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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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Schmugglers, Plünderers und Kreaturenverkäufers gleichbedeutend mit dem Bösen schlechthin; Eltern drohten ihren Kindern mit ihm. Auf Würg jedoch war er ein angesehener Bürger, der der Gesellschaft einen großen Dienst erwies, indem er den Abschaum in den Gefängnissen aufkaufte.
    »Und diese hier«, sagte ich und legte ein weiteres Foto beiseite; es zeigte eine plumpe junge Frau von vielleicht dreißig Standardjahren, deren große grüne Augen eine gewisse Unbedarftheit ahnen ließen. Sie stammte von Cymeranth, besagte ihre Akte. Khar hatte einen seiner Plünderer in die Kälteschlafkammern für geistig Behinderte eingeschleust und sich ein paar junge, gesunde und attraktive Körper besorgt. Dieser hier war weich und fett, aber das würde sich ändern, sobald ein aktiver Geist in diesem Körper steckte. Die ursprüngliche Besitzerin hatte zuviel Traumstaub abbekommen.

    »Und dies«, sagte ich. Die dritte Akte war die eines g’vhernischen Brütlings, eines grimmig blickenden Individuums mit feurigen magentafarbenen Augenwülsten und riesigen, lederartigen Fledermausflügeln, die ölig glänzten und schillerten. Das war für Rieseen Jay bestimmt, die Lust auf einen nichtmenschlichen Körper hatte. Falls sie ihn gewinnen würde.
    »Sehr gut, Weisheit«, sagte Rannar anerkennend. Er war immer voller Anerkennung. Als er nach Croan’dhenni kam, steckte er in einem grotesken Körper; er war mit der Tochter seines Arbeitgebers im Bett erwischt worden, einem Blutsritter von Vlador, und die Bestrafung bestand aus einem ausgiebigen Verstümmelungsritual. Er hatte zwar keinen Gewinn im Spiel errungen. Aber ich hatte zwei Spielanwärter, die seit fast zwei Jahren warteten und von denen der eine an Wundbrand starb, und als Rannar mir zehn Jahre treue Dienste als Gegenleistung für den anderen anbot, willigte ich in den Handel ein.
    Manchmal bedauerte ich es. Ich spürte seine Augen auf meinem Körper, spürte, wie seine Gedanken den schwachen Schutz meiner Kleidung abstreiften und sich wie Blutegel auf meine kleinen knospenden Brüste hefteten. Das Mädchen, mit dem er erwischt worden war, war nicht viel jünger gewesen als der Körper, den ich zur Zeit trug.
     
    Meine Burg ist aus Obsidian gebaut.
    Nördlich von hier, weit nördlich, in dem dunstigen polaren Ödland, wo ewige Feuer gegen einen purpurroten Himmel lodern, liegt das schwarze vulkanische Glas auf dem Boden herum wie gewöhnliche Steine. Tausende von croan’dhennischen Bergleuten arbeiteten neun Standardjahre dafür, genügend für meine Zwecke einzusammeln und es über die ganze mühselige Strecke in die Sümpfe zu schaffen. Hunderte von Kunsthandwerkern waren weitere sechs Jahre damit beschäftigt, die Steine zu schleifen und zu polieren und zu dem dunkelschimmernden Mosaik zusammenzusetzen, das mein Zuhause ist. Meiner Einschätzung nach hat sich die Mühe gelohnt.
    Meine Burg steht auf vier großen rauhen Säulen hoch über dem Gestank und der Feuchtigkeit des croan’dhennischen Sumpflandes, glühend von farbigem Licht, dessen Widerschein in dem schwarzen Glas glitzert. Meine Burg glüht, sie erhebt sich in all ihrer Schönheit streng und ehrfurchtgebietend, erhaben und unnahbar über die schmutzigen Behausungen, die um sie herum entstanden sind, wo die Verlierer und Ausgeschiedenen und Abgebrannten hoffnungslos in schwimmenden Strohhütten, in zerfressenen Baumbuden und Schuppen auf halbverfaulten Holzpfählen dahinvegetieren. Der Obsidian entspricht meinem ästhetischen Empfinden, und mir scheint sein Symbolgehalt passend für dieses Haus der Schmerzen und der Wiedergeburt. Leben entsteht in der Hitze sexueller Leidenschaft, genau wie der Obsidian von vulkanischem Feuer geboren wird. Manchmal flutet die reine Wahrheit des Lichtes durch seine Schwärze, die Schönheit schimmert durch die Dunkelheit, und genau wie das Leben ist der Stein zerbrechlich, mit spitzen Kanten, die gefährlich scharf sein können.
    In meiner Burg gibt es Räume über Räume, einige davon sind mit wohlriechenden einheimischen Hölzern ausgekleidet und mit Fellen und dicken Teppichen ausgelegt, andere sind kahl und schlicht schwarz belassen, Gemächer für allerlei Zeremonien, in denen dunkle Reflexe über die Glaswände huschen und Schritte spröde auf dem Glasboden klacken. In der Mitte, genau im Scheitelpunkt, erhebt sich ein zwiebelförmiger Turm aus Obsidian, der von Stahl gestützt wird. In der Kuppel gibt es einen einzigen Raum.
    Ich habe die Burg bauen lassen und dabei

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