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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Lichtschein zu, der aus der Tür der Wallara Ranch fiel. Bevor ich die Bar betreten konnte, hielt mich Bill zurück.
    »Was glaubst du, Tourist, ist der Beutelwolf ausgestorben?«
    Etwas irritiert schaute ich ihn an. »Nun«, begann ich, »alles, was ich darüber gelesen habe, deutet darauf hin. Zumal niemand beweisen konnte, daß er dieses Tier, nachdem der letzte 1936 gestorben ist, wirklich gesehen hat. Ich bin sicher, er ist ausgerottet.«
    Bill nickte. »Richtig. Ich würde dasselbe sagen, und nun paß mal auf!« Er hakte seinen Gürtel auf und zog zu meinem Erstaunen seine Hose bis zu den Knöcheln nach unten. Dann knickte er sein linkes Bein ab, so daß der Lichtschein aus der Tür genau darauffiel. Deutlich zeichneten sich auf dem Oberschenkel die tiefen Narben eines Bisses ab. Es mußten lange, schmale Kiefer mit einer recht ungewöhnlichen Zahnstellung gewesen sein, die sich dort ins Fleisch gebohrt hatten. Bill drehte sich etwas und zeigte eine ähnliche Anordnung von Narben auf der anderen Seite seines Oberschenkels. Wenn der Biß von einem Tier stammte, mußte dieses Tier die Fähigkeit gehabt haben, sein Maul immens weit aufzureißen.
    Der Beutelwolf konnte seine Kiefer bis zu einem Winkel von 120 Grad öffnen, hatte ich im Australian Geographic gelesen.
     
    Copyright © 1988 by Florian F. Marzin

 
James Patrick Kelly
Dämon
     
    Es war der letzte Nachmittag eines Science Fiction-Cons, und ich hockte abgeschlafft an einem Tisch und ließ meinen Blick durch den überfüllten Ballsaal des Hotels schweifen. Eigentlich hätte ich signieren sollen, doch offenbar interessierte sich niemand für meine Unterschrift. Direkt vor meinem Platz stand ein Pappschild, auf dem in handgeschriebenen Lettern mein Name stand – falsch buchstabiert. K-e-l-l-e-y ist nicht richtig; ein »e« genügt völlig. Neben mir saß mein Freund John Kessel – wir beide haben einmal ein Buch zusammen verfaßt – und unterhielt sich mit einem Baseballfan aus Kansas City über die Royals. Unser Tisch war fast völlig verborgen hinter der langen Schlange aus ehrfurchtsvollen Fans, die Dutzende von Büchern bei sich trugen und darauf warteten, daß sie mit dem Namenszug Isaac Asimovs in Heiligtümer verwandelt wurden. Ich lächelte in den Saal, entschlossen dazu, mir mein Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Unterdessen gab John seiner Überzeugung Ausdruck, daß die Royals einen neuen Rechtsaußen brauchten.
    »Hallo, Jim.« Die Frau trug ein hellblaues Kleid und auf dem Kopf einen Strohhut, dessen Band mit einer gelbrot schillernden Feder geschmückt war. Das Gesicht darunter ließ sich durchaus als hübsch bezeichnen, doch die einstige Schönheit erschien mir ebenso verblaßt wie die einer Schnittrose, die zu lange kein Wasser bekommen hat. »Erinnerst du dich an mich?« fragte sie.
    Ich glaubte schon. »Wir besuchten beide das Clarion.« Ich dachte kurz nach. »Du warst im Arbeitskreis für Architektur, nicht wahr? Und hast du nicht eine Story über den anderthalb Kilometer hohen Wolkenkratzer Frank Lloyd Wrights geschrieben?« Wie üblich herrschte gähnende Leere in meinem Gedächtnis. »Cheryl, stimmt’s?«
    »Celeste Montero«, berichtigte sie mit einem freundlichen Lächeln. Ich stellte sie Kessel und dem Baseballfan vor, dessen Name mir ebenfalls entfallen war. Celeste meinte, sie wolle der Hotelbar einen Besuch abstatten, und sie lud mich ein, sie zu begleiten. Die Aussicht, bei einem ordentlichen Drink in Erinnerungen zu schwelgen, gefiel mir besser als die, weiterhin Trübsal zu blasen. Kessel winkte zum Abschied. Er nahm nicht am Clarion teil. Und ich interessierte mich nicht für die Royals.
    Beim Clarion handelt es sich um ein sechswöchiges Seminar für Schriftsteller, und insbesondere angehende SF-Autoren haben dort die Möglichkeit, sich zu beweisen. Wenn Sie entsprechende Intentionen haben: Besuchen Sie die Kurse – dann finden Sie schnell heraus, ob Sie sowohl den verschrobenen Intellekt als auch die Geduld und Dickfälligkeit haben, um so ein Zeug zu schreiben. Ich ging 1974 hin, in einem guten Jahr. Einige der Autoren, die sich dort ihr Rüstzeug erwarben, legen selbst heute noch interessante Werke vor: Bruce Sterling, William Wu, P.C. Hodgell, Mike Connor, Al Sarrantonio, Kathy Sidney. Den Namen Celeste Montero hatte ich nie auf einem Buchrücken gelesen.
    Die Wände der Hotelbar waren mit gemaserten Holzplatten getäfelt, die Sitze mit Kunstleder bezogen. Es herrschte nicht viel Betrieb. Einige Männer in

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