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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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bearbeitet hatte, glänzte nasse, verbrannte Haut. Waren das Buchstaben oder Zeichen? Lavinia konnte es nicht erkennen. Alles verschwamm vor ihren Augen. Sie drohte wieder nach hinten zu kippen.
    Der Wassermann packte sie unter den Armen und riss sie hoch.
    Sobald sie stand, wurde ihr schwindelig, und sie wäre umgekippt, hätte er sie nicht festgehalten. Sein Griff war hart, und seine Finger bohrten sich tief in ihr Fleisch.
    Verschwommen nahm Lavinia die Umgebung wahr.
    Vor ihr lag ein in einem Wald eingebetteter See, dessen jenseitiges Ufer sie nicht sehen konnte. Dunkle Gewitterwolken verdunkelten den westlichen Himmel, und der Wald stand dort wie eine schwarze Mauer. Der See lag vollkommen ruhig, sein Wasser erschien undurchdringlich, und eine gespenstische Ruhe lag über allem. Kein Rascheln im Schilfgras, kein Rauschen in den Wipfeln der Kiefern. Es war die Ruhe vor dem großen Sturm, eine eigenartige, bedrückende Atmosphäre, als hielte die Welt den Atem an.
    «Geh jetzt zum Boot, oder soll ich dich hinschleifen?», sagte der Wassermann.
    Lavinia konnte das Ende des langen Stegs sehen. Ihr blieben vielleicht zwanzig oder dreißig Meter, um etwas zu unternehmen. Denn war sie erst im Boot, war sie verloren.
    Zunächst torkelnd, dann aber sicherer, setzte sie einen Fuß vor den anderen. Ihre Gedanken rasten, suchten nach einer Möglichkeit, dem Wassermann doch noch zu entkommen. Schneller als erwartet erreichten sie das Ende des Stegs. Unten lag ein kleines Holzboot vertäut. Zwei Holzpaddel lagen darin, und auf einer der beiden Planken, die als Sitzbänke dienten, außerdem eine Tauchmaske. Vier an den Steg gezimmerte Stufen führten hinunter.
    Nicht ins Boot! Du darfst auf keinen Fall ins Boot! , schoss es ihr durch den Kopf.
    Sie drehte sich blitzartig um und schlug ihre Stirn gegen seine Nase. Er schrie überrascht auf, ließ sie los und torkelte zurück.
    Lavinia setzte nach und rammte ihm ihre Schulter in den Bauch. Er flog nach hinten ins Wasser. Durch die Wucht ihrer Bewegung torkelte Lavinia ebenfalls an den Rand des Stegs. Sie versuchte noch verzweifelt, ihren Körper auszubalancieren, aber mit den gefesselten Händen geriet sie immer mehr in Schieflage. Sie bog den Rücken durch und klammerte sich mit den nackten Zehen an die Kante der Bohlen. Die Schwerkraft gewann.
    Sie fiel.
    Im nächsten Moment war sie im Wasser. Es war erstaunlich kalt, und sie hätte vor Überraschung beinahe nach Luft geschnappt. Sofort begann sie wild mit den Beinen zu strampeln, um sich an die Oberfläche zu bringen, aber ohne Einsatz der Arme war das nicht so einfach. Der Steg führte mindestens zwanzig Meter auf den See hinaus. Anscheinend war das Wasser hier schon ziemlich tief, denn sie konnte keinen Grund spüren.
    Trotzdem schaffte sie es. Ihr Kopf durchbrach die Wasseroberfläche. Gierig sog sie Luft ein, schluckte dabei Wasser und hustete.
    Lange konnte sie sich nicht über Wasser halten. Als sie wieder sank, riss sie die Augen auf und sah sich um.
    Er war direkt vor ihr.
    Wie ein schwarzer Fisch glitt er durchs Wasser und beobachtete sie. Aus beiden Nasenlöchern floss in dünnen Fäden Blut. Es verteilte sich wie ein zarter Fächer im Seewasser. Ihre Lunge schrie nach Luft. Sie sackte schnell tiefer, kämpfte verzweifelt gegen ihre Fesseln an, aber der Knoten hielt. Es wurde immer kälter, empfindlich kalt, und Lavinia begriff, dass sie zu tief sank. Mit einem Schlag wurde die Gier nach Atemluft übermenschlich groß. Es war ihr egal, ob sie Wasser schlucken würde, sie musste atmen, musste es wenigstens versuchen, jetzt sofort. Ihr Brustkorb zog sich zusammen, ihre Kehle wurde enger und enger, jede Verästelung ihrer Bronchien bettelte um Sauerstoff.
    Direkt vor ihr, keinen Meter entfernt, schwebte er im Wasser wie ein fremdartiges Wesen.

34
    Nach zwanzig Minuten Fahrt sah Manuela Sperling den schwarzen Mercedes mit Peter Nielsen am Steuer und Eric Stiffler auf dem Beifahrersitz von der zweispurigen Landstraße abbiegen. Sie hatte Mühe, mit Nielsens halsbrecherischem Fahrstil mitzuhalten, zumal sie mit dem fremden Wagen nicht gut zurechtkam, und erreichte die Stelle erst mit einer Minute Verspätung. Im hohen Gras neben der Landstraße stand leicht schief ein verwittertes Holzschild. Manuela hielt an, um die Inschrift zu lesen.
    Gorreg.
    Sie wusste nicht, warum, aber dieser Name jagte ihr augenblicklich eine Gänsehaut über den Rücken. Sie kannte diesen See nicht, folglich musste er außerhalb der Zone liegen,

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