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Wassermanns Zorn (German Edition)

Wassermanns Zorn (German Edition)

Titel: Wassermanns Zorn (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Wildnis Wasserproben zu ziehen. Was sollte sie tun? Stiffler war schließlich der Boss. An ihrem Schreibtisch im Großraumbüro hatte jedoch ein junger Beamter der Schutzpolizei auf sie gewartet. Er hatte sich als Andreas Bader vorgestellt. Ebenso wie sie war er neu auf dem Revier. Ein netter Typ mit langem hellblondem Haar. Er war der Mordkommission Ufer zur Unterstützung zugeteilt worden, also ließ Manuela sich von ihm unterstützen. Sechs Seen für ihn, sechs für sie. Auf diese Art würden sie noch heute damit fertig werden.
    Aus zwei kleinen Tümpeln, in denen man natürlich trotzdem ertränkt werden konnte, hatte sie bereits Wasserproben gezogen. Beim zweiten war sie an dem grasbewachsenen Ufer abgerutscht und bis zum Schienbein ins Wasser geraten. Danach hatte sie zehn Minuten damit verbracht, dunklen Schlamm von ihrem Schuh zu schrubben. Der blaue Sneaker, die Socke und die Hose waren immer noch nass, und das eklig klamme Gefühl half nicht, ihre Wut auf Stiffler zu mildern.
    Jetzt war sie unterwegs zu einem der größeren Seen, an dem es einen Campingplatz gab, und musste feststellen, dass sie sich verfahren hatte. Sie brachte den Golf am Straßenrand zum Stehen und stieg aus.
    «Himmelherrgott noch mal!», fluchte sie laut, drehte sich im Kreis, trat gegen den Autoreifen, hob die Arme und ließ sie gegen ihre Oberschenkel klatschen.
    «Das ist doch wirklich nicht zu fassen!»
    Sie beugte sich ins Wageninnere und holte die Karte hervor. Schon allein, weil sie sich hier nicht auskannte, hätte man sie nicht allein losschicken dürfen. Die Seen konnte man nämlich nicht ins Navigationsgerät eingeben, und sie war es gewohnt, ihre Ziele auf diese Art zu finden.
    Manuela breitete die Karte auf der heißen Motorhaube aus und versuchte, sich in dem Gelände zu orientieren. Darin war sie noch nie gut gewesen; Kartenlesen gehörte nicht zu ihren Hobbys. Trotzdem würde sie nicht aufgeben. Diesen Auftrag würde sie ausführen.
    Vielleicht wollte ihr neuer Chef sie ja wirklich nur testen.
    So abwegig war das nicht. Sie hatte schon davon gehört, wie gern altgediente Ermittler die Frischlinge ins kalte Wasser warfen, um zu sehen, ob sie schwimmen konnten, und wenn ja, wie lange.
    Tja, an ihr würde Stiffler sich die Zähne ausbeißen, so viel stand schon mal fest.
    Manuela fand in der Karte die einsame Kreuzung, an der sie vor ein paar Minuten nach links abgebogen war. Sie erkannte, dass sie rechts hätte abbiegen müssen.
    Sie faltete die Karte zusammen, stieg ein und wendete den Wagen auf der engen Landstraße. Verkehr gab es hier nicht. Seit zwanzig Minuten hatte sie kein anderes Auto gesehen, nur ein paar Traktoren auf den weitläufigen Äckern.
    Auf der kurzen Rückfahrt zur Kreuzung fragte sie sich, ob es nicht doch etwas voreilig gewesen war, in den alten Fällen ermordeter Prostituierter zu recherchieren. Schließlich war nur eine von ihnen ertränkt worden, und noch dazu in einer Badewanne, was auf den ersten Blick wirklich nichts mit diesem Fall gemein hatte.
    Manuela nahm sich vor, in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein. Sie würde sich nicht stoppen lassen, das nicht, aber sie musste lernen, ihre vorlaute Klappe in den Griff zu bekommen und nicht immer alles gleich herauszuposaunen. Damit war sie schon auf der Akademie bei dem einen oder anderen Ausbilder angeeckt.
    Eigentlich schon immer und überall, wenn sie es sich genau überlegte.
    Sie musste an Marco denken, ihren letzten Freund. Vor einem halben Jahr hatten sie sich getrennt, davor waren sie fast ein Jahr zusammen gewesen. Er hatte ihr vorgeworfen, dass es an ihrer Seite keine Ruhe, keinen Stillstand gäbe, nicht einmal für einen halben Tag. Außerdem würde sie ihn ständig bevormunden und er käme bei ihr gar nicht zu Wort.
    Darüber hatte Manuela lange nachgedacht. Marco hatte recht. Ja, sie war eine Getriebene, fühlte sich mitunter wie ferngesteuert auf einer Jagd, deren Ziel sie nicht kannte. Gestern lag lange zurück, heute wurde übersprungen, morgen gab es viel zu tun. So war sie nun einmal, daran ließ sich nichts ändern, und das wollte sie auch gar nicht. Schnelligkeit war auch eine Tugend, und darin war sie gut.
    Aber was die Bevormundung anging: Das stimmte nicht. Das hatte er erfunden, um seinen Seitensprung zu rechtfertigen, dieser armselige Wicht.
    Manuela verscheuchte die Erinnerungen. Dafür war jetzt keine Zeit. Vor ihr tauchte die Kreuzung auf. Sie lag in einer flachen Landschaft, die nach Westen hin bald von einem

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