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Wasser

Wasser

Titel: Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Tvedt
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Adrians erweitert, und im Jahr 1453 taufte Papst Nikolaus V. das Bauwerk auf den Namen Acqua Vergine.
    Je weiter ich mich nach unten begebe, desto deutlicher höre ich das schwache, aber unmissverständliche Geräusch des fließenden
acqua vita
. In der kühlen Dunkelheit taste ich mich weiter, entlang des Jungfrauenkanals, tief unter den warmen, geschäftigen Straßen Roms, und mir wird deutlich, dass ich mich hier an etwas vorbeibewege, das vielleicht mehr als alles andere die Grundlage für die Pracht und Herrlichkeit der kaiserlichen Hauptstadt bildete – denn es waren nicht die religiösen Bauten oder die Brot-und-Spiele-Veranstaltungen in den Arenen Roms, die die Größe der Stadt ermöglichten, sondern das Wasser unter ihren Straßen. Das Rom der Kaiserzeit ist bekannt für Pantheon und Kolosseum, der Jungfrauenkanal aber ist mindestens so sehr der Vergessenheit anheimgefallen, wie er versteckt liegt. 587 Kilometer Aquädukte beförderten das Wasser aus den in den Bergen außerhalb Roms gelegenen Quellen durch die Campagna hindurch bis ins Zentrum der kaiserlichen Hauptstadt. Reist man mit dem Flugzeug oder Zug nach Rom, kann man noch immer Reste der fast zwanzig Meter hohen Steinbrücken mit ihren Bogenöffnungen erkennen, und es lässt sich gut vorstellen, wie diese die gemauerten, geschlossenen Wasserkanäle trugen. An einigen Stellen lagen sogar zwei oder drei Kanäle übereinander. Was jedoch wirklich zählte, waren die unterirdischen Aquädukte. Fast neunzig Prozent des Wassers wurde über Anlagen wie den Jungfrauenkanal in die Stadt geführt. Obwohl Rom an den Ufern des Tibers gegründet wurde, dessen Wasser sowohl für heilig als auch für besonders gut gehalten wurde (die Päpste trugen auf ihren Reisen im Ausland stets Flaschen mit Wasser aus dem Fluss bei sich), hätte sich die Stadt auf den sieben Hügeln niemals ohne künstliche Zufuhr von Unmengen an Wasser entwickeln oder den gewaltigen Bevölkerungszuwachs um das Jahr der Geburt Christi bewältigen können.
    »Mit diesen so vielen und so notwendigen Wasserleitungen kannst Du natürlich die überflüssigen Pyramiden oder die übrigen nutzlosen, weithin gerühmten Werke der Griechen vergleichen«, 17 schreibt Sextus Iulius Frontinus, der die römische Wasserversorgung bis zu seinem Tod im Jahr 104 beaufsichtigte, in seinem brillanten Werk »Wasserversorgung im antiken Rom«, in dem er auch das Verteilungssystem und die geltende Rechtslage lebendig schildert. Der Bau der elf Aquädukte dauerte insgesamt 538 Jahre. In seiner Blütezeit spendete das System rund eine Million Kubikmeter Wasser pro Tag oder 1000 Liter für jeden Bewohner, ein Vielfaches dessen, was heutige Großstädte bieten können. In der Kaiserzeit war die Stadt ein Zentrum der säkulären Verehrung des Wassers. Die Bäder, so heißt es, waren die Tempel der Römer. Die Aquädukte versorgten darüber hinaus 1212 Brunnen und Fontänen mit Wasser. Schon der Geograf Pausanias, der um 150 v. Chr. durch Griechenland reiste, erklärte, dass kein Ort als Stadt bezeichnet werden könne, der nicht mindestens über einen den Göttern oder einem Helden geweihten schmuckvollen Springbrunnen verfüge. Wohin auch immer ein Reisender fuhr, so schrieb er, konnte er schon damals auf derartige Fontänen stoßen. Und mehr als jedes andere urbane Ballungszentrum stand Rom für diese Tradition.
    Fontänen gehören zu den ausdrucksstärksten und am häufigsten verwendeten Symbolen – nicht nur für den kulturellen Triumph der Urbanisierung, sondern auch als Beweis für die Macht des jeweiligen Herrschers. Springbrunnen und Fontänen beinhalten so vielfältige Konnotationen, dass sich weder für ihre Standorte noch für ihre Ausformungen einfache soziale oder psychologische Erklärungen finden lassen. Gleichwohl haben sie alle etwas gemeinsam: Sie drücken sowohl eine Verehrung der freien Eigenschaften des Wassers als auch die Zähmung dieser Naturkraft durch den Menschen aus. Sie können sogar als gesellschaftliches Symbol der Idee gedeutet werden, dass der Mensch nicht länger als ein den Launen der Natur unterjochter Sklave betrachtet werden muss. Und da sie auf der anderen Seite als bewegliche Skulpturen erscheinen, die dievisuelle und musikalische Seite des Wassers ausnutzen, verleihen sie einer Stadt auch Leben und erinnern gleichzeitig an ihren natürlichen Ursprung.
    Der Vierströmebrunnen auf der Piazza Navona, im 17. Jahrhundert von Gian Lorenzo Bernini erschaffen, ist ein Muss für jeden,

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