Wasserläufer (Aqua Stellata) (German Edition)
hatte.
„Man kann ja nicht behaupten, Sie hätten nur Feinde“, sagte er. „Allerhand Leute bemühen sich um Sie. Man reißt sich geradezu darum, Ihnen eine Kaution stellen zu dürfen. Universitätsprofessoren gehören genauso zu Ihren Besuchern wie junge Studentinnen. Alle scheinen zu glauben, Sie hätten bei uns gefroren und zu wenig zu Essen bekommen. Ich habe Ihnen all das Zeug in eine Tasche gepackt.“ Er wuchtete sie vom Tresen. „Kleider, Süßigkeiten, alles mögliche. Ich trage Ihnen das zu einem Taxi.“
Lace ging mit ihm nach draußen. Ein virtueller Himmel leuchtete blau über ihnen.
„Danke.“
„Wofür denn?“, fragte Hawk heiter. „Wir tun unsere Arbeit. So gut es eben geht. Wie steht‘s mit Ihnen, Master Lace? Wohin geht die Reise? Wo werden Sie die drei Tage bis zur Vorverhandlung bleiben? Bei Professor Otto? Oder möchten Sie ein wenig reisen?“
„Ich werde reisen “, sagte Lace.
„Wohin? Darf man das fragen?“
Lace hob die Tasche ins Taxi.
„Zum Meteoritengürtel .“
„So, so “, sagte Hawk. „Ich muss zufällig auch zum Raumhafen. Hätten Sie was dagegen, wenn wir zusammen fahren? Wir können uns die Kosten teilen.“
Lace seufzte.
„Inspektor! Wollen Sie sich an meine Fersen heften? Dann sollten Sie das unauffälliger machen, oder irre ich mich?“
„In Zeiten knapper Budgets lässt sic h das nicht immer verwirklichen“, erwiderte Hawk.
„Also wollen Sie mir tatsächlich hinterherlaufen? Auch bis zum Meteoritengürtel?“
Hawk nickte.
Lace senkte den Kopf, aber Hawk sah sein Grinsen trotzdem.
„Das scheint Sie ja nicht zu stören, Master Lace.“
Lace musste lachen.
„Nein. Sie haben recht, Inspektor. Das stört mich nicht im Geringsten. Da gibt es andere, die das vielleicht stören wird, aber das soll nicht unsere Sorge sein.“ Er klopfte auf den Sitz. „Neben Sie Platz, Inspektor. Waren Sie schon mal im Meteoritengürtel? Haben Sie leicht verfügbare Informationen über die Besiedlungsstruktur?“
„Wollen Sie sich da eine Bleibe suchen?“, erkundigte sich Hawk. „Das dürfte nicht leicht werden. Es gibt wohl einige kleine FlyIns, wo man übernachten kann, aber Komfort darf man nicht erwarten. Dafür treiben sich da eine Menge Gauner herum.“ Er zwinkerte Lace vertraulich zu. „Das ist doch nicht der Grund, warum Sie hinwollen, oder doch?“
„Doch“, sagte Lace fest. „Genau deswegen will ich dorthin.“
„Machen Sie Witze!“ Hawks Miene blieb unbewegt.
Lace ging mit ihm zum Ticketschalter, um sich aus dem Universalfond, den Mira für ihn eingerichtet hatte, eine Flugkarte für die Meteoritenstation Alabaster ausstellen zu lassen.
„Praktisch “, sagte Hawk zu ihm. „Aber es soll ja häufiger vorkommen, dass Leute, die offiziell als arm gelten, noch das eine oder andere retten konnten.“
Lace klärte ihn nicht darüber auf, dass er nur durch die Großzügigkeit anderer überhaupt noch in der Lage war, von einem Ort zum anderen zu gelangen.
Hawk musste sich am Ticketautomaten anstellen, um an eine Karte zu kommen. Lace hätte ihm unterdessen entwischen können, doch erstens hätte ihn der Inspektor spätestens am Flugsteig eingeholt und zweitens gefiel es Lace immer besser, praktisch unter Polizeischutz zu reisen. Also stellte er seine Tasche ab, kaufte sich aus seinen mageren Barbeständen eine Eistüte und las die Kurznachrichten, die über den großen Schirm am Ende der Halle liefen.
So erfuhr auch er von Torn Hallers Ableben.
Die knappen Zeilen informierten Interessierte darüber, dass der durch seine Mitgliedschaft im Aqua-Stellata-Ausschuss bekannte Rechtsanwalt zum Zeitpunkt seines Todes nicht nur erhebliche Mengen Alkohol, sondern auch Ulamanin im Blut gehabt habe, ein Medikament gegen Reisekrankheit, das dafür bekannt war, das man es nicht zusammen mit Alkohol einnehmen durfte.
Wieder einmal warf Lace ein gerade angefangenes Eis in den nächsten Papierkorb.
„Stimm das?“, fragte er Hawk, als er endlich mit seinem Ticket auftauchte. „Ist Torn Haller tot?”
Hawk nickte.
„Drei Komma irgendwas Promille. So viel ich weiß hatte er das Alkoholproblem schon länger.“
Auf dem Flug nach Alabaster brütete Lace schweigend vor sich hin. Hawks Versuche, eine unverbindliche Konversation anzuknüpfen beantwortete er mit einem derartig mörderischen Blick, dass der Inspektor es kein zweites Mal versuchte. Erst nach der Landung fragte er: „Und was jetzt? Suchen Sie sich eine Bleibe, oder wollen Sie mit Leuten
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