn ganz erschrocken an.
    Da war er ja, der gute Sebastian. Nickte und lächelte in alle Himmelsrichtungen. Ließ sich von Müller-Dernau das Glas füllen. Erstaunlich. Er konnte sich nicht daran erinnern, seinen alten Freund schon mal tagsüber trinken gesehen zu haben. Andererseits: Der Mann hatte wirklich Probleme. Man spürte förmlich die Spannung, unter der Elisabeth stand. Panitz sah sich nach ihr um. Sie hatte sehr blaß ausgesehen vorhin. Kein Vergleich mit der Frau, die sie einmal gewesen war. Aber wir sind alle nicht mehr, was wir mal waren, dachte er. Vorher. Vor Pfingstsonntag letztes Jahr.
    Susanne hatte ihr Glas geleert. Der Wechsel von »Lüttje Lage« zu »Ersten Lagen« schien ihr problemlos gelungen zu sein. Er nahm ihr das Glas aus der Hand und ließ ihr einen Stechheber »Selection« hineinfüllen. »Na?« fragte er, als sie, mittlerweile richtig geübt, den Wein im Glas hatte kreisen lassen und eine erste Nase nahm.
    »Hmmm«, sagte Susanne.
    »Riechen Sie das?« fragte Panitz nach. »Schmecken Sie das? Würzige Aromen, festes Rückgrat?«
    »Hmmm!« Susanne blinzelte ihn an. Spöttisch? Vielleicht. Egal. Sie war lernfähig. Dessen war er sich sicher.
    Christoph Corves schob sich durch die Menge. Erstaunt sah Panitz, daß der Winzer in seine Richtung drängte. Er nickte ihm steif zu, als der Mann endlich vor ihm stand, rot im Gesicht und ein bißchen außer Atem.
    »August«, sagte Corves ohne Präliminarien. Panitz neigte noch einmal steif den Kopf. »Ich finde, das muß aufhören.«
    »Ach ja?« Er hob die Augenbrauen.
    »Du schadest unserem Ruf. Du willst unseren Ruin.«
    »Ach – ja?« Er straffte das Rückgrat.
    »Die alten Skandale sind verjährt. Deine üble Nachrede ist durch und durch unhaltbar.«
    Panitz sagte gar nichts und sah den Winzer aus schmalen Augen an. Er merkte, daß Susanne ihnen zuguckte.
    »Du trägst deine Privatfehde auf unserem Rücken aus.«
    »Privatfehde? Du meinst, mein Interesse an ehrlicher, guter Qualität beim Wein ist meine Privatangelegenheit?«
    Corves senkte den Blick. »Du weißt genau, was ich meine, August«, sagte der Winzer. »Du bist besessen. Und du ziehst alle mit in den Untergang.«
    »Ach?«
    »Und mit deiner Kampagne gegen das Projekt Titusborn …«
    »Sprich nur weiter, Christoph.«
    Jetzt endlich sah ihm Corves ins Gesicht. »Verdammt nochmal!« sagte er leise. »Ist dir denn gar nicht klar, daß du nicht nur deine Feinde, sondern auch deine Freunde ins Unglück stürzt? Weißt du denn nicht, wer der Hauptnutznießer des Verkaufs von Rebland wäre? Weißt du denn nicht, daß ihm das Wasser bis zum Halse steht? Und daß Titusborn seine letzte Chance

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