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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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dunklen Anzügen und Krawatten mit gelockerten Knoten saßen an der Theke und tranken allein; etwas abseits hatte sich eine Gruppe von Autoren, Herausgebern und Redakteuren eingefunden, und die Leute schienen sich gerade zum Aufbruch bereitzumachen. Celeste wählte eine große Nische in der Nähe des Notausgangs, zog einen zusätzlichen Stuhl heran und nahm so Platz, daß sie den Eingang beobachten konnte.
    »Erwartest du jemanden?« fragte ich.
    »Vielleicht.« Die Kellnerin kam heran. »Zwei Manhattan«, sagte Celeste und sah mich fragend an.
    Ich war beeindruckt. »On the rocks.« Ich mag Manhattan am liebsten. Und das wußte Celeste noch, obgleich inzwischen dreizehn Jahre vergangen waren. »Erzähl mir: Was hast du so gemacht?«
    »Dies und das. Die letzten Jahre verbrachte ich in Südamerika, in Bolivien und Peru.«
    »Tatsächlich? Warst du als Architekt tätig?«
    »Nein, nein«, erwiderte sie gleichmütig. »Dazu kam es nie. Nach Clarion liefen die Dinge nicht ganz so, wie ich es mir gewünscht hätte. Du aber … du hattest Erfolg. Ich habe deine Sachen gelesen. Sind ziemlich gut.« Sie berührte mich am Arm. »Ich mag deine Frauen.«
    Ich fragte sie, was sie gelesen habe, und sie erwähnte einige Stories, die in Magazinen erschienen waren. Ich sagte ihr, ich hätte auch zwei Romane geschrieben.
    »Ich finde leider kaum Gelegenheit, mich in Romane zu vertiefen.« Die Ausdrucksweise Celestes weckte in mir die Vorstellung von einer leitenden Angestellten, die so sehr auf Bilanzen und Expertisen fixiert war, daß sie kaum mehr zur Ruhe kam. Möglicherweise kroch sie nach einem Dreizehn-Stunden-Tag müde und abgespannt ins Bett und blätterte während der Monologe Carsons durch die neueste Ausgabe des Magazine of Fantasy & Science Fiction. Keine schlechte Theorie – wäre nicht der Hut gewesen.
    »Deine Feder gefällt mir.«
    Celestes Hand zitterte, als sie die Hutkrempe berührte. Ich dachte schon, irgendwie ins Fettnäpfchen getreten zu sein, doch nach einem kurzen Zögern nahm sie den Hut ab und reichte ihn mir. »Sie stammt von einem Felsenhahn. Die Inkas benutzten die Federn für religiösen Kopfschmuck.«
    »Ich hoffe, von dieser hier droht keine magische Gefahr, oder?«
    Celeste strich sich mit den Fingern durchs Haar und zupfte an einigen Strähnen. »Uns allen droht Gefahr.« An einigen Stellen war das Haar bereits ergraut und glänzte so trübe wie matter Stahl im Sonnenschein. Es reichte ihr glatt bis zum Nacken herab. Die Kellnerin brachte die beiden Drinks.
    »Was ist übrigens aus der Story geworden?« fragte ich. »Aus der über Frank Lloyd Wright? Ich hielt sie für recht gut.«
    »Ich habe es versucht, aber ich konnte nichts damit anfangen. Sie war ohne jede Magie. Du verstehst sicher, was ich meine.«
    »Nein, eigentlich nicht.« Ich hob die Schultern. »Meiner Meinung nach hat das Schreiben überhaupt nichts Magisches an sich. Es ist nur Arbeit.«
    Sie schüttelte den Kopf, so als verweigere sie sich derartig profanen Erkenntnissen. »Mit den Worten war alles in bester Ordnung, aber sie standen einfach nur auf dem Papier. Sie wuchsen nicht zusammen, um vor meinem inneren Auge ein Bild zu formen. Schließlich hielt ich es für besser, die Finger von der Sache zu lassen. Später fand ich einen Job bei einer Werbeagentur. Auch eine Art des Schreibens.« Mit der Fingerkuppe strich sie über den Rand ihres Glases. »Wenn auch keine besonders gute.« Sie hob das Glas.
    »Auch ich habe entsprechende Erfahrungen gesammelt.« Ich stieß mein Glas leicht an das Celestes. »Dumme Sprüche – aber von irgend etwas muß der Schornstein ja rauchen.«
    Celeste trank einen Schluck, und unmittelbar darauf verzog sie angewidert das Gesicht. »Schmeckt ja scheußlich!« brachte sie hervor und setzte das Glas mit einem Ruck ab.
    Ich nippte an meinem. »Mein Drink ist in Ordnung.« Ich konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. »Dies ist dein erster Manhattan, nicht wahr?«
    »Lieber Himmel, woraus wird das Zeug denn gemixt? Gehört auch Benzin zu dem Rezept?«
    »Du hast bestellt.«
    »Gräßlich.« Sie lächelte schief. »Ich weiß noch, wie wir damals eine Bar besuchten. Alle Leute bestellten sich Bier oder Cola mit Rum. Nur du nahmst einen Manhattan. Als ich die Kirsche darin sah, dachte ich, es sei ein Getränk für Kinder.« Mit einer kleinen Serviette tupfte sie sich über die Lippen. »Inzwischen sind viele Jahre vergangen. Seltsam, was einem manchmal im Gedächtnis haften bleibt.«
    »Wenn ich mich

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