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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Strafe bekommen, ohne Wenn und Aber. Er hat jede Chance auf Verständnis verspielt. Aber jetzt brauchen wir ihn noch. Er weiß als Einziger, wo wir Frau Wolff finden, und das ist jetzt am wichtigsten. Wir müssen versuchen, sie zu retten, aber dafür muss Eric mitkommen. Schaffst du das?»
    Nielsen hatte ihr tief in die Augen geschaut. Manuela war wie betäubt gewesen und hatte nur noch an Stifflers zynisches Lächeln denken können. Dieser Mann war noch viel schlimmer, als sie gedacht hatte! Er war ein Psychopath, ein Wolf im Schafspelz, und er gehörte hinter Gitter. Trotzdem hatte sie natürlich die zwingende Logik in Nielsens Worten verstanden. Ja, sie brauchten das Arschloch noch. Er musste sie zu diesem See führen, nur er allein wusste, wo sie den Wassermann finden würden.
    Es war zum Kotzen, aber unvermeidlich.
    Während Manuela dem schwarzen Mercedes hinterherraste, betete sie zu Gott, dass er Lavinia Wolff retten möge.

33
    Der Geruch von Seewasser. Gleißende Hitze, die ihren Körper versengte. Und dann ein Stich, und noch einer, und noch einer. Tief eindringender Schmerz, ein greller Höhepunkt, dann abschwellend, bevor der nächste Stich folgte.
    Lavinia schrie sich aus der Bewusstlosigkeit. Sie begriff, dass sie nackt auf den Holzplanken des Stegs lag und die Sonne auf sie niederbrannte. Auf ihren Oberschenkeln hockte der Wassermann. Er beugte sich tief über ihren Unterkörper und berührte mit seinem Gesicht fast ihren Bauch. Und es tat so entsetzlich weh.
    «Neiiiiiin», schrie Lavinia. Er fraß sie bei lebendigem Leibe auf. Sie stieß ihre Hüften nach vorn, um ihn abzuwerfen.
    Augenblicklich brannte sich etwas heiß in die empfindliche Haut ihres Bauches, und es stank nach verbranntem Fleisch.
    «Halt still», fauchte der Wassermann, und es klang wie das Zischen einer Schlange.
    Lavinia bäumte sich auf und riss den Kopf empor. Sie musste sehen, was er tat.
    In seiner Hand hielt der Wassermann einen blauen batteriebetriebenen Lötkolben. An der metallenen Spitze klebten bereits verschmorte Hautfetzen und qualmten stinkend.
    Es war ihre Haut. Während sie bewusstlos gewesen war, hatte er damit begonnen, ihr etwas in den Bauch zu brennen.
    «Verpiss dich! Runter von mir!», schrie Lavinia, wandte sich hin und her und bockte wie ein wildes Pferd.
    Der Wassermann blieb zwar auf ihren Oberschenkeln hocken, verlor aber das Gleichgewicht und stützte sich mit einer Hand auf dem Steg ab.
    «Halt still, sonst wird das nichts.»
    «Nein!», schrie Lavinia abermals laut und gellend.
    Er schlug ihr in den Bauch. Sie krümmte sich zusammen und japste nach Luft, da schlug er ihr auch noch ins Gesicht. Seine Faust traf sie an der Schläfe und schleuderte sie in die Bewusstlosigkeit zurück.
    Irgendwann erwachte Lavinia wieder und fühlte sich trotz der Schmerzen geradezu leicht und gelöst. Sie schaute zum blauen Himmel hinauf, vor dem einzelne dunkle Wolkenberge dahinzogen. Es war ein Anblick von solcher Schönheit, dass er fast tröstlich war. Warum sollte sie sich noch fürchten, warum aufregen, wenn in ein paar Minuten doch alles vorbei sein würde?
    Sie hatte gekämpft, die letzten drei Jahre waren ein einziger, lang andauernder Kampf gewesen, der unglaublich viel Kraft gekostet hatte. Kraft, die ihr jetzt fehlte. Sie konnte einfach nicht mehr. Menschen waren nur bis zu einer bestimmten Grenze belastbar, und ihre war nun erreicht.
Das ist Bullshit, und das weißt du auch. Du hast viel mehr Kraft als ich, auch jetzt noch. Ich wurde in dieses Leben hineingeboren, du aber hast dich dafür entschieden und es durchgezogen. So etwas zeugt von wahrer Kraft. Also steh auf und tritt diesem Wichser in die Eier.
    Das war Susans Stimme. Lavinia musste lächeln. Susan hatte sie mit ihrer direkten, unverblümten Art immer zum Lachen gebracht.
    Und es klappte auch jetzt noch, Jahre nach ihrem Tod. Es war tröstlich zu wissen, dass manche Dinge sich nie änderten.
    Susan hatte recht.
    Sie durfte nicht aufgeben.
    Plötzlich bekam sie einen Tritt gegen den rechten Oberschenkel.
    «Vorn am Steg liegt ein Boot. Du kannst gehen, oder ich schleife dich übers Holz. Wie du willst.»
    Susan verschwand, und dieser schöne Augenblick war zerstört. Der Wassermann zog sie zurück in seine Welt voller Schmerz und Abartigkeit.
    Susans Stimme gehört zu haben entfachte in Lavinia ein zartes Flämmchen neuer Kraft. Ihr ganzer Körper schmerzte, vor allem der Bauch, doch sie kämpfte sich mühsam hoch. Wo er sie mit dem Lötkolben

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