Wassermanns Zorn (German Edition)
besprechen.»
Er wollte sich schon abwenden, hielt aber noch mal inne.
«Ach ja, und suchen Sie doch bitte nach Ausweispapieren. Das würde mir eine Menge Arbeit ersparen.»
Ohne auf eine Entgegnung zu warten, wandte Eric sich ab. Heinemann hätte sowieso danach gesucht, er war schließlich Profi, aber Eric hatte sich für eine bestimmte Strategie entschieden, und danach kannte er die Leiche in dem Treibguthaufen nicht. Bisher hatte er nur gesagt, dass er von einem unbekannten Anrufer auf die Tote aufmerksam gemacht worden sei. Den Leuten, die ihn jetzt umgaben, musste er nichts weiter erklären, und alle anderen Details würde er sich später zurechtlegen. Jetzt hatte er dafür keinen Kopf. Immer, wenn er versuchte, logisch zu denken, schlich sich diese wässrige Stimme in seine Gedanken.
Sie badet, Stiffler … sie badet …
Er ging zurück zu seinem Wagen, den er zweihundert Meter den Weg hinauf an der Kreuzung abgestellt hatte. An die Motorhaube gelehnt stand dort Manuela Sperling und telefonierte. Sie quasselte auf ihr Handy ein, als verkaufe sie Zeitungsabos.
Die Sperling war seit heute seine Assistentin. Sie war mit ihrem Studium fertig, hatte sich für eine feste Dienststelle im Fachbereich Mord beworben und machte gerade den obligatorischen Lehrgang, im Rahmen dessen sie alle Inspektionen durchlaufen würde. Ihr Praktikum hier würde nicht länger als vier Wochen dauern, nur deswegen hatte Eric sich von seinem Chef überreden lassen, sich um das Küken zu kümmern. Er ahnte allerdings schon, dass es sehr lange vier Wochen werden würden. Schon während des kurzen Gesprächs zum Kennenlernen am Vormittag war sie ihm mit ihrer emsigen Art und dem losen Mundwerk auf die Nerven gegangen.
Manuela Sperling war fünfundzwanzig Jahre alt, erreichte gerade so die vorgeschriebene Mindestgröße von 1,63 und war mit vielleicht 50 Kilo viel zu dünn. Ein kräftiger Windstoß würde sie einfach davonpusten. Sie hatte braunes Haar, braune Augen und genau die Art von knabenhafter Figur mit kleinen Titten und kleinem Hintern, auf die Eric überhaupt nicht stand. Er hielt sowieso nichts von elfenhaften Wesen bei der Polizei, die sich im Falle eines Falles nicht verteidigen konnten. Gab es für solche Frauen keine anderen Jobs? In Krankenhäusern oder Schönheitssalons vielleicht?
Die Sperling besaß aber eine schnelle Auffassungsgabe, das hatte Eric schon bemerkt, und in ihr brannte das Feuer der Frischlinge, die sich noch beweisen mussten. Sie war übereifrig, übermotiviert und konnte kaum zwei Minuten lang den Mund halten. Alles in allem waren das keine guten Voraussetzungen, um mit ihr auszukommen – vor allem jetzt nicht.
Als er seinen Wagen erreichte, steckte sie mit einer an Zauberei grenzenden Bewegung das Handy weg. Eric wusste nicht einmal, in welche Tasche sie es hatte verschwinden lassen.
«Also», begann sie und hob ihre Augenbrauen. «Der Fluss führt seit genau vierundsechzig Tagen Normalwasser. Hochwasser gab es über einen Zeitraum von vierzehn Tagen von Mitte bis Ende März. Am ersten April fand auf diesem Teilstück des Flusses eine traditionelle Kanu-Hochwasserrallye statt, an der mehr als vierzig Kanuten teilnahmen. Man kann also davon ausgehen, dass einer von denen die Leiche …»
«So lange liegt sie noch nicht im Wasser», schnitt Eric ihr Geplapper ab.
Sie war erst vor ein paar Minuten angekommen und konnte nichts von dem Anrufer wissen. Eric hatte Polizeichef Hans Bender telefonisch über die Sache informiert, nachdem er die Leiche im Fluss gefunden hatte. Da war die Sperling gerade bei dem Alten im Büro gewesen, und der hatte sie sofort wieder rausgeschickt. Wahrscheinlich war sie Bender ebenso auf die Nerven gegangen wie ihm.
Eric hatte überhaupt keine Lust, sie jetzt einzuweihen. Er brauchte ein paar Minuten für sich allein. Seit dem Anruf waren die Ereignisse mit der Geschwindigkeit eines ICE über ihn hinweggerast.
«Was ist mit ihrer Hose?», fragte er und deutete auf das klaffende Loch auf ihrem Oberschenkel.
Schnell presste sie ihre Hand darauf.
«Nichts, ich äh … hatte einen kleinen Unfall.»
«Unfall. Aha. Na schön. Dann gehen Sie doch bitte zu Heinemann. Der braucht Hilfe bei der Bergung, und Sie können noch was lernen. Aber passen Sie auf, dass Sie nicht verunglücken.»
«Aber ich …»
«Gehen Sie schon.»
Sie verzog ihren zugegebenermaßen hübschen Mund zu einer Schnute, sah ihn mit einem prüfenden Blick an, machte sich dann aber auf den Weg.
Als
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