Wasserläufer (Aqua Stellata) (German Edition)

erreichten, den kleinen Beobachtungsoktaeder, auf dem Cassini stationiert war. Dann hatte Cassini erkannt, dass er es nicht mit einem lästigen Schwätzer zu tun hatte und taute merklich auf. Er stellte Lace die beiden untergeordneten Techniker vor, die mit ihm eingesetzt waren, und brachte ihn dann in die Beobachtungskuppel.
    „Commander Strudd hat meine Bedenken ausgeräumt“, sagte er. „Sie hat mich daran erinnert, dass ich außerhalb meiner Dienstzeiten ja auch Beobachtungen mache und machen darf. Solange ich die Geräte nicht so umstelle, dass sie ihre routinemäßige Durchmusterung der Himmelsabschnitte nicht durchführen können, ist es mir durchaus erlaubt, sie zu benutzen. Und sie schlug vor, die notwendigen Berechnungen in R-Urlaubszeit vorzunehmen. Die dabei entstehenden Daten sind meine private Sache und ich kann sie weitergeben, an wen ich will.“
    „Antoia ist sehr effizient “, sagte Lace lächelnd.
    „Oh, ja “, erwiderte Cassini. „Commander Strudd ist eine hervorragende Vorgesetzte! Eine ganz feine Person!“
    „Aber sie hat Sie strafversetzen lassen!“
    „Glücklicherweise. Ich bin ihr immens dankbar.“  Cassini wies in einer ausladenden Geste auf seine bizarren Geräte. „Nur so bin ich zu meinem kleinen Reich gekommen. Nur so konnte ich mich den Dingen widmen, die mich wirklich berühren: Kometen, Meteoriten und Herumtreiber.“
    „Was sind Herumtreiber?“, fragte Lace.
    „Größere Himmelskörper, die irgendwann aus ihrem heimatlichen Verband gelöst wurden und nun alleine durch den Raum wandern. Einige von ihnen sind recht große Planeten. Sie ziehen durch die Dunkelheit des Weltraums und sind fast nicht zu entdecken, da sie selbst ja kein Licht abstrahlen. Wenn sie in die Nähe eines Sonnensystems kommen und von der Schwerkraft erfasst werden, können sie furchtbare Katastrophen auslösen. Deswegen hält man nach ihnen Ausschau.“
    „Und ist das Risiko hoch?“
    Cassini kicherte.
    „Wie man‘ s nimmt. Aus Sicht des Laien ist es wohl eher eine Jagd nach einem düsteren Phantom, von dem man nicht weiß, ob es überhaupt existiert.“
    „Dann geht es Ihnen genau wie mir. Ich suche auch nach etwas, das mir manchmal wie ein Phantom vorkommt.“
    „Es geht nichts über den Zauber der Jagd!“ Cassini sah mit Stolz und sichtlicher Liebe zu seinem Phasen-Spektromaten, dessen Anzeigen in leuchtendem Himmelblau blinkten. „Oh, wir sind doch nie wirklich weit von unseren Wurzeln entfernt! Und die Jagd adelt den Mann! Laues Bauernblut und armselige Krämergene bringen lauwarme Geschöpfe hervor, die trotz aller Raumfahrt das Gesicht immer dem Boden zuwenden oder virtuelle Werte auf ebenso virtuellen Konten hätscheln!“
    Lace lachte.
    „Was halten Sie von Musikern?“
    Cassini blinzelte.
    „Musik und Jagd hingen früher eng miteinander zusammen. Der Klang der Trommel begleitete die Erzählungen der erfolgreichen Jäger und mit Gesang und Rasseln brachten sie sich für neue Abendteuer in Stimmung.“
    „Ich bedauere es wirklich, Ihnen kein klein es Jagdlied spielen zu können“, sagte Lace und sah auf seinen Armstumpf.
    „Damals “, sagte Cassini und betonte das erste Wort, „galt ein verletzter Jäger oder Musiker nicht als weniger wert. Die anderen profitierten von seiner Erfahrung und seinem Wissen und er genoss hohe Achtung.“
    „Damals “, sagte Lace.
    Er ließ sich von Cassini die zahllosen Schätze zeigen, die der Oktaeder bot. Er verstand nur wenig von der Technik, die das alles möglich machte, aber Cassini vermochte es, die Einsatzmöglichkeiten seiner wundersamen Geräte anschaulich zu machen. Er wedelte mit Ausdrucken, ließ farbige Kurven über die weißen Wände wandern und wies die Zacken auf den Aufzeichnungen mit einer Miene vor, die einem Goldprospektor gut angestanden hätte, der einen neu entdeckten Claim vorführt. Nach zwei Stunden besann er sich auf die Bedürfnisse seines Gastes und kochte Tee.
    „Ja, ja “, sagte er. „Hier oben habe ich wenig Opfer, die ich mit meinen kleinen Steckenpferden langweilen kann. Und ich vergesse leicht, weshalb die Leute gekommen sind. Dabei habe ich die Sache selbst angestoßen. Ich habe Niklas gesagt, er soll Commander Strudd informieren und er hat es tatsächlich gemacht. Ich hatte erst Bedenken. Niklas ist nicht der Aufgeweckteste und gab sich zögerlich. Er meinte, er könnte Commander Strudd doch nicht so einfach belästigen. Ich musste ihn ordentlich drängen und irgendwann begann er sich plötzlich mit