Wassermans Roboter
Kopf. Perspektive worauf? Irgendwo starben Leute, intelligente Lebewesen, und eine Reise würde ihnen nicht helfen, sondern nur seiner Zerstreuung dienen. Nichts würde ihnen helfen, außer Regen.
Es war früher Abend, aber Garrett lag bereits im Bett. Janet saß in der Küche und trank Tee. Sie überlegte, ob sie sich einen Whisky einschenken sollte, einen Jack on the rocks, aber eigentlich wollte sie keinen. Sie schaltete das kleine Radio ein und suchte ein Programm klassischer Musik. Wie üblich wurde etwas gespielt, was sie nicht kannte. Die ruhige Musik war gerade laut genug, daß sie nicht hören mußte, wie Garrett schnarchte oder sich im Bett herumwarf.
Sie fragte sich, ob er wieder den Traum haben würde, seine Vision. Sie wußte nicht mehr, was sie davon halten sollte. Seine Träume hatten einen Keil zwischen sie getrieben, obwohl sie sich beide bemühten, es nicht zu einer Entfremdung kommen zu lassen. Sie fühlte, daß sie auf verlorenem Posten stand.
Garrett war immer schon von zurückhaltender Art gewesen, sogar vor ihrer Ehe. Oft hatte Janet das Gefühl gehabt, daß seine Gedanken nur zu einem Teil auf die Welt um ihn eingestimmt waren, und daß ein weiterer Teil anderswo war – in einem anderen Raum, einer anderen Stadt, einer anderen Welt. Es schien durchaus passend, daß er eine Laufbahn im Raumfahrtprogramm gesucht und keine Mühe gescheut hatte, Astronaut zu werden. Und sein Erfolg hatte sie nicht überrascht.
Nach seiner Ausbildung hatte Garrett jährlich mehrere Flüge zu den beiden Raumstationen und zum Mond gemacht und sich der harten und langen Zusatzausbildung unterzogen, solange Pläne geschmiedet wurden, ein Unternehmen bemannter Raumfahrt zum Mars durchzuführen. Janet hatte sich seinen langen Abwesenheiten ohne große Mühe angepaßt; sie schienen ihr ein natürlicher Teil von Garretts Persönlichkeit zu sein. Und sie selbst lehrte Deutsch an der Staatsuniversität und fühlte sich ausgefüllt. Es gab keine wirkliche Distanz zwischen ihnen, und seine Raumflüge hatten keine neuen Schranken errichtet.
Als es nach dem ersten gescheiterten Versuch doch noch zur zweiten Marsmission gekommen war, der ein großer Erfolg beschieden sein sollte, war Garrett einer der Teilnehmer gewesen, und als er nach annähernd zwei Jahren zurückgekommen war, hatte sie ihn kaum verändert gefunden – bis die Träume begonnen hatten. Nun spürte sie, daß er ihr vollständig entglitt, trotz aller gemeinsamen Bemühungen. Er war besessen von seinen Visionen.
Janet blickte zur Wanduhr. Es war fast elf. Sie schaltete das Radio aus, stellte ihre Teetasse ins Spülbecken und ging ins Schlafzimmer.
Garrett lag friedlich auf der Seite, einen Arm auf der Decke, den Kopf zwischen den beiden Kissen, und schlief. Wenn er träumte, war es ein normaler Traum.
Sie kleidete sich aus, zog das knielange Nachthemd über und kroch ins Bett, ohne Licht zu machen. Sie kehrte ihm den Rücken zu, und im Schlaf rückte er näher und legte einen Arm über sie. Sie umfaßte seine Finger mit beiden Händen und hielt sie, bis sie unvermerkt einschlief.
Die Dürre dauert an. Die Sonne und die Hitze bleiben.
Die Leute unter ihm, diese intelligenten, pelzigen Wesen, gehen in ihrem Dorf nahe dem ausgetrockneten Flußbett langsam ihren Geschäften nach. Er kann jetzt Männer von Frauen unterscheiden, obwohl die Unterschiede nicht unmittelbar augenfällig sind.
Ihre Behausungen sind aus Holz und Stein, kleine rechteckige Hütten, die an felsige Schichtenköpfe gebaut oder halb in Erdhügel eingetieft sind. Zwischen den Gebäuden gibt es mehrere große Kochgruben. Die meisten von ihnen scheinen aufgegeben zu sein.
Der entfernte Wald ist jetzt ein skelettiertes Dickicht aus dünnen abgestorbenen Stämmen und Zweigen. Hin und wieder sieht man kleine, hellfarbene Tiere über den Erdboden von einer Deckung zur nächsten huschen. Wohin man blickt, liegen Skelette größerer Tiere verstreut, saubere und gebleichte Gebeine; keine Kadaver sind zu sehen, kein Fetzen Fleisch oder Fell an den Knochen.
Einige seiner Leute wandern durch das Flußbett und suchen in den Wassertümpeln nach Nahrung. Der Mann im schwarzbraunen Fell sucht weiter flußaufwärts, und in regelmäßigen Abständen bückt er sich und stochert mit langem Finger zwischen den Steinen des Trockenbettes, sucht anscheinend nach Feuchtigkeit.
Gegen Mittag erstirbt fast alle Aktivität. Alle Dorfbewohner versammeln sich lethargisch am Flußufer und wandern langsam zum
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