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Wassermans Roboter

Wassermans Roboter

Titel: Wassermans Roboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang (Hrsg.) Jeschke
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verbotene Runenzeichen filigran eingraviert sind, und unter dem Arm trage ich einen passenden antiken Helm mit einer Girlande aus hellen Federn. »Joachim Kleronomas«, sage ich. Sein Penis erigiert weiter, wird länger und dicker, bis er ein absurder dicker Stab ist, der gegen seinen flachen Bauch drückt. Ich bedecke das Glied und den Mann mit einer Uniform aus der Geschichte, ganz in Schwarz und Silber, die blaugrüne Kugel der Alt-Erde ist auf den rechten Ärmel aufgenäht, und zwei silberne Zwillingsgalaxien zieren den Kragen.
    »Nein«, sagte er amüsiert. »Einen so hohen Rang habe ich nie erreicht«, und die Galaxien verschwinden; an ihrer Stelle erscheint ein Kranz aus sechs silbernen Sternen.
    »Und die meiste Zeit, Weisheit, habe ich Avalon gedient, nicht der Erde.« Seine Uniform sieht nun weniger kriegerisch als vielmehr praktisch aus, ein einfacher graugrüner Overall mit einem schwarzen Stoffgürtel und einer mit Schreibstiften vollgestopften Tasche. »So«, sagt er.
    »Falsch«, entgegne ich. »Immer noch falsch.« Und als ich die Worte ausgesprochen habe, bleibt nur noch die Uniform. Das Fleisch unter dem Tuch ist verschwunden, ersetzt durch silbermetallene alberne Imitationen, ein glänzendes leeres Ding mit einem Toaster als Kopf. Doch nur einen Moment lang. Dann ist der Mann wieder da und runzelt unglücklich die Stirn. »Grausam«, sagt er zu mir. Sein harter Penis zeichnet sich unter dem Stoff seiner Hose ab.
    Hinter ihm gibt der achte Mann, der Geist, der nicht hierher gehört, das deplazierte Phantom, ein leises wisperndes Geräusch von sich, ein Geräusch wie von abgestorbenen Blättern, von getrocknetem Laub im kalten Herbstwind.
    Er ist ein dünnes, schattenhaftes Ding, dieser Eindringling. Ich muß sehr genau hinsehen, um ihn überhaupt wahrzunehmen. Er ist viel kleiner als Kleronomas, und er macht den Eindruck, alt und gebrechlich zu sein, obwohl sein Körper so flüchtig ist, so ohne Substanz, daß man das nur schwer mit Sicherheit beurteilen kann. Er ist die Vision, die willkürlich wallende Nebelschwaden hervorrufen, ein Echo, in verblassendes Weiß gekleidet, aber seine Augen glühen und strahlen und blicken verstört und ängstlich. Die Haut seiner Hand ist transparent, straff gespannt über alten grauen Knochen.
    Ich weiche zurück, unsicher. Im Seelenspiel kann die leichteste Berührung zu einer grauenvollen Wirklichkeit führen.
    Hinter mir höre ich weitere Schreie, den erschreckenden, wilden Laut von einem Wesen, das sich in einer Ekstase der Furcht befindet. Ich drehe mich um.
    Die Sache ist jetzt ernst geworden. Die Spieler suchen ihre Beute. Craimur Delhune, der jetzt jung und vital und entschieden muskulöser als noch vor einem Moment ist, steht mit einem flammenden Schwert in der Hand da und schwingt es mühelos in Richtung auf den tätowierten Jungen. Der Junge kauert auf den Knien, stößt schrille Schreie aus und versucht sich mit erhobenen Armen zu schützen, aber Delhunes blitzende Klinge fährt ungehindert durch das graue Schattenfleisch und teilt die Tätowierung in Scheiben. Mit chirurgischem Geschick trennt er sie von dem Jungen, Hieb um Hieb, und sie schweben hinauf in die dunstige Höhe, leuchtende Bilder des Lebens, losgeschnitten und befreit von der grauen Haut, auf der sie gefangen waren. Delhune grapscht danach, wenn sie an ihm vorbeitreiben, und schluckt sie in großen Stücken. Rauch dringt aus seinen Nüstern und seinem offenen Mund. Der Junge schreit und duckt sich. Bald wird nichts mehr übrig sein als sein Schatten.
    Der Brütling hat sich in die Luft erhoben. Er kreist über uns und jammert uns mit seiner hohen, dünnen Stimme an, während seine Flügel rauschen.
    Rieseen Jay hat sich anscheinend die Sache noch einmal überlegt. Sie steht über der wimmernden Kleinen, die mit jedem Augenblick weniger klein ist. Sie ist jetzt älter, dicker, ihre Augen blicken immer noch ängstlich, aber leerer. Wo immer sie den Kopf hinwendet, erscheinen Spiegel und verhöhnen sie mit dicken, feuchten Lippen. Ihr Körper schwillt immer weiter an und zerreißt ihre armselige, fadenscheinige Kleidung; dünne Speichelfäden rinnen ihr übers Kinn. Sie wischt sie weg, weint, aber sie fließen nur schneller, jetzt färbt sich der Spiegel rot mit Blut. Sie ist riesenhaft, unappetitlich plump, abstoßend. »Das bist du«, sagen die Spiegel. »Sieh nicht weg. Sieh dich nur an! Du bist kein kleines Mädchen. Sieh nur, sieh! Bist du nicht hübsch? Bist du nicht süß? Sieh dich

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