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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Stufe ursprünglicher Wildheit zurück, und die verschiedensten Kulturen entstanden.
    Da Avalon an vorderster Front lag, erlebte es den Großen Zusammenbruch hautnah mit. Rajeen Tober, der die Siebzehnte Flotte befehligte, lehnte es ab, sich den zivilen Behörden zu unterwerfen, und führte statt dessen seine Schiffe weit in den ›Schleier der Versuchung‹ hinein, um sein persönliches Reich zu gründen und sich der Vergeltung sowohl durch Hrangan als auch von menschlicher Seite zu entziehen. Nach dem Abzug der Siebzehnten blieb Avalon praktisch ohne Schutz und Verteidigungsmöglichkeit zurück. Die einzigen Kriegsschiffe, die sich noch in diesem Abschnitt befanden, waren die uralten, plumpen Kähne der Fünften Menschlichen Flotte, die zum letztenmal fast sieben Jahrzehnte zuvor im Kampf eingesetzt worden waren, als Avalon noch eine abgelegene Angriffsbasis gegen die Hranganer gewesen war. Ungefähr ein Dutzend Schiffe der Großkampfklasse und etwas über dreißig Boote der Fünften kreisten weiterhin im Orbit um Avalon, die meisten davon bedurften jedoch umfangreicher Reparaturen, und alle waren technisch in einem erschreckend zurückgebliebenen Zustand. Das waren die einzigen Verteidigungskräfte, die einer verängstigten Welt geblieben waren, also beschloß Avalon, sie zu reparieren und neu auszurüsten. Um Mannschaften für diese Museumsstücke zu rekrutieren, griff Avalon auf seine Kältelager zurück und taute jeden verfügbaren Kriegsveteran auf, darunter auch Joachim Kleronomas. Der Schaden, den er davongetragen hatte, war beträchtlich, aber Avalon brauchte auch den letzten Mann. Kleronomas kam mehr als Maschine denn als Mensch ins Leben zurück. Als Cyborg eben.«
    Ich beugte mich vor, um Altas Vortrag zu unterbrechen. »Gibt es irgendwelche Bilder von ihm aus der damaligen Zeit?« wollte ich wissen.
    »Ja. Sowohl welche, die ihn vorher zeigen, als auch nachher. Kleronomas war ein großer Mann mit blau-schwarzer Haut, einem schweren, vorspringenden Kinn, grauen Augen und langem, schneeweißem Haar. Nach der Operation waren das Kinn und die untere Hälfte seines Gesichts vollkommen verschwunden und durch nahtlos aneinandergefügte Metallstücke ersetzt. Kein Mund, keine Nase. Er nahm die Nahrung intravenös auf. Ein Auge war verloren und durch einen Kristallsensor mit Infrarot/Ultraviolett-Empfindlichkeit ersetzt. Sein rechter Arm und die ganze rechte Seite seines Brustkorbs waren cybernetisch, sie bestanden aus Stahlplatten, Plastik und Zahnrädern aus Duraluminium. Ein Drittel seiner inneren Organe war synthetisch. Und natürlich baute man ihm einen kleinen Computer ein. Von Anfang an lehnte Kleronomas Verschönerungsmaßnahmen ab. Er sah genau nach dem aus, was er war.«
    Ich lächelte. »Aber was er war, war vermutlich immer noch etwas mehr Fleisch, als unser neuer Gast es aufzuweisen hat.«
    »Das stimmt«, sagte meine Gelehrte. »Der Rest der Geschichte ist nur allzu bekannt. Unter den Wiederbelebten gab es nicht viele Offiziere. Kleronomas wurde Befehlshaber über ein Schiff, ein kleineres Boot der Kurierklasse.
    Er diente darauf ein Jahrzehnt lang und beschäftigte sich nebenbei mit wissenschaftlichen Studien über Geschichte und Anthropologie, die seine private Leidenschaft waren. Er wurde zu immer höheren Dienstgraden befördert, während Avalon auf feindliche Schiffe wartete, die niemals kamen, und immer mehr eigene Schiffe baute. Es gab keinen Handel, keine Überfälle, die Phase des Übergangs hatte eingesetzt.
    Schließlich beschloß eine zur Kühnheit neigende zivile Gruppe von Führern, einen Teil der Schiffe aufs Spiel zu setzen und herauszufinden, wie es dem Rest der menschlichen Zivilisation ergangen war. Sechs der alten Schlachtschiffe der Fünften Flotte wurden zu wissenschaftlichen Forschungsbooten umgerüstet und ausgesandt. Kleronomas wurde der Befehl über eines davon übertragen. Von diesen Forschungsschiffen gingen zwei bei ihrer Mission verloren, und drei weitere kamen innerhalb von zwei Jahren mit minimalen Informationen über eine kleine Zahl von nahegelegenen Sternsystemen zurück, worauf die Avalonier die Raumfahrt auf einer sehr begrenzten lokalen Basis wieder aufnahmen. Kleronomas hielt man für verloren.
    Aber er war nicht verloren. Als die wenig anspruchsvollen Aufgaben des ursprünglichen Forschungsauftrages erfüllt waren, beschloß er, lieber weiterzumachen, als nach Avalon zurückzukehren. Er war besessen von dem Drang, den nächsten Stern zu erforschen, und dann

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