Wassergeld
Beweise. Die Fahndung nach ihm läuft ja bereits. Ob Borgia beim Ermittlungsrichter mit diesen Indizien einen Haftantrag durchbringt, steht auf einem anderen Blatt.«
»Was willst du noch für Beweise? Nur die drei Herren waren an Bord der Walburga. Und es dürfte doch unzweifelhaft feststehen, dass dieser Frachter die Kiste mit dem Magneten abgeschleppt hat. Ben Kocinsky ist tot, bleiben nur noch der Matrose und unser eingeheirateter Adliger.«
»Gerhard, du kommst mir vor wie jemand, der einen Krimi liest und dabei versucht, den Mörder zu erraten, bevor ihm der Kommissar auf die Spur kommt. Das klappt nur in den seltensten Fällen, glaub mir, Polizeibeamte sind fast immer schlauer. Es steht mitnichten fest, dass die drei Verdächtigen an dem fraglichen Abend auf dem Frachter waren. Wir wissen nur, dass sie es normalerweise sind. Das ist ein großer Unterschied. Und selbst wenn sie es waren, vielleicht sind sie von den Erpressern dafür bezahlt worden, die Kiste zu bergen, ohne bei der Sprengung selbst involviert gewesen zu sein.«
»Dann sitzen sie trotzdem mit denen in einem Boot!«
»Klar, da gebe ich dir recht. Aber die Erpresser müssten wir in diesem Fall woanders suchen.«
Gerhard verdrehte die Augen. »Du machst mir richtig Mut«, meinte er ironisch, dann kam ihm ein Gedankenblitz. »Denkst du, dass wir noch eine Weile brauchen, um die Gauner zu schnappen? Vielleicht sogar bis nach Weihnachten?«
Ich verstand. »Du willst dich nur der Familie deiner Katharina verweigern, stimmt’s? Hat deine Freundin denn schon vom eigenen Kinderwunsch gesprochen?«
Gerhard schaute betreten drein und schwieg.
»Wo ist eigentlich unsere Witwe?«
Wir fanden sie in der Küche, wo sie die Hängeschränke abwischte.
»Ich hoffe, Sie vernichten kein Beweismaterial«, sprach ich sie an.
Sie ließ den Lappen fallen und stierte mich hilflos an, dabei zitterten beide Hände. »Ich will nur ein bisschen sauber machen. Schauen Sie doch selbst, wie fettig die Schränke sind.«
»Ist ja schon gut, Frau Buchner. Bitte berühren Sie keine weiteren Dinge mehr in diesem Haus.«
»Ich rufe bei Jutta an und lasse die Verstärkung antanzen«, meinte Gerhard und zückte sein Mobiltelefon. Im Gegensatz zu mir konnte er sich von dem kleinen elektronischen Gerät so gut wie nie trennen. Vor ein paar Monaten meinte er zu mir, dass er sein Handy sogar als Wecker benutzen würde. Doch ich war mir sicher, dass er da ausnahmsweise einmal etwas zu dick aufgetragen hatte.
Nachdem mein Kollege seine Bitte durchgegeben hatte, änderte er von einem Moment auf den anderen seinen Gesichtsausdruck. Ungläubig starrte er Löcher in die Luft, während er gebannt Jutta zuhörte.
»Wie bitte?«, waren nach einer knappen Minute seine nächsten Worte. »Kannst du das wiederholen?« Und wenige Sekunden später: »Ja, ja, ich hab’s verstanden. Ich bin nur ziemlich baff. Damit hätte ich nicht gerechnet – ja, ich weiß, du auch nicht. Ich geb’s gleich an Reiner weiter. Bis nachher.« Gerhard steckte sein Lieblingsspielzeug ein. »Die Kollegen sind bereits unterwegs.«
»Wieso denn das?«
»Gefahr im Verzug, Reiner. Es ist ein neuer Erpresserbrief eingegangen. Sie scheinen die Zeitungen in der Kiste nicht lustig gefunden zu haben. Als kleinen Denkzettel haben sie für heute Abend eine erneute Sprengung angekündigt. Dieses Mal würden sie keine Rücksicht auf Menschenleben nehmen.«
Frau Buchner stand nach wie vor neben uns und wurde zunehmend blasser, was mir im Moment egal war.
»Das darf nicht wahr sein! Was hat Jutta noch gesagt? Komm, wir fahren am besten gleich zurück.«
»Langsam, junger Mann. Die Krisensitzung wird erst in zwei Stunden im Büro von KPD stattfinden, da noch einiges vorbereitet werden muss. Bis dahin wird vom Landeskriminalamt der Erpresserbrief auf Echtheit überprüft sein, auch wenn es keine wirklichen Zweifel gibt. Eine Delegation der Wasserschutzpolizei wird ebenfalls dazustoßen. Um bis zur Sitzung möglichst weitere Erkenntnisse zu erlangen, hat Jutta zwei Spezialistenteams nach Speyer zur Wohnung des Matrosen und hierher zu uns geschickt. Die sollen jeden Moment hier sein.«
»Wenn sie den Weg finden«, ergänzte ich.
»Die Kollegen haben alle ein Navi«, antwortete Gerhard trocken. »Im Gegensatz zu dir sind übrigens alle anderen davon überzeugt, dass unser adliger Steuermann und der Matrose die gesuchten Erpresser sind.«
»Dann hoffe ich, dass dies der Richter genauso sieht. Doch zunächst müssen wir die
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