Wassergeld
unterbrach ihn seine Frau. »Er war so schlau, das muss einfach belohnt werden. Sterben kann er dann immer noch.«
»Wie du meinst«, sagte Ben, ohne die Waffe zu senken. »Mach aber schnell.«
»Sie waren echt gut, Herr Palzki«, begann Johanna. »Nur in einem Punkt haben Sie sich geirrt. Ich habe niemals geplant, mein Immobilienunternehmen in die Insolvenz gehen zu lassen. Wenn der Campingplatz und die anderen Grundstücke in meinem Eigentum sind, werden sie es auch bleiben. Der Vertrag ist so gestrickt, dass die Kreisverwaltung nichts dagegen machen kann. Und außerdem müsste sie selbst zugeben, die Campingplätze in betrügerischer Absicht auflösen zu wollen.«
»Das habe ich längst vermutet, Frau Kocinsky. Doch was wollen Sie mit dem ganzen Land? Sie haben in den letzten Monaten Dutzende Grundstücke aufgekauft.«
»Und was für welche! Immobilien in bester Lage direkt am Rhein und Altrhein. Auf diesen Grundstücken wird Europas größter Wellnesstempel entstehen, Herr Palzki. Direkt am Rhein gelegen, mit der besten Aussicht. Es wird alles Erdenkliche vorhanden sein, im Endausbau wird es eine kleine Stadt sein. Jeder, der das nötige Kleingeld hat, kann sich dort verwöhnen lassen. Luxus pur, das ist heutzutage angesagt. Die Gäste werden aus der ganzen Welt kommen, sogar ein Hubschrauberlandeplatz und eine eigene Klinik wird dabei sein.«
»Größenwahn«, unterbrach ich sie. »Das kommt mir alles irgendwie bekannt vor. War da nicht etwas mit dem Nürburgring in der Eifel?«
»Pah! Vergessen Sie das! Das sind Peanuts gegen mein Projekt.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist doch Wahnsinn! Nie und nimmer wird das funktionieren. Allein die Kosten, wo wollen Sie das viele Geld hernehmen?«
»Sie bringen es auf den Punkt, Herr Palzki. Ich habe zwar ein paar zahlungskräftige Investoren in der Hinterhand, aber ein paar Millionen fehlen noch.«
»So ist das also. Ihre Erpressungsgeschichte diente nur dazu, Ihr Projekt in trockene Tücher zu bekommen.«
»Jetzt ist aber genug«, mischte sich Ben Kocinsky ein. »Palzki hat genug erfahren, die Zeit drängt, Johanna!«
Hieronymus Windler war nahe dran zu kollabieren, als Ben mit einem Grinsen die Waffe auf uns richtete.
»Leben Sie wohl, meine Herren«, sagte Ben Kocinsky.
Was in den nächsten Sekunden passierte, war fast unbeschreiblich. Wie von Geisterhand flog die Waffe aus seiner Hand senkrecht nach oben und knallte etwa vier Meter höher an eine horizontale Metallplatte, die in der Luft zu schweben schien. Entgegen den Gesetzen der Schwerkraft blieb sie an der Metallplatte kleben. Während Ben und Johanna Kocinsky erschrocken nach oben stierten, fiel ein übergroßes Tarnnetz auf die beiden herab. Zur gleichen Zeit hatte ich Hieronymus Windler zur Seite gezerrt, damit er nicht auch in die Falle geriet. Wie mich Jacques vorher aufklärte, war die Unterseite des Netzes mit einem starken und schnell härtenden Industriekleber versehen. Die magnetische Metallplatte war von ihm in den letzten Minuten unhörbar leise aus großer Höhe heruntergelassen worden.
Windler lag fassungslos auf dem Boden, als Jacques und Dietmar Becker die Treppe herunterkamen. Ich stand neben dem Netz, unter dem die Kocinskys herumzappelten. Von einer Sekunde auf die andere bekam ich einen Geruch in die Nase, der alles bisher da Gewesene in den Schatten stellte.
»Das hat prima geklappt, Jacques. Ihr habt keine Sekunde zu früh losgeschlagen. Aber warum stinkt der Kleber so stark? Das riecht, als hätten sämtliche Allgäuer Kühe gleichzeitig unter dieses Netz geschissen. Wir sollten die zwei befreien, bevor sie uns an dem Geruch eingehen.«
Jacques schaute peinlich berührt zur Seite und murmelte: »Das ist nicht der Kleber, das sind die Nebenwirkungen.«
Ich verstand. Jetzt wurde mir auch klar, warum Dietmar Becker eine Gasmaske trug. Für Jacques und sein neues Sodbrennenmedikament würde ich ganz bestimmt kein Betatester sein wollen.
Während ich zu atmen versuchte, ohne mich dabei zu übergeben, kamen mehrere Beamte angerannt. Auch Dr. Metzger befand sich unter ihnen. Nur zwei hartnäckige Polizisten und der Notarzt gelangten bis zu dem Tarnnetz. Der Rest rannte schneller wieder nach draußen, als er hereingekommen war. Ich schnappte den mitgenommenen Hieronymus Windler unter den Armen und zog ihn an die frische Luft. Fast wären wir dabei mit Jutta und Gerhard zusammengestoßen. Geistesgegenwärtig halfen sie mir, Windler ins Freie zu bringen. Vor dem Wasserturm hatte
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